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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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wahrnehmbaren Lächeln. Er versuchte gar nicht erst, sich das Wasser aus dem Gesicht zu wischen.
    Marten winkte uns, und wir eilten den Hang hinauf und über die Kuppe. Den Blicken unserer Verfolger entzogen, sah ich mich rasch um. »Wir folgen der Spur noch bis zu dieser krummen Fichte und kehren von dort im Bogen zurück.« Ich hob die Hand. »Tempi versteckt sich hier, Marten hinter dem umgestürzten Baum, ich hinter |840| diesem Felsen. Marten schießt zuerst. Du entscheidest je nach Lage selbst, wann. Wahrscheinlich wartest du am besten, bis die Banditen diesen Baumstumpf passiert haben. Lass einen von ihnen möglichst am Leben, aber sie dürfen auf keinen Fall entkommen oder zu viel Lärm machen.«
    »Und du?«, fragte Marten, während wir auf die Fichte zurannten und dabei eine deutliche Spur hinterließen.
    »Ich halte mich abseits. Ihr beide seid für einen solchen Kampf besser ausgerüstet. Allerdings habe ich notfalls den einen oder anderen Trick parat.« Wir hatten die Fichte erreicht. »Bereit?«
    Marten schien über die vielen Befehle, die er auf einmal von mir bekam, ein wenig verwirrt, doch beide nickten und eilten auf ihre Plätze.
    Ich duckte mich hinter einen dicken Felsen. Von dort sah ich unsere Fußabdrücke, die sich auf dem nassen Boden mit der Spur der Banditen vermischten. Auf der anderen Seite sah ich Tempi hinter dem mächtigen Stamm einer Eiche in Deckung gehen. Weiter rechts legte Marten einen Pfeil auf, spannte die Sehne bis zur Schulter und wartete bewegungslos wie eine Statue.
    Ich holte den Lappen mit der Asche und ein kleines Stück Eisen aus der Tasche und hielt beides bereit. Mein Magen verknotete sich bei dem Gedanken an das, was wir hier vorhatten: Menschen aufzuspüren und zu töten. Zugegeben, es handelte sich um Banditen und Mörder, aber doch auch um Menschen. Ich versuchte langsamer zu atmen und mich zu entspannen.
    Die Oberfläche des Felsens drückte kalt und rauh an meine Wange. Ich lauschte angestrengt, konnte aber abgesehen vom stetigen Trommeln des Regens nichts hören. Ich unterdrückte das Verlangen, mich noch weiter um die seitliche Kante des Felsens zu beugen, um mehr sehen zu können. Wieder blitzte es, und ich zählte die Sekunden bis zum Donner. Auf dem Pfad vor uns erschienen zwei Gestalten.
    Heiße Wut stieg in mir auf. »Schieß, Marten«, sagte ich laut.
    Ich trat hinter meinem Versteck hervor, und Dedan fuhr mit gezogenem Schwert zu mir herum. Hespe hatte sich besser im Griff, sie zog ihr Schwert nur zur Hälfte aus der Scheide und hielt dann inne.
    |841| Ich ließ das Messer sinken und ging auf Dedan zu. In dem Moment, in dem er meinem Blick begegnete, rollte der Donner über uns hinweg. Er sah mich trotzig an und ich zeigte ihm deutlich meine Wut. Nachdem wir eine Weile geschwiegen hatten, wandte er den Blick ab und tat so, als müsste er sich Wasser aus den Augen wischen.
    »Steck das ein.« Ich zeigte mit einem Nicken auf sein Schwert. Dedan zögerte kurz und gehorchte dann. Erst jetzt steckte auch ich mein Messer aus hartem Stahl wieder in das Futter meines Mantels.
    »Wenn wir Banditen wären, wärt ihr jetzt tot.« Ich sah zwischen Dedan und Hespe hin und her. »Kehrt ins Lager zurück.«
    Dedan verzog das Gesicht. »Du redest mit mir wie mit einem Kind. Ich kann es nicht mehr hören.« Er zeigte mit dem Finger auf mich. »Ich lebe schon sehr viel länger als du in dieser Welt und bin nicht dumm.«
    Ich unterdrückte eine wütende Antwort, die alles nur verschlimmert hätte. »Ich habe keine Zeit, mich mit dir zu streiten. Es ist nicht mehr lange hell, und ihr gefährdet uns. Kehrt ins Lager zurück.«
    »Wir sollten die Banditen heute Abend stellen«, erwiderte Dedan. »Zwei haben wir schon erledigt, bleiben wahrscheinlich nur noch fünf oder sechs. Wir überrumpeln sie im Dunkeln, mitten im Gewitter. Alles geht ruckzuck! Morgen zum Mittagessen sind wir in Crosson.«
    »Und wenn es doppelt so viele sind? Oder zwanzig? Wenn sie sich in einem Bauernhaus verstecken? Oder unser Lager entdecken, während es von niemandem bewacht wird? Wir könnten unsere gesamte Ausrüstung, unseren Proviant und meine Laute verlieren und überdies bei unserer Rückkehr in einen Hinterhalt geraten. Und das nur, weil ihr keine Stunde stillsitzen konntet.« Dedan lief tiefrot an und ich wandte mich ab. »Kehrt ins Lager zurück. Wir sprechen uns später.«
    »Nein, verdammt noch mal. Ich komme mit, und du kannst es nicht verhindern.«
    Ich knirschte mit den Zähnen. Das

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