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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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mit ihrem Holz gut Feuer machen«, antwortete Marten. »Es brennt sehr heiß und sauber. Es entsteht kaum Rauch, und der Rauch riecht nicht.«
    »Nicht einmal, wenn das Holz noch grün ist«, ergänzte ich. »Dasselbe gilt für die Blätter. Sehr nützliche Bäume also. Sie wachsen nicht überall, aber ich habe hier schon welche gesehen.«
    »Woher weiß du das eigentlich?«, fragte Dedan. »Du kommst doch aus der Stadt.«
    »Dinge zu wissen ist mein Beruf«, erwiderte ich. »Und wie kommst du darauf, ich sei in einer Stadt aufgewachsen?«
    Dedan zuckte nur mit den Schultern und wandte den Blick ab.
    »Wir sollten also ab jetzt nur noch mit Kennelholz Feuer machen«, sagte ich. »Wenn wir nicht genug finden, verwenden wir es nur zum Kochen. Wenn wir gar keins finden, essen wir kalt. Haltet also die Augen offen.«
    Alle nickten, Tempi ein wenig später als die anderen.
    »Dann sollten wir noch abstimmen, was wir sagen, wenn wir den Banditen zufällig in die Arme laufen.« Ich sah Marten an. »Was sagst du, wenn sie dich beim Kundschaften erwischen?«
    Marten sah mich überrascht an, zögerte aber nicht lange mit der Antwort. »Dass ich ein Wilderer bin.« Er zeigte auf seinen abgespannten Bogen, der an einem Baum lehnte. »Was der Wahrheit ja auch nahe kommt.«
    »Woher stammst du?«
    Er überlegte kurz. »Aus Crosson, einen Tagesmarsch westlich von hier.«
    »Und du heißt?«
    »M-Meris«, stotterte er. Dedan lachte.
    Ich lächelte ebenfalls. »Sag lieber deinen richtigen Namen, das klingt überzeugender. Wenn sie dich also erwischen und wieder gehen |739| lassen, schön und gut. Du musst nur aufpassen, dass sie dir nicht zu unserem Lager folgen. Wenn sie dich mitnehmen, mach das Beste draus. Tu so, als wolltest du bei ihnen mitmachen. Unternimm keinen Fluchtversuch.«
    Marten sah mich unbehaglich an. »Ich soll bei ihnen bleiben?«
    Ich nickte. »Wenn sie dich für dumm halten, werden sie erwarten, dass du in der ersten Nacht zu fliehen versuchst, wenn sie dich für klug halten, in der zweiten. In der dritten Nacht vertrauen sie dir schon ein wenig. Warte bis Mitternacht und schlage dann Alarm. Zünde ein Zelt an oder etwas in der Art. Wir warten, bis das Durcheinander auf dem Höhepunkt ist, und greifen dann an.«
    Ich musterte die anderen drei. »Für euch gilt dasselbe. Ihr wartet bis zur dritten Nacht.«
    »Aber wie willst du ihr Lager finden?«, fragte Marten. Auf seiner Stirn glänzte ein dünner Schweißfilm, was ich ihm nicht verdenken konnte. Wir spielten ein gefährliches Spiel. »Wenn sie mich fangen, kann ich euch nicht mehr helfen, sie zu suchen.«
    »Ich werde sie auch gar nicht suchen, sondern euch«, sagte ich. »Euch finde ich überall.«
    Ich sah mich um, in der Erwartung, dass zumindest Dedan etwas einwenden würde, doch niemand schien an meinen arkanen Fähigkeiten zu zweifeln. Ich hätte gern gewusst, was sie mir alles zutrauten.
    In Wahrheit hatte ich mir in den vergangenen Tagen von jedem von ihnen heimlich ein Haar beschafft. Damit konnte ich für jeden im Handumdrehen ein provisorisches Pendel herstellen. Doch bezweifelte ich angesichts des in Vintas verbreiteten Aberglaubens, dass meine Gefährten darüber Genaueres wissen wollten.
    »Und was sollen wir sagen?« Hespe klopfte Dedan mit dem Handrücken auf die Brust, und der harte Lederpanzer machte ein hohles Geräusch.
    »Vielleicht, dass ihr unzufriedene Karawanenwächter seid, die beschlossen haben, selbst Banditen zu werden?«
    Dedan schnaubte. »Daran habe ich tatsächlich schon manchmal gedacht.« Auf einen Blick von Hespe hin schnaubte er noch einmal. »Erzähl mir nicht, du hättest das noch nie getan. Tagelang im Regen zu marschieren, Bohnen zu essen und auf dem Boden zu schlafen, |740| und das für einen Penny am Tag?« Er zuckte mit den Schultern. »Mein Gott, mich wundert eigentlich, dass nicht viel mehr von uns überlaufen.«
    Ich lächelte. »Du klingst sehr überzeugend.«
    »Und er?« Hespe zeigte mit dem Daumen auf Tempi. »Niemand wird glauben, dass er Bandit werden will. Die Adem verdienen am Tag das Zehnfache von uns.«
    »Das Zwanzigfache«, brummte Dedan.
    Das war tatsächlich ein Problem. »Was sagst du, wenn die Banditen dich erwischen, Tempi?«
    Tempi machte einige hastige Bewegungen und schwieg. Er sah mich nur kurz an, wandte den Blick wieder ab und schlug die Augen nieder. Ich wusste nicht, ob er überlegte oder nur verwirrt war.
    »Ohne seine roten Kleider würde er nicht weiter auffallen«, meinte Marten.

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