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Die Gabe der Amazonen

Die Gabe der Amazonen

Titel: Die Gabe der Amazonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kiesow
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Pilzart, ins Lager zurück.
    Das Feuer war bereits angezündet, es flackerte hell – zu hell, wie ich fand, und das sagte ich auch.
    Larix winkte ab. Der Sohn des Juglans war blendender Laune. Nicht einmal die Aussicht auf ein Pilzgericht anstelle eines Hasenbratens konnte ihn verdrießen.
    »Soll es doch hell brennen«, sagte er. »Das schreckt die wilden Tiere ab.«
    »... aber nicht die Diebe ...«
    »Die sollen ruhig wissen, wo wir lagern. Ja, das sollen sie ruhig wissen.«
    Er stimmte ein Liedchen an und summte und pfiff unaufhörlich vor sich hin. Ich stellte fest, daß er alle unsere Stricke um sich herum ausgelegt hatte. Drei Tauenden hatte er mit Schlingen versehen, und eben verflocht er die Enden der drei Seile zu einem Strang.
     
    »Zwerge haben kleine Beine, aber großen Mut«,
     
    summte er.
     
    »Ärgre keine Zwerge, sonst sei auf der Hut!
    Zwerge haben kleine Hände, aber große Wut!
    Ärgre keine Zwerge, sonst liegst du selbst im Blut!«
     
    Viburn setzte sich zu ihm und beobachtete aufmerksam die kurzen emsigen Finger bei der Arbeit. »Sag an, Sohn des Juglans, was treibst du da?« Larix blickte nicht auf und würdigte ihn keiner Antwort. Er hatte aus den drei Seilen ein dickes Tau geflochten, das wohl sieben Mannslängen maß. Jetzt spleißte er mit der Dolchspitze kleine Schlitze in den Strang, las ein wenig Laub vom Boden auf und zog die Blattstiele in den Strick ein.
    »Eine Girlande?« fragte Viburn. »Wie schön ...«
    »Ärgre keine Zwerge, sonst liegst du selbst im Blut!« Ohne seinen Gesang zu unterbrechen, steckte Larix ein letztes Zweiglein in den Strang, betrachtete sein Werk mit schiefgelegtem Kopf und zupfte noch ein paar Blätter zurecht. Schließlich stand er auf und schleppte unser gesamtes Gepäck ein paar Schritt vom Feuer weg, um es sorgfältig unter einem mächtigen Eichbaum aufzuschichten. Dann legte er die drei Schlingen auf dem Boden um die Packen aus, ergriff das dicke Tau mit den eingeflochtenen Blättern und warf es schwungvoll über einen Eichenast.
    »... sonst sei auf der Hut!«
    Der Zwerg führte den Strick über den Boden bis zu seinem Schlafplatz. Anschließend tarnte er die Schlingen und den Strang auf dem Boden sorgsam mit Laub. Endlich setzte er sich ans Feuer und wickelte das Tau einmal probeweise um sein Handgelenk. Er sah so zufrieden aus, wie nur ein zufriedener Zwerg aussehen kann. »Wo bleibt mein Essen? Ich denke, wir speisen heute Waldpilze nach Elfenart?«
    Ich schob ihm seinen Anteil auf den Holzteller.
    »Jetzt sollten wir das Feuer niederbrennen lassen«, sagte er, »sonst könnten die Diebe womöglich meine Falle entdecken.«
    Ich hatte in meinem Leben schon so manche Falle gesehen, aber noch keine, die so auffällig gewesen wäre wie diese: Weit und breit gab es nur einen einzigen Baum, von dem eine ›Schlingpflanze‹ herabhing – die Eiche über unserem Gepäckhaufen. Und Larix' blättergespickter Strick hatte mit einer Schlingpflanze so viel Ähnlichkeit wie eine Schlange mit einer Mohrrübe. Doch ich verkniff mir eine Bemerkung. Es war zu schön, den kleinen Edelmann einmal bei guter Laune zu erleben.
    Während das Feuer leise prasselte und knackte und die Flammen allmählich kleiner wurden, sprachen wir über den Weg, den wir noch vor uns hatten, und die Gefahren, mit denen wir rechnen mußten.
    Die Geweihte schüttelte ärgerlich den Kopf. »Wie sollen wir den Palast jemals finden, wenn wir uns nicht mehr unter Menschen wagen und ihnen Fragen stellen dürfen?«
    »Junivera hat recht«, sagte Viburn. »Wir müssen auf jeden Fall in Beilunk einkehren. Nur sollten wir uns nicht so ungeschickt anstellen wie in Rommilys.« Er vermied es, Elgor anzuschauen.
    Der Ritter stocherte mit einem langen Zweig in der Glut. »Was geschehen ist, ist geschehen. Immerhin haben wir so erfahren, daß jemand alle Nachforschungen über Yppolita verhindern will. Was für eine makabere und ruchlose Warnung, dieser Mord an dem Säufer und an unseren Pferden ...! Wer so etwas tut, hat die Achtung vor den Zwölfen verloren!« Niemand sagte etwas, und Elgor fuhr fort: »Wir wissen, daß wir mit gefährlichen und mächtigen Gegenspielern rechnen müssen. Rommilys ist viele hundert Meilen von den Beilunker Bergen entfernt, und trotzdem sind wir dort auf Leute gestoßen, die in irgendeiner Verbindung zu Kurkum stehen müssen. Je näher wir an die geheime Burg der Amazonen herankommen, desto mehr müssen wir damit rechnen, daß man uns bedroht.«
    »Willst du damit

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