Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Furcht des Weisen / Band 1

Die Furcht des Weisen / Band 1

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
Vom Netzwerk:
Geist ist groß und wild genug, um die Namen der Dinge zu enthalten. Das weiß ich, weil dieses Wissen manchmal an die Oberfläche dringt. Inyssa hat einmal den Namen des Eisens ausgesprochen. Ihr wacher Geist weiß nichts von solchen Sachen, ihr schlummernder Geist aber durchaus. Und Fela versteht tief in ihrem Innern den Namen des Steins.«
    Elodin wies auf mich. »Kvothe hat den Wind herbeigerufen. Den Schriften der Alten nach ist das der traditionelle Weg. Man wollte den Namen des Windes erfahren, wenn man früher hier Namenskunde studierte.«
    Er schwieg einen Moment lang, verschränkte die Arme und sah uns alle ernst an. »Ich möchte, dass jeder von euch darüber nachdenkt, um welchen Namen es ihm geht. Es sollte ein kleiner Name sein. Etwas Einfaches: Eisen oder Feuer, Wind oder Wasser, Holz oder Stein. Es sollte etwas sein, wozu ihr eine gewisse Affinität verspürt.«
    |174| Elodin schlenderte zu der großen Wandtafel und begann eine Liste von Buchtiteln anzuschreiben. Seine Handschrift war erstaunlich sauber und leserlich. »Das sind wichtige Bücher«, sagte er. »Lest eins davon.«
    Brean hob eine Hand, doch dann wurde ihr klar, dass es sinnlos war, da Elodin uns immer noch den Rücken zuwandte. »Meister Elodin?«, sagte sie zögernd. »Und welches davon sollen wir lesen?«
    Er blickte sich um, ohne beim Schreiben auch nur kurz innezuhalten. »Das ist mir egal«, sagte er, offenkundig gereizt. »Sucht euch eins aus. In die anderen solltet ihr nur mal reinblättern. Schaut euch die Abbildungen an. Schnuppert wenigstens kurz mal am Einband.« Er blickte wieder an die Tafel.
    Wir sieben sahen einander an. Im Saal war nur das Geräusch von Elodins Kreide zu hören. »Welches ist denn das Wichtigste?«, fragte ich.
    Elodin schnaubte empört. »Keine Ahnung«, sagte er. »Ich hab sie nicht gelesen.« Er schrieb »
En Temerant Voistra«
an die Tafel und kreiste es ein. »Von diesem hier weiß ich nicht mal, ob wir es überhaupt in der Bibliothek haben.« Er setzte ein Fragezeichen dahinter und fuhr mit seiner Liste fort. »Aber eins kann ich euch sagen: Keins dieser Bücher steht im Präsenzbereich. Dafür habe ich gesorgt. Ihr müsst im Magazin danach fahnden. Ihr müsst euch diese Bücher erst mal verdienen.«
    Nachdem er den letzten Titel angeschrieben hatte, trat er einen Schritt zurück und nickte zufrieden. Es waren ingesamt zwanzig Werke. Neben drei davon setzte er je ein Sternchen, zwei weitere unterstrich er, und neben den letzten Titel der Liste zeichnete er ein trauriges Gesicht.
    Dann schlenderte er, ohne ein weiteres Wort gesagt zu haben, aus dem Saal und ließ uns zurück, die wir über das Wesen der Namen nachdachten und uns fragten, worauf wir uns hier eingelassen hatten.

|175| Kapitel 13
Die Jagd
    E ntschlossen, in Elodins Seminar gute Leistungen zu bringen, vereinbarte ich mit Wilem, dass er mir helfen sollte, mich im Bibliotheksmagazin zurechtzufinden. Im Gegenzug würde ich ihm künftig das eine oder andere Getränk spendieren.
    Gemeinsam gingen wir bei frischem Wind über die Kopfsteinpflasterstraßen der Universität, bis der fensterlose Gebäudequader der Bibliothek vor uns aufragte. Über dem Portal waren die Worte
Vorfelan Rhinata Morie
in den Stein gemeißelt.
    Ich merkte, dass ich feuchte Hände bekam. »Warte mal kurz«, sagte ich und blieb stehen.
    Wil sah mich mit erhobener Augenbraue an.
    »Ich bin so nervös wie eine Nutte vor dem ersten Mal«, sagte ich. »Ich brauche nur einen Moment.«
    »Du hast doch gesagt, Lorren hätte das Hausverbot schon vor zwei Tagen aufgehoben«, sagte er. »Ich dachte, du wärst da rein, sobald es dir gestattet ist.«
    »Ich habe darauf gewartet, dass die ihre Verzeichnisse auf den neusten Stand bringen.« Ich wischte mir die schweißnassen Hände am Hemd ab. »Irgendwas wird passieren, das weiß ich«, sagte ich. »Mein Name wird nicht in dem betreffenden Buch stehen. Oder Ambrose wird am Empfang sitzen, und dann kriege ich einen Rückfall von dieser Pflaumendroge und komme wieder zu mir, wenn ich schreiend auf seiner Kehle knie.«
    »Das hätte ich gerne gesehen«, sagte Wil. »Aber Ambrose hat heute keinen Dienst.«
    »Das ist doch mal was«, sagte ich und entspannte mich ein wenig. |176| Ich zeigte auf die Worte über dem Eingang. »Weißt du, was das bedeutet?«
    Wil hob den Blick. »Der Wissensdurst formt den Menschen«, sagte er. »Oder so was in der Richtung.«
    »Gefällt mir«, sagte ich und atmete tief durch. »Also gut. Gehn wir

Weitere Kostenlose Bücher