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Die Gabe der Amazonen

Die Gabe der Amazonen

Titel: Die Gabe der Amazonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kiesow
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um uns herum. Sie alle grinsten wie ungezogene Kinder. Ich fand sie reizend, ich hätte sie umarmen und küssen können.
    Mit Junivera stimmte etwas nicht. Sie sah plötzlich wieder fast so ernst wie immer aus. Das fiel auch unserem entzückenden Gastgeber auf. Er ging zu ihr hin, reckte sich, faßte nach ihrem Hals und zog daran, bis die Geweihte auf ihre Knie plumpste. Dann hielt er ihr die Karaffe mit dem wundersamen grünen Trank einfach an die Lippen und kippte den Rest in sie hinein. Natürlich fand nicht die ganze Flüssigkeit den Weg in Juniveras Mund: Ein guter Teil sprudelte auch lustig an ihrem Körper herunter. Nun, da sie den Rest getrunken hatte, lachte die Geweihte auch wieder.
    Häuptling Mimmel kniff schelmisch ein Auge zu, zwickte Junivera in den Po, so daß diese quiekte wie eine Marktfrau, und sagte: »Los, alte Schlampe, tanz für uns!«
    »Puhuhu!« prustete Larix los. »Habt ihr das gehört? Er hat ›alte Schlampe‹ gesagt!«
    Auch Junivera konnte vor Lachen kaum an sich halten. »Nun nimm dich zusammen!« mahnte Mimmel verschmitzt, »sonst wirst du dir noch die Schenkel nässen!« (Womit er einen neuerlichen Lachanfall bei uns auslöste.)
    »Ich kann überhaupt nicht tanzen«, kicherte Junivera. »Aber wenn es dir Spaß macht, will ich es versuchen.«
    Sie konnte tatsächlich nicht tanzen. Zusammen mit unseren kleinen Freunden lachten wir über ihre ungeschickten Drehungen und spaßigen Stolperschrittchen. Immer wieder prallte sie mit den Knien gegen den niedrigen Tisch. Schließlich verlor sie das Gleichgewicht, kippte vornüber und lag still.
    »Zuviel Felsrebe«, sagte dazu unser Gastgeber voll geistreichem Witz. Dann hieß er uns einen Kreis um ihn bilden. Wir folgten eilig seiner Bitte. Er klappte das prächtige Hauptbuch auf, dessen Seiten in hellen Farben schillerten. »Seht her!« sagte er. »Lies vor, du blödes Langohr!« Mit dieser spöttischen Bemerkung war ich gemeint. Ich las: »Be-wi-wirtung ...« Irgend etwas traf mich in der linken Niere. Das tat weh. Ich konnte einen Moment lang kaum atmen. »Nimm dich zusammen!« Meine gute Laune war mir trotz der Schmerzen geblieben. Ich beschloß, mir mehr Mühe zu geben: »Bewirtung: 5 Brathühner, 4 Krüge Wein, 2 Körbe Obst, gemischt, 1 Karaffe Felsrebe ...« Es folgten die Preise, hohe Preise. Allein die Karaffe kostete 25 Dukaten. Wie es schien, schuldeten wir unserem freundlichen Gastgeber alles in allem 52 Dukaten.
    »Ich darf um mein Geld bitten«, sagte Mimmel.
    Wir suchten in unseren Taschen und geheimsten Verstecken. Mehr als fünf Silbertaler kamen nicht zusammen. Das war mir äußerst peinlich; ich schämte mich wie ein Kind.
    »Wie willst du bezahlen, Amazonennuttchen?« fragte Mimmel.
    Yppolita brachte kein Wort heraus.
    »Hm«, der Häuptling breitete die Arme aus. »Dann will ich dir einen Vorschlag machen.«
    »Ja, bitte?« fragte Yppolita.
    »Gib mir zwei von deinen Leuten als Bezahlung.«
    Yppolitas Blick wanderte unschlüssig über uns hin. »Ich weiß nicht ..., begann sie. Mimmel war inzwischen auf den Tisch gehüpft, flink wie ein Korkball. Als sein kleines Händchen in Yppolitas Gesicht patschte, links und rechts und rechts und links, mußten Larix und ich schon wieder lachen. Wir konnten es nicht verhindern. Dieser Mimmel war zu komisch!«
    »Nimm mich als Bezahlung!« rief Viburn kichernd. »Edler Häuptling, nimm mich!«
    Mimmel winkte ihn zu sich heran, griff ihm an Nase und Kinn und zog seine Kiefer auseinander. Er betastete Viburns Arme und Beine, dann auch seinen Bauch. Endlich nickte er zufrieden. »In der nächsten Woche kommt ein Freund aus Al'Anfa. Er wird ein paar Dukaten für dich lockermachen müssen ...« Dann wandte er sich wieder Yppolita zu: »Kannst du zählen? Jetzt habe ich einen. Einen brauche ich noch.«
    Yppolitas Wangen trugen die leuchtend roten Abdrücke von Mimmels Patschhänden, in ihren Augen standen Tränen, aber sie lächelte. »Nimm mich auch!«
    Der Häuptling winkte ab. »Würde ich gern, aber du bist schon an Kurkum verkauft ...«
    »An Kurkum?«
    »Ja, an deine liebe Schwester Ulissa, du wirst dich noch an sie erinnern?«
    »Aber das ist gar nicht lustig«, protestierte ich. »Das kann Yppolita den Kopf kosten.«
    Mit dieser Bemerkung schien ich Mimmels Geschmack getroffen zu haben: Er amüsierte sich königlich und machte mir Komplimente über meine rasche Auffassungsgabe. Schließlich gackerte er: »Macht euch doch keine Sorgen über morgen und übermorgen! Heute wollen wir

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