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Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Ich sei zu weich …« Die Hände des Chronisten waren derweil damit beschäftigt, seine Feder zu putzen. »Seine Gesamteinschätzung brachte er damit zum Ausdruck, dass er sagte: Wer hätte gedacht, dass so ein verdruckster Bücherwurm wie du auch nur das Eisen in den Griff kriegt?«
    Kvothes Mund verzog sich zu einem mitfühlenden Lächeln. »Hat er das wirklich so gesagt?«
    Der Chronist hob die Schultern. »Er hat mich auch wörtlich als ›männliche Dummfotze‹ bezeichnet. Ich wollte den unschuldigenOhren unseres jungen Freundes nur derlei Gossensprache ersparen.« Er deutete mit einer Kopfbewegung auf Bast. »Mir scheint, er hat auch so schon einen harten Tag hinter sich.«
    Jetzt lächelte Kvothe. »Es ist wirklich schade, dass wir nicht zur gleichen Zeit an der Universität waren.«
    Der Chronist polierte die Feder noch ein letztes Mal und hielt sie dann in das bereits schwindende Licht, das durch das Wirtshausfenster drang. »Ach nein«, sagte er. »Ihr hättet mich nicht gemocht. Ich war tatsächlich ein verdruckster Bücherwurm. Und verwöhnt. Und sehr von mir eingenommen.«
    »Und was hat sich seither daran geändert?«, fragte Kvothe.
    Der Chronist schnaubte. »Nicht viel – je nachdem, wen man fragt. Aber ich glaube doch, dass mir ein wenig die Augen geöffnet wurden«, sagte er und schraubte die Feder sehr sorgfältig wieder in den Halter.
    »Und wie genau ist das geschehen?«, fragte Kvothe.
    Der Chronist sah ihn über den Tisch hinweg an und schien erstaunt über die Frage. »Wie genau?«, sagte er. »Ich bin nicht hier, um eine Geschichte zu
erzählen
.« Er steckte den Lappen in die Mappe zurück. »Kurz gesagt: Ich habe einen Wutanfall bekommen und habe die Universität verlassen, um mich nach besseren Möglichkeiten für mich umzusehen. Und etwas Besseres hätte ich gar nicht tun können. In einem Monat habe ich unterwegs auf Reisen mehr gelernt als davor in drei Jahren in meinen Seminaren.«
    Kvothe nickte. »Teccam hat das Gleiche gesagt: Kein Mann ist tapfer, solange er nicht hundert Meilen gewandert ist. Wenn du wissen willst, wer du wirklich bist, dann wandere so weit, bis kein Mensch mehr deinen Namen kennt. Das Reisen ist der große Gleichmacher, der große Lehrer, es ist bitterer als Medizin und grausamer als Spiegelglas. Bei einer langen Wanderung wirst du mehr über dich lernen als in hundert Jahren stiller Selbstbeobachtung.«

Kapitel 130

Wein und Wasser
     
    M ich von Haert zu verabschieden dauerte einen ganzen Tag. Ich aß mit Vashet und Tempi und bekam mehr Ratschläge zu hören, als ich brauchte oder wollte. Celean weinte ein bisschen und sagte, sie würde mich besuchen, sobald sie Söldnerin sei. Wir kämpften ein letztes Mal und ich habe den Verdacht, dass sie mich gewinnen ließ.
    Schließlich verbrachte ich noch einen vergnüglichen späten Nachmittag mit Penthe, der in einen vergnüglichen Abend und dann in eine vergnügliche Nacht überging. Am frühen Morgen konnte ich noch einige Stunden schlafen, bevor es dämmerte.
    Ich bin bei den Ruh aufgewachsen und staune deshalb immer wieder, wie schnell man an einem Ort Wurzeln schlagen kann. Obwohl ich nicht einmal zwei Monate in Haert gewesen war, fiel mir der Abschied schwer.
    Trotzdem war es ein gutes Gefühl, wieder unterwegs zu sein, unterwegs zu Alveron und Denna. Es war Zeit, die Belohnung für den erfolgreich ausgeführten Auftrag einzusammeln und mich in aller Form, wenn auch sehr verspätet, zu entschuldigen.
     
    Fünf Tage später marschierte ich einen einsamen Weg entlang, wie man ihn nur in den Hügeln des östlichen Vintas findet. Ich befand mich, wie mein Vater zu sagen pflegte, am Rand der Landkarte.
    An diesem Tag war ich erst ein, zwei anderen Reisenden begegnet und an keinem einzigen Wirtshaus vorbeigekommen. Der Gedanke an eine Übernachtung im Freien schreckte mich nicht, aber ich hattebereits seit zwei Tagen nur von meinem Proviant gegessen und sehnte mich nach einer warmen Mahlzeit.
    Es war schon fast dunkel und ich hatte die Hoffnung auf eine anständige Mahlzeit aufgegeben, als ich vor mir einen weißen Rauchfaden zum dämmrigen Himmel aufsteigen sah. Ich vermutete zuerst, dass er von einem Bauernhaus käme. Dann hörte ich leise Musik, und schlagartig belebte sich meine Hoffnung auf ein Bett und etwas Warmes zu essen.
    Doch als ich um eine Kurve bog, sah ich am Waldrand zu meiner Überraschung noch etwas viel Besseres als ein Wirtshaus, nämlich ein großes Lagerfeuer zwischen zwei schmerzlich

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