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Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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nur in den Präsenzbereich.«
    »Präsenz, Schmäsenz. Jetzt mal ehrlich: Das ist doch Kinderkacke«, sagte Elodin. »Mein Junge hier ist Re’lar. Er hat einen unstillbaren Wissensdurst! Er muss das Magazin erkunden und dabei alle möglichen nutzlosen Dinge entdecken!«
    »Um den Jungen mache ich mir keine Sorgen«, sagte Lorren weiterhin ungerührt. »Meine Sorge gilt der Bibliothek.«
    Elodin packte mich bei der Schulter und schob mich ein wenig vor. »Wie wäre es damit? Wenn du ihn noch einmal in deinem Haus bei irgendeinem Blödsinn ertappst, gestatte ich dir, dass du ihm beide Daumen abhackst. Damit würdest du doch ein schönes Exempel statuieren, nicht wahr?«
    Lorren sah uns beide an. Dann nickte er. »Also gut«, sagte er und schloss das Fenster wieder.
    »Na bitte, geht doch!«, sagte Elodin mit großer Geste.
    »
Was war das denn
?«, fragte ich händeringend. »
Was … Was sollte denn das

    Elodin sah mich verdutzt an. »Wieso? Du bist wieder drin. Problem erkannt, Problem gebannt.«
    |165| »Ihr könnt ihm doch nicht anbieten, dass er mir die Daumen abhacken darf!«
    Er hob eine Augenbraue. »Hast du etwa vor, noch einmal gegen die Hausordnung zu verstoßen?«
    »Was? Nein. Aber …«
    »Dann hast du doch nichts zu befürchten«, sagte er, machte kehrt und ging weiter das Dach hinauf. »Jedenfalls wahrscheinlich nicht. Aber an deiner Stelle wäre ich trotzdem vorsichtig. Bei Lorren weiß ich nie, was er ernst meint und was nicht.«

    Am nächsten Tag ging ich zuallererst ins Büro des Quästors und beglich bei Riem, dem leicht reizbaren Mann, der über die Finanzkasse der Universität wachte, meine Gebühren. Ich legte ihm hart erkämpfte neun Talente, fünf Jots auf den Tisch und sicherte mir damit für ein weiteres Trimester meinen Studienplatz.
    Anschließend ging ich zur Anmeldung und schrieb mich bei der Mediho für Physiognomie und Heilkunde ein, bei Cammar im Handwerkszentrum für Eisen- und Kupfer-Metallurgie und schließlich bei Elxa Dal für Fortgeschrittene Sympathie.
    Erst da wurde mir klar, dass ich den Titel von Elodins Seminar immer noch nicht kannte. Ich sah im Veranstaltungsverzeichnis nach, fand Elodins Namen und fuhr mit dem Finger dorthin, wo der Titel des Seminars mit noch frischer schwarzer Tinte eingetragen war: »Grundkurs: Wie man sich nicht wie ein Esel aufführt.«
    Ich seufzte und setzte meinen Namen in die freie Zeile darunter.

|166| Kapitel 12
Der schlummernde Geist
    A ls ich am nächsten Tag aufwachte, galt mein erster Gedanke Elodins Seminar. Ich war in heller Aufregung. Nachdem ich mich viele Monate lang bemüht hatte, ihn dazu zu bringen, dass er mich unterrichtete, bekam ich nun endlich die Chance, Namenskunde zu studieren. Wahre Magie. Magie wie bei Taborlin dem Großen.
    Doch erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Elodins Seminar begann erst um zwölf Uhr. Angesichts der neuen Schulden bei Devi, die schwer auf mir lasteten, musste ich vorher noch ein paar Arbeitsstunden im Handwerkszentrum einlegen.

    Als ich Kilvins Werkstatt betrat, klang der vertraute Lärm Dutzender geschäftiger Hände wie Musik für mich. So gefahrvoll dieser Ort auch war, hatte er doch auch eine eigentümlich beruhigende Wirkung auf mich. Mein schneller Aufstieg innerhalb des Arkanums wurde mir von vielen Studenten verübelt, die meisten Leute im Handwerkszentrum aber zollten mir, wenn auch widerwillig, Respekt.
    Ich sah Manet in der Nähe der Brennöfen arbeiten und ging zwischen den Werkbänken hindurch zu ihm. Manet wusste stets, welche Arbeit gerade am besten bezahlt wurde.
    »Kvothe!«
    In dem großen Raum war es schlagartig still, und ich wandte mich um und sah Meister Kilvin in der Tür seines Büros stehen. Er winkte mich mit knapper Geste zu sich und ging wieder hinein.
    |167| Die Studenten arbeiteten weiter, und der Lärm kehrte zurück, doch nun spürte ich ihre Blicke auf mir ruhen.
    Vor Kilvins Büro sah ich durch das breite Fenster, wie der Meister etwas an eine Wandtafel schrieb. Er war einen halben Kopf größer als ich und hatte eine Brust wie ein Fass. Sein buschiger Vollbart und die dunklen Augen ließen ihn noch einschüchternder wirken.
    Ich pochte höflich an den Türrahmen, und Kilvin blickte sich um und legte die Kreide weg. »Re’lar Kvothe. Komm herein. Und mach die Tür zu.«
    Besorgt betrat ich das Büro und schloss die Tür hinter mir. Der Werkstattlärm verstummte so vollständig, dass ich annahm, Kilvin dämpfte ihn mit geschicktem Einsatz der Sygaldrie.

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