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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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großen Kreuzung südlich des Eld das imposante Wirtshaus ZUM GÜLDENEN PENNY. Es war aus roh behauenen Balken erbaut und hatte zwei Stockwerke. Verschiedene Giebel ließen darüber noch ein Dachgeschoss erahnen. Durch die Fenster sah ich Männer und Frauen zur atemlosen Melodie eines unsichtbaren Fiedlers tanzen.
    Dedan holte tief Luft. »Riecht ihr das? Ich sage euch, die Köchin dieses Wirtshauses könnte Steine kochen, und ich würde trotzdem um einen Nachschlag betteln. Die süße Peg! Ich hoffe inständig, dass sie noch hier arbeitet.« Er zeichnete mit den Händen einige Kurven in die Luft und stieß Marten vielsagend mit dem Ellbogen in die Seite.
    Hespe starrte ihn finster von hinten an.
    »Heute werde ich mir den Bauch mit Lamm und Schnaps füllen«, fuhr Dedan unbekümmert fort. »Und wenn ich mich recht erinnere, gibt es hier Besseres zu tun als zu schlafen.«
    Ich bemerkte den Sturm, der sich auf Hespes Gesicht zusammenbraute, und sagte rasch: »Essen und ein Platz zum Schlafen gehen auf meine Rechnung. Alles weitere zahlt jeder selbst.«
    Dedan sah mich an, als wollte er seinen Ohren nicht trauen. »Was soll das heißen? Wir haben tagelang im Freien übernachtet. Außerdem ist es nicht dein Geld, sei also nicht so knauserig.«
    |725| »Wir haben unseren Auftrag noch nicht ausgeführt«, erwiderte ich ungerührt. »Nicht einmal ansatzweise. Ich weiß nicht, wie lange wir noch unterwegs sein werden, ich weiß nur, dass ich nicht reich bin. Wenn wir das Geld des Maer zu schnell verbrauchen, müssen wir unsere Nahrung selbst jagen.« Ich sah die anderen nacheinander an. »Es sei denn, einer von euch hat genügend Geld dabei und will es teilen?«
    Marten lächelte verlegen, Hespes Blick blieb auf Dedan gerichtet, und Dedan wiederum starrte mich finster an.
    Tempi machte einige nervöse Bewegungen. Seine Miene war unergründlich wie immer. Er mied meinen Blick und streifte mit den Augen kurz die anderen, allerdings nicht die Gesichter, sondern Dedans Hände und dann seine Füße, anschließend Martens Füße, dann die von Hespe und schließlich meine. Zuletzt verlagerte er sein Gewicht und trat einen halben Schritt näher zu Dedan.
    Um die Spannung zu lockern, schlug ich einen versöhnlichen Ton an. »Wenn wir unseren Auftrag ausgeführt haben, teilen wir den Rest der Börse. Dann hat jeder von uns vor der Rückkehr nach Severen noch ein wenig Extrageld in der Tasche und kann es nach Belieben ausgeben. Aber erst danach.«
    Ich merkte, dass Dedan damit nicht zufrieden war, und erwartete halb, dass er protestieren würde.
    Stattdessen meldete sich Marten zu Wort. »Nachdem wir den ganzen Tag marschiert sind«, sagte er nachdenklich, wie zu sich selbst, »wäre etwas zu trinken jetzt sehr willkommen.«
    Dedan sah den Gefährten an und dann wieder erwartungsvoll mich.
    »Ich denke, eine Runde Schnaps hält die Börse aus«, räumte ich mit einem Lächeln ein. »Ich glaube nicht, dass der Maer uns zu Priestern machen will.«
    Hespe lachte heiser, Marten und Dedan lächelten. Tempi sah mich nur mit seinen hellen Augen an, machte eine rasche Handbewegung und wandte den Blick wieder ab.

    |726| Nach kurzem Feilschen hatten wir uns fünf Schlafplätze und ein einfaches Nachtmahl gesichert. Dazu tranken wir für einen Silberbit ein Runde Schnaps. Anschließend zog ich mich an einen Tisch in einer ruhigen Ecke der Gaststube zurück. Meine Laute verstaute ich unter der Bank, wo ihr nichts passieren konnte. Todmüde setzte ich mich und überlegte, wie ich Dedan daran hindern konnte, sich weiter so beleidigend und großspurig aufzuführen.
    Ich war vollkommen in meine Gedanken versunken, als mein Essen mit einem dumpfen Schlag vor mich hingestellt wurde. Ich hob den Kopf und sah das von einem leuchtend roten Lockenschopf umrahmte Gesicht einer Frau und den bereits von Dedan beschriebenen Busen. Sie hatte eine milchweiße Haut mit einigen wenigen Sommersprossen, gefährlich hellrosafarbene Lippen und Augen von einem gleichermaßen gefährlichen, leuchtenden Grün.
    »Danke«, sagte ich ein wenig verspätet.
    »Gern geschehen, mein Lieber.« Die Frau lächelte verschmitzt und strich sich das Haar über die nackte Schulter nach hinten. »Es sah so aus, als wärst du fast schon im Sitzen eingeschlafen.«
    »Das war ich auch fast. Ich habe einen langen Tag und einen anstrengenden Marsch hinter mir.«
    »Zu schade«, sagte sie mit scherzhaftem Bedauern und rieb sich den Nacken. »Wenn du in einer Stunde noch auf den Beinen

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