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Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag

Titel: Die Furcht des Weisen / Band 2: Die Königsmörder-Chronik. Zweiter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Rothfuss
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einem belebten Schankraum, direkt vor dem Kamin, hintereinander mit drei Männern oder Frauen treibt.« Sie sah mich vielsagend an.
    »Der Steinboden wäre vermutlich etwas hart«, meinte ich.
    Vashet kicherte. »Aber angenommen, auf dem Boden läge eine Decke? Wie würdest du so jemanden nennen?«
    Wenn sie mich das zwei Spannen zuvor gefragt hätte, kurz nach meiner Rückkehr von Felurian, hätte ich die Frage womöglich nicht verstanden. Wäre ich noch länger bei Felurian geblieben, wäre mir Sex vor dem Kamin am Ende ganz normal vorgekommen. Aber ich lebte schon eine ganze Weile wieder in der Welt der Menschen …
    Eine Hure,
dachte ich stumm,
eine billige, schamlose Hure.
Ich war froh, dass ich niemandem von Tempis Wunsch, Laute zu lernen, erzählt hatte. Wie musste er sich für sein unschuldiges Verlangen geschämt haben! Bei der Vorstellung, er habe vielleicht schon als Junge Musik machen wollen, aber aus Scham nie davon gesprochen, wurde mir ganz weh ums Herz.
    Mein Gesicht musste meine Gefühle verraten haben, denn Vashet ergriff meine Hand und drückte sie. »Ich weiß, dass ihr das nur schwer verstehen könnt. Schließlich habt ihr nie in Erwägung gezogen, dass es auch anders sein könnte.«
    Meine Gedanken überschlugen sich. »Aber wie haltet ihr Kontakt zur Außenwelt, wenn keine Schauspieler von Stadt zu Stadt ziehen?«, fragte ich. »Wie erfahrt ihr, was es Neues gibt?«
    Vashet grinste schief und wies auf die windgepeitschte Landschaft. »Meinst du, dass man sich hier übermäßig für die Geschehnisse der Welt interessiert?« Sie ließ den Arm wieder sinken. »Aber es ist nicht so schlimm, wie du denkst. Reisende Händler sind hier willkommenerals an den meisten anderen Orten und Kessler sowieso. Außerdem reisen wir auch selbst. Wer sich als Söldner verdingt, lernt andere Länder kennen und kehrt mit Nachrichten zurück.«
    Sie legte mir beruhigend eine Hand auf die Schulter. »In seltenen Fällen kommt sogar ein Sänger oder Musikant durch Haert. Er spielt dann allerdings nicht für die ganze Stadt auf einmal, sondern nur für eine Familie. Und selbst dort sitzt er beim Spielen hinter einem Wandschirm, damit ihn niemand sieht. Daran erkennt man übrigens die Musiker der Adem: Sie tragen auf Reisen hohe Wandschirme auf dem Rücken.« Vashet schürzte die Lippen. »Aber selbst sie stehen nicht im besten Ruf. Ihre Kunst wird geschätzt, ist aber nicht ehrenhaft.«
    Ich atmete ein wenig auf. Dass Künstler irgendwo nicht willkommen sein könnten, kam mir völlig abwegig, ja krank vor. Dass anderswo andere Sitten herrschten, konnte ich mir dagegen eher vorstellen. Sich dem jeweiligen Publikum anzupassen ist den Edema Ruh so vertraut wie das Wechseln der Kostüme.
    »So halten wir es jedenfalls hier«, fuhr Vashet fort, »und du tätest gut daran, dich früher oder später damit abzufinden. Ich sage das als Frau, die viel gereist ist. Ich habe acht Jahre lang unter Barbaren gelebt und sogar in einer größeren Gruppe einem Musiker zugehört.« Sie sagte es stolz und mit trotzig schräg gelegtem Kopf. »Und zwar mehr als nur einmal.«
    »Hast du je vor anderen gesungen?«, fragte ich.
    Vashet Miene versteinerte sich. »Diese Frage ist sehr unhöflich«, sagte sie steif. »Damit machst du dir hier keine Freunde.«
    »Ich meine doch nur, wenn du es versuchen würdest, würdest du vielleicht feststellen, dass es gar nicht schlimm ist. Musik bereitet den Menschen viel Freude.«
    Vashet musterte mich streng und machte eine schroffe Gebärde für Ablehnung und endgültig. »Ich bin viel gereist und in der Welt herumgekommen, Kvothe, genauso wie zahlreiche andere Adem. Wir haben auch Musiker kennengelernt. Ich will ganz offen sprechen: Viele von uns sind insgeheim von ihnen fasziniert, ähnlich wie bei euch viele die Künste der modeganischen Kurtisanen bewundern.«
    Sie sah mich scharf an. »Trotzdem würde ich nicht wollen, dass meine Tochter mit einem Musiker nach Hause kommt, wenn du verstehst, was ich meine. Und es würde Tempis Ruf nicht guttun, wenn andere mitbekämen, dass er den Ketan mit einem wie dir geübt hat. Behalte das für dich. Du hast schon Probleme genug, auch ohne dass bekannt wird, dass du zu allem Überfluss auch noch Musiker bist.«

Kapitel 114

Ein einziger, spitzer Pfeil
     
    W iderstrebend fügte ich mich Vashets Rat. Obwohl es mich in den Fingern juckte, holte ich an jenem Abend meine Laute nicht heraus, um ein wenig für mich zu spielen. Ich schob den Kasten sogar unter mein

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