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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Kvothe.«
    »Ich nehme an, dass jemand versucht, mich in Schwierigkeiten zu bringen«, sagte ich. Verglichen mit dem Einflößen einer alchemischen Droge war es geradezu vornehm von Ambrose, dass er nun zum Verbreiten von Gerüchten griff.
    Kilvin nickte und strich sich über den Bart. »Ja. Ich verstehe.«
    Er zuckte die Achseln und nahm die Kreide wieder zur Hand. »Nun denn. Ich betrachte diese Angelegenheit vorläufig als erledigt.« Er wandte sich wieder zur Tafel und blickte sich noch einmal kurz zu mir um. »Ich kann also davon ausgehen, dass ich demnächst nicht von einer Horde schwangerer Frauen belästigt werde, die mit Eisen-Anhängern fuchteln und dich verfluchen?«
    »Ich werde alles daran setzen, das zu verhindern, Meister Kilvin.«

    Ich leistete ein paar Stunden Akkordarbeit im Handwerkszentrum und machte mich dann auf den Weg zu dem Hörsaal im Hauptgebäude, in dem Elodins Seminar stattfand. Es sollte um zwölf Uhr beginnen, und ich war eine halbe Stunde zu früh und als Erster da.
    Dann trudelten die anderen Studenten allmählich ein. Wir waren zu siebt. Als Erster kam Fenton, mein freundschaftlicher Rivale aus dem Sympathie-Seminar. Als Nächste kam Fela, zusammen mit Brean, |170| einem hübschen Mädchen von etwa zwanzig Jahren mit rotblonder Knabenfrisur.
    Wir plauderten ein bisschen und machten uns miteinander bekannt. Jarret war ein schüchterner Modeganer, den ich vom Sehen aus der Mediho kannte. Von der jungen Frau mit den strahlend blauen Augen und dem honigblonden Haar wusste ich, dass sie Inyssa hieß, brauchte aber einen Moment, bis mir wieder einfiel, woher ich sie kannte. Sie war eine von Simmons unzähligen Kurzzeit-Liebschaften. Als Letzter kam Uresh, fast schon dreißig Jahre alt und ein vollgültiger El’the. Seiner Gesichtsfarbe und seinem Akzent nach stammte er aus dem fernen Lenatt.
    Es schlug zwölf, doch von Elodin keine Spur.
    Fünf Minuten vergingen. Dann zehn. Erst um halb eins kam Elodin in den Saal geweht, die Arme voller Papier. Er lud alles auf einem Tisch ab und begann vor uns auf und ab zu gehen.
    »Ich sollte einiges klarstellen, bevor wir anfangen«, sagte er ohne weitere Vorrede und ohne sich für seine Verspätung zu entschuldigen. »Erstens: Ihr müsst tun, was ich sage. Ihr müsst es so gut tun, wie ihr nur könnt, selbst wenn ihr keinen Sinn darin erkennen könnt. Fragen sind erlaubt, aber letztendlich gilt: Ihr tut, was ich sage.« Er blickte sich um. »Ist das klar?«
    Wir nickten oder murmeltes etwas Zustimmendes.
    »Zweitens: Ihr müsst mir glauben, wenn ich euch bestimmte Dinge sage. Einige der Dinge, die ich euch sagen werde, sind möglicherweise nicht wahr. Ihr müsst aber dennoch daran glauben, bis ich euch sage, dass ihr damit aufhören sollt.« Er blickte uns nacheinander an. »Ist das klar?«
    Ich fragte mich, ob er jeden Vortrag so begann. Elodin bemerkte meine mangelnde Bejahung und funkelte mich gereizt an. »Der schwierige Teil kommt erst noch«, sagte er.
    »Ich werde alles daran setzen, es zu versuchen«, sagte ich.
    »Mit solchen Antworten qualifizierst du dich allenfalls für ein Jurastudium«, bemerkte er sarkastisch. »Wieso tust du’s nicht einfach, statt
alles daran zu setzen, es zu versuchen

    Ich nickte. Das schien ihn zu beschwichtigen, und er wandte sich wieder dem ganzen Auditorium zu. »Zwei Dinge müsst ihr immer |171| bedenken. Erstens: Unsere Namen formen uns, und wir formen unsere Namen.« Er blieb stehen und sah uns an. »Zweitens: Selbst der allereinfachste Name ist so komplex, dass ihn euer Geist nie auch nur in seinen Umrissen wahrnehmen könnte, geschweige denn, ihn so gut verstehen, dass ihr ihn aussprechen könntet.«
    Daraufhin herrschte eine ganze Weile Schweigen. Elodin wartete ab und sah uns an.
    Schließlich ließ Fenton sich ködern. »Wenn das so ist, wie kann dann überhaupt jemand die Namenskunde beherrschen?«
    »Gute Frage«, sagte Elodin. »Und die offenkundige Antwort lautet: Es geht nicht. Selbst der allereinfachste Name geht weit über unsere Fähigkeiten hinaus.« Er hob eine Hand. »Denkt dran, ich spreche hier nicht von all den kleinen Namen, die wir tagaus tagein gebrauchen. Rufnamen wie ›Baum‹, ›Feuer‹ oder ›Stein‹. Ich spreche von etwas ganz anderem.«
    Er zog einen glatten, dunklen Flusskiesel aus der Tasche. »Beschreibt mir ganz genau die Gestalt dieses Steins. Erzählt mir von dem Druck, der ihn aus Sand und Sediment entstehen ließ. Sagt mir, wie sich das Licht darauf spiegelt.

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