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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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aber angesichts der Übermacht der Banditen die einzig vernünftige. Wenn Marten zurückkehrte, würden wir zu dritt einen ersten kleinen Vorstoß wagen. Da die Banditen nicht mit uns rechneten, konnte Marten wahrscheinlich drei oder vier von ihnen erschießen, bevor wir fliehen mussten. Er würde kaum alle töten können, aber jeder Tote oder Verwundete verringerte die Bedrohung für uns in den darauf folgenden Tagen. »Fällt dir noch eine andere Möglichkeit ein?«
    Eine lange Pause entstand. »Keine, die mit Lethani übereinstimmt«, sagte Tempi schließlich.
    Ich hatte genug gesehen und stieg vorsichtig wieder einige Schritte hinunter, bis ich außer Sicht war. Es regnete ununterbrochen, und ich fröstelte. Mir war kälter als noch einige Minuten zuvor, und ich sorgte mich schon, ich könnte mich bei Marten angesteckt haben. Eine Erkältung konnte ich im Moment überhaupt nicht brauchen.
    Unter uns tauchte Marten auf. Ich wollte ihm schon unseren Plan erklären, da sah ich sein aufgeregtes Gesicht.
    »Ich kann die anderen nicht finden!«, sagte er aufgeregt. »Ich bin den Weg zurückgegangen, auf dem sie mir hätten begegnen müssen. Sind sie aber nicht. Entweder sie sind schon umgekehrt, was ich mir nicht vorstellen kann, oder sie waren zu dicht hinter uns und sind im schlechten Licht der falschen Spur gefolgt.«
    Mich überlief ein kalter Schauer, der mit dem Regen nichts zu tun hatte. »Kannst du nicht ihrer Spur folgen?«
    »Wenn ich es könnte, hätte ich es getan. Aber im Dunkeln sehen alle Spuren gleich aus. Was sollen wir tun?« Er packte mich am Arm und ich konnte an seinen Augen ablesen, dass er einer Panik nahe war. »Sie werden nicht aufpassen, weil sie glauben, dass wir vor ihnen alles gesichert haben. Was tun wir?«
    Ich griff in die Tasche, in die ich Dedans Wachspuppe gesteckt hatte. »Ich kann sie finden.«
    |850| Doch noch bevor ich etwas tun konnte, ertönte ein Schrei vom östlichen Rand des Lagers, im nächsten Moment gefolgt von wütendem Gebrüll und einem Schwall von Flüchen.
    »Ist das Dedan?«, fragte ich.
    Marten nickte. Von hinter dem Kamm war hektisches Treiben zu hören. Hastig krochen wir wieder hinauf und spähten in das Lager.
    Männer schwärmten aus den kleineren Zelten wie Hornissen aus einem Nest. Ich sah mindestens ein Dutzend, vier davon mit angelegten Bögen. Aus dem Nichts waren lange Bretter aufgetaucht. Sie lehnten an den Pfosten und bildeten knapp anderthalb Meter hohe provisorische Schutzzäune. Innerhalb weniger Augenblicke hatte sich das nach allen Seiten offene Lager in eine regelrechte Festung verwandelt. Ich zählte mindestens sechzehn Männer, konnte aber nur noch Ausschnitte des Lagers sehen. Außerdem war es jetzt noch dunkler, und die Zäune schirmten den Schein der Feuer ab und warfen tiefe Schatten durch die Nacht.
    Marten fluchte ununterbrochen, denn sein Bogen nützte ihm jetzt nicht mehr viel. Er legte trotzdem einen Pfeil auf und wollte schon schießen, da legte ich ihm die Hand auf den Arm. »Warte.«
    Er runzelte die Stirn, doch dann nickte er. Er wusste selbst, dass unsere Gegner jeden seiner Pfeile mit einem Dutzend der ihren beantwortet hätten. Auch Tempis Fähigkeiten nützten uns nichts. Die Banditen hätten ihn mit Pfeilen durchlöchert, bevor er an sie herankam.
    Unser einziger Vorteil war, dass sie noch nichts von uns wussten. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt dem Osten, wo ein Posten gerufen und Dedan geflucht hatte. Wir hätten unbemerkt fliehen können, doch hätte das bedeutet, Dedan und Hespe zurückzulassen.
    Ein geschulter Arkanist hätte in einer solchen Lage imstand sein müssen, das Blatt zu wenden. Er hätte uns vielleicht nicht die Oberhand über unsere Gegner verschafft, aber doch wenigstens dafür gesorgt, dass uns selber nichts passierte. Doch ich hatte weder ein Feuer noch eine sympathetische Verbindung. Auf eins von beiden hätte ich verzichten können, aber ohne beides war ich ziemlich hilflos.
    Der Regen war wieder stärker geworden und der Donner grollte. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Banditen bemerkten, dass sie es |851| lediglich mit zwei Gegnern zu tun hatten und kurzen Prozess mit ihnen machten. Und wenn wir sie auf uns aufmerksam machten, waren wir genauso schnell verloren.
    Ein Hagel von Pfeilen flog summend über den Hügelkamm im Osten. Marten hörte vor Schreck auf zu fluchen. »Was sollen wir denn tun?«, fragte er verzweifelt. Jemand aus dem Lager schrie eine Frage, und als keine Antwort kam, flog ein

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