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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Das Ergebnis war eine geradezu unheimliche Stille in diesem Raum.
    Kilvin nahm ein Blatt Papier von seinem Arbeitstisch. »Ich habe etwas Besorgniserregendes gehört«, sagte er. »Vor ein paar Tagen kam eine junge Frau in unser Lager. Sie war auf der Suche nach einem jungen Mann, der ihr einen Zauber verkauft hatte.« Er sah mir in die Augen. »Weißt du irgendetwas darüber?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Und was wollte sie?«
    »Das wissen wir nicht«, sagte Kilvin. »E’lir Basil hatte zu diesem Zeitpunkt Dienst im Lager. Er sagt, es sei ein junges Mädchen gewesen, und sie habe recht verzweifelt gewirkt. Sie suchte –« Er sah auf das Blatt Papier. »– einen – wie sie sagte – jungen Zauberer. Sie wusste seinen Namen nicht, beschrieb ihn aber als rothaarig und gutaussehend.«
    Kilvin legte das Blatt beiseite. »Basil sagt, sie sei während des Gesprächs immer mehr außer sich geraten. Sie habe verängstigt gewirkt, und als er sie nach ihrem Namen fragte, sei sie weinend davongelaufen.« Kilvin verschränkte die kräftigen Arme vor der breiten Brust und sah mich streng an. »Ich frage dich also freiheraus: Hast du irgendwelche Zaubereien an junge Frauen verkauft?«
    Die Frage verblüffte mich. »Zaubereien?«, fragte ich. »Was denn für Zaubereien?«
    »Das wüsste ich gern von dir«, bemerkte er dunkel. »Liebeszauber. Oder Glückszauber. Zauber, die Frauen helfen, schwanger zu werden oder Schwangerschaften zu vermeiden. Irgendwelche Amulette gegen Dämonen.«
    |168| »Lässt sich so etwas denn überhaupt machen?«, fragte ich.
    »Nein«, erwiderte Kilvin. »Und deshalb verkaufen wir so etwas auch nicht.« Der Blick seiner dunklen Augen lastete schwer auf mir. »Ich frage dich also noch einmal: Hast du irgendwelche Zaubereien an unwissende Leute aus der Stadt verkauft?«
    Ich war auf diese Anschuldigung so wenig gefasst, dass mir gar nichts Vernünftiges zu meiner Verteidigung einfiel. Dann fiel mir auf, wie lächerlich das Ganze war, und ich brach in Gelächter aus.
    Kilvin kniff die Augen zusammen. »Das ist nicht lustig, Re’lar Kvothe. Solche Dinge sind nicht nur seitens der Universität ausdrücklich verboten, sondern ein Student, der mit falschem Zauber Handel treibt …« Kilvin verstummte und schüttelte den Kopf. »… lässt schwere charakterliche Mängel erkennen.«
    »Meister Kilvin, seht mich an«, sagte ich und zupfte an meinem Hemd. »Wenn ich tatsächlich leichtgläubigen Laien Geld abknöpfen würde, würde ich doch wohl nicht in solchen ärmlichen Kleidern aus zweiter Hand herumlaufen.«
    Kilvin musterte mich, als hätte er nie zuvor auf meine Kleidung geachtet. »Stimmt«, sagte er. »Andererseits könnte man aber auch meinen, weniger wohlhabende Studenten seien eher der Versuchung ausgesetzt, solche Taten zu begehen.«
    »Ich habe durchaus schon mit dem Gedanken gespielt«, gestand ich. »Mit Eisen für einen Penny und schlichter Sygaldrie könnte ich in zehn Minuten einen Schmuckanhänger herstellen, der sich kühl anfühlt. Und es wäre nicht schwer, so etwas zu verkaufen.« Ich zuckte die Achseln. »Aber mir ist klar, dass das verboten ist. Und das würde ich nicht riskieren.«
    Kilvin runzelte die Stirn. »Ein Mitglied des Arkanums macht so etwas nicht, weil es
falsch
wäre, Re’lar Kvothe. Nicht, weil es ihm zu riskant erscheint.«
    Ich setzte ein verzweifeltes Lächeln auf. »Meister Kilvin, wenn Ihr so viel Vertrauen in meine moralischen Grundfesten hättet, würden wir dieses Gespräch doch gar nicht führen.«
    Seine Miene milderte sich ein wenig, und er schenkte mir ein kleines Lächeln. »Ich gebe zu, ich hätte es auch nicht von dir erwartet. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass ich mich in jemandem getäuscht |169| hätte. Ich würde meine Pflichten vernachlässigen, wenn ich solchen Dingen nicht nachginge.«
    »War das Mädchen denn gekommen, um sich über den Zauber zu beschweren?«, fragte ich.
    Kilvin schüttelte den Kopf. »Nein. Wie gesagt: Sie hat keine Nachricht hinterlassen. Aber ich kann mir nicht erklären, aus welchem anderen Grund eine verzweifelte junge Frau, die angeblich einen Zauber gekauft hat, hierher kommen sollte, um nach dir zu suchen – wobei sie dich vom Sehen, aber nicht dem Namen nach kennt.« Er blickte mich mit erhobener Augenbraue an und verwandelte diese Aussage damit in eine Frage.
    Ich seufzte. »Wollt Ihr wissen, was ich wirklich darüber denke, Meister Kilvin?«
    Da hob er beide Augenbrauen. »Aber sicher doch, Re’lar

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