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Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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in die schattigen Falten auf ihrem Schoß ein.

Kapitel 104

Der Cthaeh
     
    N achdem ich mit Felurians Hilfe entdeckt hatte, wozu ich imstande war, konnte ich an der Herstellung meines
shaed
mitwirken. Felurian schien über meine Fortschritte erfreut, doch ich selber ärgerte mich nur. Es gab keine Regeln zu befolgen und nichts zu merken. Deshalb nützten mir meine Auffassungsgabe und mein Schauspielergedächtnis nichts, und ich hatte das Gefühl, nur quälend langsam voranzukommen.
    Immerhin konnte ich meinen Schattenmantel nach einiger Zeit berühren, ohne gleich fürchten zu müssen, ihn zu beschädigen, und ihn nach meinen Wünschen formen. Mit einiger Übung konnte ich ihn aus einem kurzen Umhang in einen langen Trauermantel mit Kapuze oder jede beliebige Form dazwischen verwandeln.
    Trotzdem wäre es anmaßend von mir, auch nur das kleinste Verdienst an seiner Herstellung zu beanspruchen. Es war allein Felurian, die den Schatten einsammelte und mit Mond-, Feuer- und Tageslicht verwob. Mein wichtigster Beitrag war die Anregung, dass der Mantel zahlreiche kleine Taschen haben sollte.
    Nachdem wir mit dem
shaed
im Tageslicht angekommen waren, hielt ich unsere Arbeit für beendet. Dass wir uns zunächst längere Zeit mit Schwimmen und Singen und noch auf andere Weise miteinander vergnügten, bestätigte mich in meiner Annahme.
    Doch Felurian wich aus, sobald ich auf den Schattenmantel zu sprechen kam. Mir war das einerseits recht, weil sie es stets auf so unterhaltsame, heitere Art tat. Andererseits bekam ich dadurch den Eindruck, dass er zumindest noch teilweise unfertig war.
    Eines Morgens wachten wir eng umschlungen auf. Wir verbrachtenetwa eine Stunde mit Küssen, um unseren Appetit zu wecken, anschließend fielen wir über ein Frühstück aus Obst und feinem Weißbrot mit Honigwaben und Oliven her.
    Auf einmal wurde Felurian ernst und bat mich um ein Stück Eisen.
    Die Bitte überraschte mich. Ich hatte vor einiger Zeit beschlossen, einige alltägliche Gewohnheiten wieder aufzunehmen. Mit der Wasseroberfläche des Teiches als Spiegel hatte ich mich mit Hilfe meines kleinen Messers rasiert. Felurian schien zunächst von meinen glatten Wangen angetan, doch als ich sie küssen wollte, schob sie mich auf Armeslänge von sich und schnaubte, als sei ihre Nase verstopft. Sie meinte, ich stinke nach Eisen, und schickte mich in den Wald. Ich dürfe erst dann zurückkehren, wenn ich den bitteren Gestank in meinem Gesicht losgeworden sei.
    Als ich jetzt eine zerbrochene Eisenschnalle aus meinem Reisesack holte, war ich deshalb ziemlich neugierig. Nervös hielt ich ihr die Schnalle hin, wie man etwa einem Kind ein scharfes Messer reicht. »Wozu brauchst du denn Eisen?«, fragte ich so beiläufig wie möglich.
    Felurian antwortete nicht . Sie klemmte sich das Metall zwischen Daumen und zwei Finger, als sei es eine Schlange, die sich jederzeit umdrehen und sie beißen konnte. Die Lippen hatte sie zu einem Strich zusammengepresst, das sonst dämmrige Violett ihrer Augen hatte sich zu einem tiefen Blau aufgehellt.
    »Kann ich helfen?«, fragte ich.
    Sie lachte. Es war nicht das glockenhelle Lachen, das ich so oft gehört hatte, sondern ein wildes, heftiges Lachen. »du willst mir wirklich helfen?«, fragte sie. Die Hand, die das Eisen hielt, zitterte kaum merklich.
    Ich nickte ein wenig ängstlich.
    »dann geh weg.« Ihre Augen hellten sich weiter zu einem weißlichen Blau auf. »ich kann jetzt keinen liebsten, keine lieder und keine fragen gebrauchen.« Als ich mich nicht rührte, scheuchte sie mich mit der Hand fort. »geh in den wald. geh nicht weit, aber bleib so lange weg, wie es dauert, sich vier mal zu lieben.« Auch ihre Stimme hatte sich verändert. Sie klang immer noch weich, hatte aber einen abweisenden Unterton, der mich beunruhigte.
    Ich wollte protestieren, da durchbohrte sie mich mit einem so furchtbaren Blick, dass ich aufsprang und in besinnungslosem Schrecken von der Lichtung floh.
    Eine Weile irrte ich ziellos durch den Wald und versuchte mich zu beruhigen, was nicht einfach war. Schließlich war ich nackt wie ein Säugling, und eine mächtige Fee hatte mich weggeschickt wie eine Mutter, die ein aufsässiges Kind aus der Küche weist.
    Da ich wusste, dass ich auf der Lichtung vorerst nicht willkommen sein würde, wandte ich mich tagwärts in der Absicht, mich ein wenig im Wald umzusehen.
    Ich kann nicht sagen, warum ich an jenem Tag so weit ging. Felurian hatte mir geraten, in der Nähe zu bleiben, ein

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