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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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senkte meine Stimme weiter. »Du warst doch schon hier, nicht wahr?« Er nickte und kam noch ein wenig näher. »Weißt du, wie diese Frau heißt?« Ich nickte in Richtung der Rothaarigen.
    Dedan blickte so übertrieben vorsichtig über die Schulter, dass die Frau es bestimmt bemerkt hätte, hätte sie uns nicht den Rücken zugekehrt. »Die blonde, die der Adem begrapscht?«, fragte er.
    »Die rothaarige.«
    Dedan spähte mit angestrengt gerunzelter Stirn in den hinteren Teil der Gaststube. »Losine?«, fragte er leise und drehte sich mit immer noch zusammengekniffenen Augen zu mir um. »Die kleine Losi?«
    Ich zuckte die Achseln und wünschte, ich hätte ein anderes Thema gewählt.
    Dedan begann laut zu lachen und sank auf die Bank mir gegenüber.
    »Die Losi«, kicherte er lauter, als mir lieb war. »Kvothe, ich habe dich vollkommen falsch eingeschätzt.« Er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch und wäre vor Lachen fast nach hinten von der Bank gekippt. »Du hast einen guten Geschmack, Junge, aber nicht die geringste Chance.«
    Ich fühlte mich in meinem Stolz gekränkt. »Warum nicht? Ist sie denn keine, äh …« Ich verstummte und machte eine vage Handbewegung.
    Dedan erriet, was ich meinte. »Eine Hure?«, rief er ungläubig. »Gott, nein. Obwohl es hier zwei gibt.« Er wedelte mit der Hand über seinem Kopf und senkte die Stimme zu einem vertraulicheren Ton. »Keine richtigen Huren allerdings, nur Mädchen, die nachts gern noch etwas dazuverdienen.« Er machte eine Pause und zwinkerte mir zu. »Geld, zusätzliches Geld oder was auch immer.« Er kicherte.
    »Ich dachte nur …«, setzte ich kraftlos an.
    »Natürlich, jeder Mann mit Augen im Kopf denkt das.« Dedan beugte sich vor. »Ein strammes Mädel. Sie bezirzt alle mit ihrem Blick, aber weder Worte noch Geld bringen sie ins Bett. Dabei |732| könnte sie so reich sein wie der König von Vint.« Er blickte in ihre Richtung. »Was eine Nacht mit ihr wohl kosten würde? Also …«
    Er kniff die Augen zusammen und bewegte stumm die Lippen, als müsste er etwas ausrechnen. Schließlich zuckte er die Achseln. »Mehr als ich habe.« Er sah mich an und zuckte noch einmal die Achseln. »Aber Wünschen bringt nichts, die Mühe kannst du dir sparen. Wenn du willst, ich kenne hier eine Dame, die ebenfalls eine Augenweide ist. Sie wäre vielleicht bereit, dir den Abend zu versüßen.« Er sah sich suchend um.
    »Nein!« Ich legte ihm die Hand auf den Arm. »Ich war nur neugierig, mehr nicht.« Das klang nicht allzu aufrichtig, und das war mir klar. »Aber danke für die Auskunft.«
    »Bitte.« Dedan stand schwankend auf.
    »Ach übrigens«, sagte ich, als sei mir eben noch etwas eingefallen. »Kannst du mir einen Gefallen tun?« Dedan nickte, und ich winkte ihn näher. »Ich fürchte ein wenig, Hespe könnte etwas über unsere Mission ausplaudern. Wenn die Banditen aber erfahren, dass wir hinter ihnen her sind, haben wir kaum noch eine Chance, sie zu erwischen.« Dedan sah mich schuldbewusst an. »Ich glaube ja nicht, dass sie es tut, aber du weißt, wie gerne Frauen reden.«
    »Verstehe«, sagte Dedan rasch und wandte sich zum Gehen. »Ich spreche mal mit ihr. Vorsicht ist in jedem Fall besser.«
    Der falkengesichtige Fiedler beendete seinen Tanz, alle klatschten, trampelten mit den Füßen oder klopften mit ihren Krügen auf die Tische. Ich seufzte und rieb mir das Gesicht mit den Händen. Als ich wieder aufblickte, sah ich Marten am Nachbartisch sitzen. Er nickte mir zu und hob grüßend die Finger an die Stirn. Ich machte eine kleine Verbeugung im Sitzen. Anerkennung aus dem Publikum tut immer gut.

|733| Kapitel 78
Eine andere Straße und ein anderer Wald
    M it einer gewissen Schadenfreude marschierte ich am folgenden Morgen, noch bevor die Sonne aufgegangen war, hinter einem verkaterten Dedan die Straße entlang. Er machte nur ganz vorsichtige Schritte, doch sei zu seiner Ehre gesagt, dass er sich mit keinem Wort beklagte, solange man ein gelegentliches leises Stöhnen nicht als Wort zählt.
    Bei genauerem Hinsehen bemerkte ich jetzt auch die Anzeichen seiner Verliebtheit. Etwa die Art, wie er Hespes Namen sagte, oder seine unbeholfenen Scherze, wenn er mit ihr sprach. Ständig fand er einen neuen Vorwand, in ihre Richtung zu sehen, indem er sich etwa streckte, einen müßigen Blick über die Straße warf oder im Wald rings umher auf etwas zeigte.
    Dass Hespe seine Blicke gelegentlich erwiderte, schien er dagegen nicht zu bemerken. Manchmal hätte ich

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