Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
Vom Netzwerk:
Der Eintopf war vergiftet.«
    Ich entnahm ihrem Blick, dass sie mir nicht glaubte. »Ich habe keinen Eintopf gegessen.«
    »Das Bier war auch vergiftet. Ich habe es dich trinken sehen.«
    »Sehr gut«, sagte sie. »Ich will sterben.«
    Ich seufzte tief. »Du wirst daran nicht sterben, es wird dir nur speiübel werden. Du wirst dich übergeben und ein oder zwei Tage lang Muskelkrämpfe haben und dich schwach fühlen.« Ich hob den Becher und hielt ihn ihr erneut hin.
    »Was geht es dich an, wenn sie mich töten?«, fragte sie tonlos. »Wenn sie es jetzt nicht tun, dann tun sie es später. Lieber sterbe ich gleich …« Sie biss die Zähne zusammen, ohne den Satz zu Ende zu führen.
    »Sie haben dir kein Gift gegeben. Ich habe ihnen welches gegeben, und ihr habt zufällig etwas davon abbekommen. Tut mir leid, aber das hier hilft euch über das Schlimmste hinweg.«
    Sie betrachtete mich einen kurzen Augenblick lang unschlüssig, doch dann wurde ihr Blick wieder hart. Sie starrte den Becher an und dann mich. »Wenn es harmlos ist, trink es selber.«
    »Das geht nicht«, erklärte ich. »Ich würde einschlafen, aber ich habe heute Abend noch einiges zu erledigen.«
    Krins Blick wanderte zu dem Lager, das auf dem Boden des Zelts aus Fellen aufgeschichtet war.
    Ich lächelte mein sanftestes, traurigstes Lächeln. »Nicht das, was du denkst.«
    Sie machte immer noch keine Anstalten, den Becher zu trinken. So standen wir eine lange Weile da. Aus dem Wald hörte ich gedämpft, wie jemand sich übergab. Ich seufzte und senkte den Arm mit dem Becher. Mein Blick fiel auf das Bett. Ellie hatte sich bereits darauf zusammengerollt und war eingeschlafen. Ihr Gesicht sah fast friedlich aus.
    Ich holte tief Luft und hob den Blick wieder. »Du hast keinen Grund, mir zu vertrauen«, sagte ich. »Nicht nach dem, was euch passiert ist. Aber ich hoffe, dass sich das ändert.« Wieder hielt ich ihr den Becher hin.
    Sie erwiderte meinen Blick, ohne mit der Wimper zu zucken, dann nahm sie den Becher und trank ihn auf einen Zug leer. Sie hustete ein paar Mal und setzte sich. Mit Augen, die so hart waren wie Marmor, starrte sie die Zeltwand an. Ich setzte mich in einigem Abstand ebenfalls.
    Eine Viertelstunde später schlief sie. Ich deckte die beiden mit einer Decke zu und betrachtete ihre Gesichter. Sie waren im Schlaf noch schöner als zuvor. Ich strich eine Haarsträhne von Krins Wange zurück. Zu meiner Überraschung schlug sie die Augen auf und starrte mich an, nicht mit dem steinernen Blick von eben, sondern mit den schwarzen Augen einer jungen Denna.
    Ich erstarrte mitten in der Handbewegung. Wir sahen einander kurz an, dann schloss Krin die Augen wieder. Ich könnte nicht sagen, ob sie wegen des verabreichten Mittels oder von allein einschlief.
    Ich ließ mich am Zelteingang nieder und legte mir das Schwert über die Knie. In mir brannte der Zorn wie ein Feuer, und der Anblick der beiden schlafenden Mädchen war wie der Wind, der die Flammen anfachte. Ich biss die Zähne zusammen und zwang mich daran zu denken, was hier passiert war, bis die Hitze des Feuers in mir mich ganz erfüllte. Dazu atmete ich tief ein und aus und machte mich bereit für das, was da kommen würde.
     
    Ich wartete drei Stunden und lauschte auf die Geräusche des Lagers. Gedämpfte Gesprächsfetzen drangen an mein Ohr, Sätze, deren Worte ich nicht verstand. Sie wurden leiser, mischten sich mit Flüchen und dann den Geräuschen von Menschen, die sich übergaben. Ich atmete ganz langsam und tief ein und aus, wie Vashet es mir gezeigt hatte, entspannte mich körperlich und zählte, wie oft ich ausatmete.
    Dann öffnete ich die Augen, blickte zu den Sternen empor und befand, dass der richtige Zeitpunkt gekommen sei. Langsam erhob ich mich und streckte mich ausgiebig. Am Himmel stand scharf umrissen eine Mondsichel, die alles hell erleuchtete.
    Vorsichtig näherte ich mich dem Lagerfeuer, das in sich zusammengefallen war. Die Kohlen glommen noch und erleuchteten den Raum zwischen den beiden Wagen, aber nicht mehr. Der hünenhafteOtto war an einem der Räder zusammengesunken und ich roch Erbrochenes. »Bist du das, Kvothe?«, murmelte er undeutlich.
    »Ja.« Ich ging langsam weiter auf ihn zu.
    »Anne hat das Fleisch nicht lange genug gekocht, diese Schlampe«, jammerte er. »Ich schwöre bei Gott, dass mir noch nie so übel war.« Er blickte zu mir auf. »Und dir fehlt nichts?«
    Mein Schwert sauste durch die Luft, fing kurz das Mondlicht ein und schnitt durch seine

Weitere Kostenlose Bücher