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Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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Abschluss spielte ich noch ein für Königin Serule geschriebenes Lied. Ihr kennt es bestimmt nicht, sehr wohl aber die Art von Liedern, geschrieben von Sängern, die sich bei irgendwelchen Gönnern einschmeicheln wollen. Mein Vater hatte es mir als Beispiel für bestimmte Fehler beigebracht, die es beim Liederschreiben zu vermeiden galt. Ein herausragendes Beispiel für Mittelmäßigkeit. Sein Verfasser konnte entweder nicht schreiben, oder er kannte Serule überhaupt nicht, oder aber er fand sie nicht im Mindesten anziehend.
    Beim Singen tauschte ich den Namen Serule einfach gegen Felurian aus. Außerdem ersetzte ich einige schöne Verse durch weniger gelungene. Heraus kam ein ziemlich erbärmliches Machwerk, und als ich fertig war, sah Felurian mich mit blankem Entsetzen an.
    Ich blieb eine Weile stumm sitzen wie in Gedanken verloren. »Ob ich wohl ein Lied für dich schreiben dürfte?«, fragte ich schließlich zaghaft und lächelte schüchtern.
    Ihr Lächeln war wie der Mond, der durch die Wolken scheint. Sie klatschte in die Hände, warf sich jauchzend an mich und bedeckte mich mit Küssen. Nur die Angst, meine Laute könnte dabei zerdrückt werden, schmälerte mein Vergnügen.
    Felurian ließ von mir ab und setzte sich wieder hin. Ich probierte einige Harmoniefolgen aus, brach ab und sah sie an. »Ich werde es ›Felurians Lied‹ nennen.« Sie errötete ein wenig und sah mich unter gesenkten Lidern zugleich verschämt und schamlos an.
    Ich will nicht prahlen, aber ich schreibe gute Lieder, wenn ich will, und hatte meine Fähigkeiten im Dienst des Maer noch verbessert. Ich bin nicht der beste Dichter aller Zeiten, aber einer der besten.Mit genügend Zeit, einem würdigen Thema und der entsprechenden Motivation schreibe ich mit Verlaub fast so gut wie Illien. Fast.
    Ich schloss die Augen und entlockte meiner Laute eine süße Melodie. Meine Finger tanzten, und ich fing die Musik des Windes in den Ästen und das Rauschen der Blätter ein.
    Dann wandte ich mich den Versen zu, die mein verrückter dichterischer Sinn während dieser ganzen Zeit über Felurian verfasst hatte. Ich schlug die Saiten leiser an und begann zu singen.
     
Die Augen mondsilbern und mitternachtsblau,
Zarte Schmetterlinge die Lider der Frau,
Die wogenden Haare wie das dunkle Schwingen
Einer Sense im Wald zu des Windes Singen.
Felurian, o schönste Frau!
Heil der Lichtung im Waldesdunkel!
Leicht schwebt dein Atem überm Tau,
Dein Haar ist ein Schattengefunkel.
     
    Felurian hörte mir andächtig zu. Gegen Ende des Refrains hätte ich nicht mehr sagen können, ob sie überhaupt noch atmete. Einige Schmetterlinge, die wir durch unseren Streit verscheucht hatten, kehrten gaukelnd zu uns zurück. Einer landete auf Felurians Hand und klappte ein, zwei Mal mit den Flügeln, als sei er neugierig, warum seine Herrin plötzlich so still war. Ich wandte mich wieder meiner Laute zu und ließ die Töne perlen wie Regentropfen, die auf Blätter niederfallen.
     
Sie tanzte zum Flackern der Schatten gewandt,
Sie hielt meinen Blick, meinen Leib gebannt.
Zehnmal stärker ihr Lächeln bezwang
Als aller Sagen Feengesang.
O schönste Frau, Felurian!
Dein Kuss ist süß wie Honigseim.
Ich bedaure jeden Mann,
Der dir unbekannt sitzt daheim.
     
    Dabei beobachtete ich Felurian aus dem Augenwinkel. Sie sah mich mit großen Augen an und lauschte gleichsam mit dem ganzen Körper. Die eine Hand hatte sie zum Mund gehoben und dabei den auf dem Handrücken sitzenden Schmetterling verscheucht, die andere hielt sie an die Brust gedrückt, während sie langsam Atem holte. Genau das hatte ich bezweckt. Trotzdem verspürte ich Bedauern.
    Ich beugte mich erneut über meine Laute und ließ die Finger über die Saiten tanzen. Ich ließ die Akkorde wie Wasser in einem Flussbett dahinströmen, wie Atem, der an ein Ohr streicht. Dann gab ich mir einen Ruck und begann erneut zu singen.
     
Ihr Auge von blauester Schwärze schien,
Wie wenn nachts keine Wolken am Himmel ziehn.
Ihre Liebeskunst …
     
    Ich stockte in meinem Spiel, als müsste ich etwas überlegen. Felurian begann aus ihrer andächtigen Pose zu erwachen, da fuhr ich schon fort:
     
Ihre Liebeskunst ist sehr honett.
Wen sie umfängt, der findet sie nett.
Felurian, o Herrin hold!
Dein Leib ist begehrter als Silber.
Ich br …
     
    »was?« Ich hatte mit der Unterbrechung gerechnet, trotzdem erschrak ich über die Kälte ihrer Stimme. Meine Finger griffen daneben, und der misstönende Akkord vertrieb einige

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