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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Schlimmste war, dass Dedan recht hatte. Ich konnte ihn zu nichts zwingen, ich hatte nichts gegen ihn in der Hand. Höchstens mit der Wachspuppe konnte ich ihn bändigen, doch das war, wie ich wusste, von allen Möglichkeiten die |842| denkbar schlechteste. Ich hätte mir damit nicht nur Dedan zum offenen Feind gemacht, sondern ganz sicher auch Hespe und Marten gegen mich aufgebracht.
    Ich wandte mich an Hespe. »Und warum bist du hier?«
    Hespe warf Dedan einen raschen Blick zu. »Er wollte allein gehen, aber ich fand es besser, zusammenzubleiben. Wir haben übrigens an alles gedacht. Niemand wird unser Lager finden. Wir haben unsere Sachen versteckt und das Feuer gelöscht.«
    Ich seufzte verärgert und steckte den Lappen mit der nutzlosen Asche wieder in eine Manteltasche. Natürlich hatten sie an alles gedacht.
    »Aber ich stimme Dedan zu«, sagte Hespe. »Wir sollten die Banditen heute noch stellen.«
    Ich sah Marten an.
    Er zuckte entschuldigend die Achseln. »Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, ich sei anderer Meinung.« Rasch fügte er hinzu: »Wir müssen es natürlich geschickt anstellen.« Er hätte vielleicht noch mehr gesagt, doch dann begann er zu husten, und die Worte blieben ihm im Hals stecken.
    Ich sah Tempi an und Tempi erwiderte meinen Blick.
    Wieder musste ich Dedan widerstrebend recht geben. Auch ich wollte, dass endlich alles vorbei war. Ich sehnte mich nach einem warmen Bett und einer anständigen Mahlzeit. Ich wollte Marten an einen trockenen Ort schaffen und nach Severen zurückkehren, um mich dort in Alverons Dankbarkeit zu sonnen. Und ich wollte Denna aufsuchen, mich bei ihr entschuldigen und erklären, warum ich ohne Nachricht aus Severen verschwunden war.
    Nur ein Narr stemmt sich gegen die Flut. »Also gut.« Ich sah Dedan streng an. »Wenn einer von uns dabei ums Leben kommt, bist du daran schuld.« In seinen Blick trat ein verunsichertes Flackern, doch dann biss er grimmig die Zähne zusammen. Er hatte schon zu viel gesagt, um jetzt noch einen Rückzieher zu machen.
    Ich zeigte mit dem Finger auf ihn. »Aber ab jetzt tut ihr, was ich euch sage. Ich höre mir eure Vorschläge an, aber dann gebe ich die Befehle.« Ich sah auch die anderen an. Marten und Tempi nickten sofort, Hespe nur wenig später. Dedan folgte zögernd ihrem Beispiel.
    |843| Ich musterte ihn scharf. »Schwöre es.« Er kniff die Augen zusammen. »Wenn du noch einmal eigenmächtig handelst, könnte das unser aller Tod sein. Ich traue dir nicht. Lieber blase ich heute Abend alles ab, als mit jemandem weiterzumachen, dem ich nicht vertrauen kann.«
    Es folgte wieder eine angespannte Pause. Bevor sie zu lange werden konnte, sagte Marten: »Los, Dedan. Der Junge hat einiges drauf. Den Hinterhalt für euch hat er sich praktisch im Laufen ausgedacht.« Er lächelte. »Außerdem ist er nicht so schlimm wie dieser schreckliche Brenwe, und wir haben damals nicht halb so gut verdient.«
    Dedan zwang sich zu einem Lächeln. »Du hast wahrscheinlich recht. Vorausgesetzt, heute Abend ist alles vorbei.«
    Ich war immer noch fest davon überzeugt, dass Dedan bei der ersten Gelegenheit wieder eigene Wege gehen würde. »Schwöre, dass du meinen Befehlen folgen wirst.«
    Er wandte betreten den Blick ab. »Meinetwegen schwöre ich es.«
    Das reichte mir nicht. »Schwöre es bei deinem Namen.«
    Er wischte sich mit dem Ärmel den Regen aus dem Gesicht und sah mich verwirrt an. »Was?«
    »Dedan«, sagte ich förmlich, »wirst du heute Abend ohne Widerrede tun, was ich sage? Schwörst du es bei deinem Namen?«
    Er trat verunsichert von einem Fuß auf den anderen, dann straffte er sich ein wenig. »Ich schwöre es bei meinem Namen.«
    Ich trat dicht an ihn heran. »Dedan«, sagte ich kaum hörbar. Zugleich sandte ich über die kleine Wachspuppe in meiner Tasche einen kleinen Hitzestoß aus, nur so viel, dass er keinen Schaden anrichtete, Dedan ihn aber einen Augenblick lang deutlich spürte.
    Ich sah, wie seine Augen sich weiteten, und schenkte ihm mein schönstes Taborlin-der-Große-Lächeln, ein unergründliches, breites Lächeln, das vor Selbstbewusstsein und Selbstgefälligkeit geradezu strotzte. Es war ein Lächeln, das allein schon eine ganze Geschichte erzählte.
    »Ich habe jetzt deinen Namen«,
sagte ich leise.
»Damit habe ich dich in der Hand.«
    Der Blick auf seinem Gesicht entschädigte mich für einen Monat seines Gemeckers. Ich trat zurück und ließ das Lächeln wieder verschwinden, |844| so blitzschnell und

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