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Die Gabe der Amazonen

Die Gabe der Amazonen

Titel: Die Gabe der Amazonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kiesow
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ich. »Und Elgor hat sie nicht verscheucht. Sie haben sich uns gezeigt. Damit wollen sie uns sagen: Wir sind da, und wir fordern einen Wegzoll. Wenn ihr uns gebt, was wir verlangen, lassen wir euch ziehen.«
    »Wir sollten tun, was er sagt«, stimmte Viburn mir zu. »Er weiß, wovon er spricht. Wir müssen unser Gepäck halt selbst tragen. Das ist doch nicht so schlimm. Larix hat sowieso dafür gesorgt, daß die Proviantsäcke federleicht geworden sind.«
    »O nein! So schnell gibt ein Bethana keinem Räuber nach, das gilt für Diebesgesindel in Menschen- und in Tiergestalt.«
    Junivera und Larix schlossen sich Elgors Meinung an. Wir waren überstimmt.
    Auf der anderen Seite der Lichtung drangen wir wieder in den Wald ein. Elgor hatte jetzt die Führung übernommen. Er hatte seinen Kriegsbogen vom Packesel geschnallt, die Sehne eingehängt und einen Pfeil eingelegt. Hinter ihm ging Viburn mit gezogenem Rapier. Ich verwünschte den Dieb, der meinen Bogen gestohlen hatte, und steckte den Dolch griffbereit in den Gürtel. Junivera folgte mir mit dem Esel auf dem Fuß. Am Schluß ging Larix, er hielt den Fausthammer umklammert. Wenigstens war der Wald hier nicht allzu dicht – hohe Laubbäume ringsumher, und auf dem Boden wuchs hüfthohes Farnkraut.
    Viburn tippte Elgor auf die Schulter und deutete nach vorn.
    Elgor riß den Bogen hoch und schoß. Er schüttelte den Kopf und ging weiter.
    Der Streuner ließ sich ein paar Schritte zurückfallen und sah sich zu mir um. »Unser zweifacher Turniersieger! Im Bogenschießen hat er gewiß keinen Preis gewonnen.«
    Hinter uns hörten wir Schreie. Das Farnkraut war in Bewegung geraten. Gemeinsam mit Viburn rannte ich zurück.
    Zwei schwarze Ungeheuer hatten Larix an beiden Füßen gepackt und zerrten ihn in Windeseile durch den Farn. Der Sohn des Juglans wehrte sich verzweifelt und hieb wild mit dem Hammer durch die Luft, aber seine Arme waren zu kurz, er konnte die Bestien nicht erreichen. Viburn watete mit erhobenen Armen durch die Farnwedel. Ich blieb stehen und warf meinen Dolch. Die Klinge prallte vom Schulterblatt des linken Wolfes ab, offenbar hatte sie nur sein Fell geritzt. Immerhin heulte das getroffene Tier auf und verschwand im Unterholz. Sofort stemmte Larix den freien Fuß in den Boden, der Zwerg wurde herumgewirbelt, Laub flog auf, ein dumpfes Krachen war zu hören. Als wir bei Larix eintrafen, hockte er auf dem Boden und feixte uns entgegen. Neben ihm lag der Wolf. Die Zunge hing ihm aus dem dampfenden Maul, seine Flanken pumpten, die Augen waren weit aufgerissen und seltsam verdreht. Das Fell auf dem Schädel glänzte feucht.
    Larix wischte liebevoll den Fäustel ab. »Der wird uns nicht wieder belästigen«, sagte er mit einem Blick auf den Wolf, der sich soeben langsam streckte.
    Elgor rief uns etwas zu, und wir liefen zurück. Junivera saß auf einem Baumstamm, ihr wadenlanger, geschlitzter Rock war hochgestreift. Gerade beugte sich Elgor über sie, um eine häßliche Wunde in ihrem Unterschenkel zu untersuchen. Die Priesterin mußte starke Schmerzen haben – sie war sehr blaß und preßte die Zähne aufeinander. »Das Biest war plötzlich da«, murmelte Elgor. »Die Wölfe haben im Farn gelauert wie Giftschlangen ... Ich habe so etwas noch nicht erlebt ...«
    Junivera zog sich an Elgors Schulter hoch, aber das Bein versagte ihr den Dienst. Sie sank zu Boden.
    »Das sieht schlimm aus«, murmelte Viburn. »Mir scheint, der Wolf hat eine Sehne erwischt.«
    »Wir müssen das Bein schienen«, sagte Larix. »Ich habe ein paar Kräuter in meinem Ranzen. Junivera, wir werden dir einen wunderbaren Verband anlegen und dich auf den Esel setzen ... Und in ein paar Tagen kannst du wieder laufen – du wirst es sehen.«
    Junivera schüttelte den Kopf. »Ich kann mir selber helfen. Laßt mich allein!« Auf ihrer Stirn standen ein paar dicke Schweißtropfen. Ihr Gesicht war so bleich, daß ihre braunen Augen dunkel wie Gemmen aus Jett darin glänzten. Sie erinnerte mich plötzlich an eine Hexe, der ich einmal im Blautann begegnet war – eine schöne Frau, aber sie hätte mich fast getötet ...
    »Wir können dich doch nicht hier zurücklassen!« Elgor schüttelte den Kopf. »Die Wölfe werden wiederkommen.«
    »Das meine ich nicht.« Die Geweihte hatte Mühe, ein Stöhnen zu unterdrücken. »Ihr sollt euch nur von mir entfernen ... Bildet meinetwegen einen Ring um mich, aber schaut nicht zu mir her – was auch geschehen mag.«
    »Wie du willst.« Elgor trat zurück.

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