Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag
die Amyr zu sprechen? Zur zweiten Stunde?«
Ich war ebenfalls aufgestanden. »Mit Verlaub, Euer Gnaden, ich würde gerne noch über etwas anderes mit Euch sprechen.«
Er musterte mich ernst. »Ich hoffe doch etwas Wichtiges.«
»Von größter Wichtigkeit, Euer Gnaden«, bestätigte ich nervös. »Es sollte nicht noch einen Tag warten. Ich hätte Euch schon früher davon erzählt, hätte sich eine Gelegenheit ergeben, bei der wir ungestört gewesen wären.«
»Also gut.« Er setzte sich wieder. »Was liegt dir so sehr auf dem Herzen?«
»Lerand«, fiel Meluan ihm mit einem leichten Tadel ins Wort, »es ist schon nach der Stunde. Hayanis wird warten.«
»Lass ihn warten«, sagte Alveron. »Kvothe hat mir in jeder Hinsicht gute Dienste geleistet. Er tut nichts Unüberlegtes, und wenn ich nicht auf ihn hören würde, wäre das nur zu meinem Nachteil.«
»Ihr schmeichelt mir, Euer Gnaden, aber die Sache ist tatsächlich ernst.« Ich warf Meluan einen Blick zu. »Und nichts für zarte Gemüter. Wenn Eure Gattin zu gehen wünscht, wäre es vielleicht zu ihrem Besten.«
»Aber sollte ich nicht bleiben, wenn die Angelegenheit so wichtig ist?«, erwiderte Meluan schelmisch.
Ich sah den Maer fragend an.
»Du kannst alles, was du mir sagst, auch meiner Gattin sagen«, meinte er.
Ich zögerte. Einerseits musste ich Alveron möglichst bald von den falschen Schauspielern berichten. Wenn er meine Version der Ereignisse zuerst hörte, konnte ich mich ihm in einem günstigen Licht darstellen. Wenn er dagegen zuerst auf offiziellem Weg davon erfuhr, war er womöglich nicht mehr willens, die Tatsache zu übersehen, dass ich in voller Absicht neun Reisende getötet hatte.
Andererseits wollte ich keinesfalls, dass Meluan bei dem Gespräch dabei war. Es hätte alles nur verkompliziert. Ich versuchte es ein letztes Mal. »Es geht um eine höchst unschöne Sache, Euer Gnaden.«
Alveron runzelte ein wenig die Stirn und schüttelte den Kopf. »Wir haben keine Geheimnisse voreinander.«
Ich unterdrückte einen resignierten Seufzer und zog ein dickes, zusammengefaltetes Pergament aus einer Innentasche meines
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. »Habt Ihr diesen Schutzbrief ausstellen lassen, Euer Gnaden?«
Er überflog das Pergament und hob überrascht den Kopf. »Ja. Wie kommt er in deine Hand?«
»Ach Lerand«, sagte Meluan, »ich wusste, dass du die Bettler durch deine Länder reisen lässt, aber ich hätte nicht gedacht, dass du ihnen auch noch Schutzbriefe ausstellst.«
»Es handelte sich nur um eine Truppe fahrender Schauspieler«, erwiderte er. »Und sie in meinen Schutz zu nehmen entspricht meiner Stellung. Jedes Haus, das etwas auf sich hält, beschäftigt zumindest ein paar Schauspieler.«
»Meines nicht«, entgegnete Meluan fest.
»Es ist nur zweckmäßig, eine eigene Truppe zu haben«, erklärte Alveron freundlich. »Oder besser gleich mehrere. Man kann dann, wenn man ein Fest plant, die entsprechende Wahl für die Unterhaltung treffen. Woher glaubst du kamen die Musiker bei unserer Hochzeit?«
Da Meluan keine Anzeichen der Besänftigung zeigte, fuhr er fort: »Sie dürfen keine obszönen oder gottlosen Stücke spielen, meineLiebe. Ich lasse sie streng beaufsichtigen. Und sei versichert, keine Stadt in meinem Land würde eine Schauspieltruppe ohne einen solchen Schutzbrief auftreten lassen.«
Er wandte sich wieder an mich. »Womit wir wieder beim Thema wären. Wie kommst du in den Besitz ihres Briefs? Ohne ihn kann die Truppe nicht auftreten.«
Ich zögerte, denn ich wusste nicht, wie ich in Meluans Anwesenheit am besten anfangen sollte. Ich hatte vorgehabt, den Maer allein zu sprechen. »Sie treten in der Tat nicht mehr auf, Euer Gnaden. Sie wurden getötet.«
Der Maer zeigte keine Überraschung. »Ich dachte es mir. So bedauerlich es ist, es passiert ab und zu.«
Meluans Augen blitzten. »Ich gäbe viel darum, wenn es öfter passieren würde.«
»Weißt du, wer sie getötet hat?«, fragte der Maer.
»Das könnte man so sagen. Ja, Euer Gnaden.«
Er hob fragend die Augenbrauen. »Und?«
»Ich.«
»Du hast was?«
Ich seufzte. »Ich habe die Leute getötet, die diesen Schutzbrief mit sich führten, Euer Gnaden.«
Der Maer erstarrte. »Wie bitte?«
»Sie hatten zwei Mädchen aus einem Dorf entführt, durch das sie kamen.« Ich überlegte, wie ich mich vor Meluan am schonendsten ausdrücken konnte. »Die Mädchen waren noch jung, Euer Gnaden, und die Männer behandelten sie nicht gut.«
Meluans bereits finstere Miene erstarrte
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