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Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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und sein Familiensiegel.
    Doch begründete es kein Verhältnis zu Alveron als meinem Schirmherrn. Ich las es sorgfältig durch. Aus verschiedenen Auslassungen ging deutlich hervor, dass ich nicht in den Diensten des Maer stand und wir einander in keiner Weise verpflichtet waren. Trotzdem garantierte es mir das Recht, unter seinem Namen ungehindert zu reisen und aufzutreten.
    Ich hatte mich gerade fertig angekleidet, da klopfte es erneut an der Tür. Ich seufzte, halb in der Erwartung, weitere Wachen vorzufinden, die mich aus meinen Räumen scheuchen wollten.
    Doch vor der Tür stand erneut ein Bote mit einem Brief auf einem silbernen Tablett. Diesmal trug der Brief das Siegel der Lackless. Daneben lag ein Ring. Ich nahm ihn und drehte ihn erstaunt hin und her. Er bestand nicht aus Eisen, wie ich erwartet hatte, sondern aus einem hellen Holz. Seitlich war in groben Buchstaben Meluans Name eingebrannt.
    Ich bemerkte, dass der Laufbote mit aufgerissenen Augen zwischen dem Ring und mir hin und her sah. Noch auffälliger war, dass die Wachen den Ring nicht ansahen, ganz absichtlich nicht. Es war die Art von Nichthinsehen, wie wenn einen etwas ganz besonders interessiert.
    Ich gab dem Boten meinen silbernen Ring. »Bring den zu Bredon«, sagte ich. »Aber beeil dich.«
     
    Bredon sah gerade an den Wachen hinauf, als ich ihm aufmachte. »Weiter so, Jungs«, sagte er und klopfte der einen scherzhaft mit seinem Spazierstock an die Brust. Der silberne Wolfskopf schlug mit einem glockenähnlichen Klang an den Brustpanzer der Wache, und Bredon lächelte onkelhaft. »Wir fühlen uns alle sicherer, wenn ihr uns bewacht.«
    Er schloss die Tür hinter sich und sah mich mit erhobenen Augenbrauen an. »Mein Gott, Junge, du steigst aber schnell auf. Ich wusste, dass du fest in der Gunst der Maer stehst, aber dass er dir jetzt auch noch zwei persönliche Leibwächter zuweist?« Er drückte die Hand ans Herz und seufzte dramatisch. »Bald wirst du zu beschäftigt sein, um noch Zeit für den armen, alten Bredon zu haben.«
    Ich lächelte schwach. »Die Lage ist nicht ganz so einfach.« Ich hielt den hölzernen Ring hoch. »Ihr müsst mir sagen, was dieser Ring bedeutet.«
    Bredons leutseliges Lächeln erlosch mit einem Mal, als hätte ich ein blutiges Messer gezogen. »Gütiger Himmel«, rief er. »Sag, dass du ihn von einem Bauern aus der Provinz bekommen hast, der noch im vergangenen Jahrhundert lebt.«
    Ich schüttelte den Kopf und gab ihm den Ring.
    Er drehte ihn in den Händen hin und her. »Meluan?«, fragte er leise. Er gab ihn mir zurück, sank in einen nahen Sessel und legte sich den Spazierstock über die Knie. Sein Gesicht hatte einen grauen Farbton angenommen. »Die neue Frau des Maer hat ihn dir geschickt? Als Einladung?«
    »Nichts weniger als das«, erwiderte ich. »Sie hat auch einen charmanten Brief dazu geschrieben.« Ich hielt den Brief mit der anderen Hand hoch.
    Bredon streckte die Hand aus. »Darf ich ihn lesen?«, fragte er, doch dann zog er die Hand rasch wieder zurück. »Verzeihung, was für eine unhöfliche Frage …«
    »Aber Ihr könntet mir keinen größeren Gefallen tun«, erwiderte ich und drückte ihm den Brief in die Hand. »Ich muss unbedingt wissen, was Ihr davon haltet.«
    Bredon nahm den Brief und begann zu lesen, wobei er die Lippen leicht bewegte. Je länger er las, desto blasser wurde er.
    »Die Dame hat eine Begabung für geschliffene Formulierungen«, sagte ich.
    »Unbestreitbar«, antwortete Bredon. »Sie hätte diesen Brief genauso gut mit Blut schreiben können.«
    »Ich glaube, das hätte sie gerne getan. Aber für die zweite Seite hätte sie sich umbringen müssen.« Ich hielt ihm die Seite hin.
    Bredon nahm sie und las weiter. Er wurde noch bleicher. »Gütiger Gott«, murmelte er. »Gibt es das Wort ›Exkreszenz‹ überhaupt?«
    Ich nickte.
    Bredon las die zweite Seite zu Ende, kehrte zum Anfang zurück und las den Brief langsam ein zweites Mal. Endlich blickte er auf. »Wenn es eine Frau gäbe, die mich auch nur mit einem Zehntel der Leidenschaft liebte, mit der diese Frau dich hasst, würde ich mich für den glücklichsten Menschen halten.«
    »Was bedeutet der?« Ich hielt den Ring hoch. Er roch nach Rauch. Meluan hatte ihren Namen wohl erst an diesem Morgen in das Holz gebrannt.
    »Von einem Bauern?« Bredon zuckte mit den Schultern. »Alles mögliche. Es hängt vom Holz ab. Aber in diesem Fall? Von einer adligen Dame?« Er schüttelte den Kopf, offenbar um Worte verlegen.
    »Ich

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