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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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zweite Bedeutung der Frage nach und an die vielen hundert Dinge, die ich vom Maer bekommen |650| konnte: zum Beispiel Geld im Überfluss oder eine neue Laute, eine so feine, wie nur Könige sie sich leisten können. Bei diesem Gedanken überlief mich ein Schauder. Eine Antressor-Laute beispielsweise. Ich selbst hatte noch nie eine gesehen, aber mein Vater. Er hatte in Anilin einmal auf einer gespielt und später manchmal bei einem Glas Wein davon erzählt und mit den Händen ihre kurvigen Formen in der Luft beschrieben.
    Der Maer konnte mir jederzeit eine solche Laute beschaffen.
    Das und natürlich noch viel mehr. Er konnte mir Zugang zu hundert privaten Bibliotheken ermöglichen. Ihn als festen Schirmherrn zu haben wäre ein Glücksfall. Sein Name würde mir so viele Türen öffnen wie der des Königs.
    »Es gibt noch einige Dinge, über ich gern mit Euch gesprochen hätte, Euer Gnaden«, sagte ich langsam. »Ich habe mir eine Aufgabe gestellt, zu deren Verwirklichung ich Hilfe benötige. Und eine Freundin von mir, eine begabte Musikerin, könnte einen gutsituierten Gönner gebrauchen …« Ich verstummte vielsagend.
    Alveron nickte und bedeutete mir mit einem Blick, dass er mich verstanden hatte. Er war kein Narr und wusste, dass es Brot nicht umsonst gab. »Stapes wird dir die Schlüssel zu Caudicus’ Turm aushändigen«, sagte er. »Wie lange wird es dauern, diesen Talisman herzustellen?«
    Ich tat, als müsste ich überlegen. »Mindestens vier Tage, Euer Gnaden.« Bis dahin hatte der Schlamm, der meine Schaffenskraft trübte, Zeit, sich zu setzen. Oder Denna war von dem Auftrag zurückgekehrt, der sie so unerwartet zur Abreise veranlasst hatte. »Vielleicht auch früher, aber dazu muss ich erst wissen, was Caudicus in seinen Vorräten hat. Und ich muss vorsichtig zu Werke gehen. Ich weiß nicht, durch welche faulen Zauber er sein Labor vor seiner Flucht geschützt hat.«
    Alveron runzelte die Stirn. »Wirst du daneben deine gegenwärtige Arbeit fortsetzen können?«
    »Nein, Euer Gnaden. Die Herstellung eines solchen Talismans ist sehr kräftezehrend und zeitraubend. Zumal es doch bestimmt in Eurem Sinne ist, wenn ich bei der Beschaffung der Materialien in der Stadt diskret vorgehe.«
    |651| »Ja, natürlich.« Er atmete heftig durch die Nase aus. »Oh nein, alles ging so gut voran. Wer könnte solange die Briefe für mich schreiben?« Das Letzte hatte er nachdenklich, wie zu sich selbst gesagt.
    Ich musste diese Überlegung im Keim ersticken, denn ich wollte den Lohn für die Brautwerbung mit niemandem teilen. »Ich glaube nicht, dass Ihr einen anderen Schreiber hinzuziehen müsst, Euer Gnaden. Vor sieben oder acht Tagen wäre es vielleicht noch nötig gewesen. Aber jetzt haben wir, wie Ihr selbst sagt, das Interesse der Dame geweckt. Sie wartet gespannt auf Euren nächsten Brief. Bleibt er aus, wird sie enttäuscht sein. Dafür wird die Sehnsucht steigen.«
    Der Maer strich sich nachdenklich mit der Hand über den Bart. Ich überlegte kurz, ob ich die Brautwerbung mit dem langwierigen Einholen eines Fisches an einer Angel vergleichen sollte, bezweifelte aber, dass der Maer sich je mit einer so niederen Tätigkeit wie dem Fischen abgegeben hatte. »Mit Verlaub, Euer Gnaden, aber habt Ihr in jüngeren Jahren schon einmal versucht, die Zuneigung einer Frau zu gewinnen?«
    Alveron lächelte über meine vorsichtige Wortwahl und nickte.
    »Welche Frauen fandet Ihr interessanter? Die, die euch geradewegs in die Arme liefen, oder die, die sich sperrten, die zögerten oder Eurem Werben womöglich sogar mit Gleichgültigkeit begegneten?« Der Maer versuchte sich zu erinnern, und seine Augen nahmen einen abwesenden Ausdruck an. »Dasselbe gilt aus der Sicht der Frauen. Manche können es nicht ertragen, wenn ein Mann sie zu sehr bedrängt. Und alle Frauen wissen es zu schätzen, wenn man ihnen Raum für ihre eigene Entscheidung lässt. Man kann sich nur schwer nach jemandem sehnen, der die ganze Zeit anwesend ist.«
    Alveron nickte. »Da magst du recht haben. Abwesenheit stärkt das Verlangen.« Er nickte wieder, diesmal entschlossener. »Also gut, drei Tage.« Er warf einen Blick auf die Standuhr. »Jetzt muss ich aber …«
    »Noch ein Letztes, Euer Gnaden«, sagte ich hastig. »Der Talisman, den ich herstellen werde, muss auf Euch abgestimmt werden. Dazu brauche ich Eure Mitwirkung.« Ich räusperte mich. »Genauer gesagt, etwas von Euren …« Ich räusperte mich wieder. »… Stoffen.«
    »Drücke dich klar

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