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Die Gabe der Amazonen

Die Gabe der Amazonen

Titel: Die Gabe der Amazonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kiesow
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lustig sein. Kommt, ich gebe euch noch etwas Saft – diese Runde geht auf mich. Übrigens«, er zwinkerte uns zu, als wir die Gläser an die Lippen setzten, »der Beerenwein ist mit einem kleinen Mittelchen gewürzt gewesen, das, für sich allein genossen, völlig harmlos ist. Ein ähnliches Mittelchen schwimmt auch im Rebensaft. Erst wenn man beide mischt, stellt sich die kolossale Wirkung ein. Ich will sie einmal ›Befreiung‹ nennen, denn ihr seid nun frei von eurem eigenen Willen, und wollt vor allem eines: eurem aufmerksamen Gastgeber gefallen. Hihi. Diese Art der Selbstaufgabe ist natürlich nicht jedermanns Sache – darum habe ich auch nur von dem einen und mein Sohn hat von dem anderen getrunken. Wir sind maßvolle Trinker, müßt ihr wissen, aber ihr könnt offenbar viel mehr vertragen als wir. Und jetzt herunter mit dem guten Stoff!«
    Wir tranken. Sofort war die kleine Unstimmigkeit vergessen, wir waren vergnügter als je zuvor.
    »Ach, wenn ihr wüßtet, wie sehr ich solche Tage genieße!« quietschte der Häuptling. »Es ist zu schön, euch grobes, ungestaltes, aufgeblasenes Menschenpack ein wenig zu zwirbeln und zu zwicken!« Im Vorübergehen riß er Larix Bart mit einem kräftigen Ruck nach unten. »Dabei kann ich euch versichern, daß euch keinerlei Unrecht geschehen wird. Wir feiern hier nur einen gerechten Handel, den beglückenden Ausgleich von Angebot und Nachfrage. Alles wird Eingang in das Hauptbuch finden, in das nur die wirklichen Zehntelergeschäfte eingetragen werden dürfen.« Er stutzte und faßte sich an den polierten Schädel. »Wo waren wir zuvor stehengeblieben? Ach ja! Yppolita, du Dummchen, hast mir immer noch nicht vorgeschlagen, mit welchem Gesellen ich meine Bezahlung vervollständigen soll, denn die Zeche muß schließlich ausgeglichen sein – so will es das Buch!« Er gab Larix einen Stoß. »Diesen will ich nicht. Für Zwerge wird schlecht gezahlt.«
    Yppolita gab sich einen Ruck und zeigte auf Junivera, die man inzwischen vom Tisch auf den Boden gezerrt hatte, und die eben zu sich kam.
    »Na schön«, brummelte Mimmel ein wenig enttäuscht.
    »Wenn du sie nicht willst, kann ich dir gern einen anderen vorschlagen«, versicherte Yppolita eifrig.
    »Nein, nein, es ist schon in Ordnung. Sie ist zwar nicht mein Geschmack, aber ganz hübsch nach euren Maßstäben.« Er rieb sich die Hände. »Auch sie wird ihren Preis erzielen ...«
    »Ich hätte gern noch einen Schluck!« bettelte Elgor.
    »Kann ich mir denken«, erwiderte Mimmel. »Aber es gibt nichts mehr. Für euch ist das Fest zu Ende.« In hastig hechelnder Feilschersprache gab er eine Anweisung. Drei, vier kleine Leute sprangen herbei, ergriffen Viburn und Junivera bei den Händen und zerrten sie nach draußen. »Diese beiden werden einstweilen nicht mehr benötigt«, erklärte uns der Häuptling, »mit euch aber würde ich gern noch ein kleines Spielchen versuchen.« Er gab wieder ein paar Anweisungen in seiner Sprache. Zwei Feilscher liefen hinaus und kehrten wenig später mit einer Handvoll Stricken zurück.
    »Wer von euch versteht sich am besten aufs Knotenbinden?« fragte Mimmel.
    »Arve«, sagten Elgor und Larix wie aus einem Mund, und der Zwerg ergänzte noch: »Er kann Schlingen legen, Netze knüpfen und solche Dinge.«
    Der Häuptling gab mir einen Strick. »Fessele die drei, aber mache deine Sache gut. Nicht so fest, daß ihnen das Blut abgeschnürt wird, aber auch nicht so locker, daß sie die Fesseln abstreifen können. Wenn du gute Arbeit leistest, darfst du als einziger noch einen Schluck vom Rebensaft nehmen.«
    Ich schlang meine Knoten wahrhaft meisterlich. Nachdem ich den letzten Riemen festgezurrt hatte, versprach Mimmel meinen drei Gefährten eine Karaffe, falls es ihnen gelänge, sich zu befreien. Das brachten sie natürlich nicht fertig – schließlich hatte ich mir große Mühe gegeben. Aber auch ich bekam meine Belohnung nicht, denn zunächst band mir der Häuptling eigenhändig die Arme auf den Rücken. Nun sollte ich erst dann meinen Saft trinken dürfen, wenn ich mich befreit hätte. »Die Felsrebe ist sehr teuer – du mußt sie dir erst verdienen«, erklärte Mimmel lächelnd. Auch der Häuptling verstand sich auf die Fesselkunst, das mußte ich nach langen vergeblichen Bemühungen einsehen. Ich arbeitete noch an meinen Fesseln, als man uns längst aus dem Basaal geführt und in ein finsteres Loch gestoßen hatte. Erst als die Müdigkeit übermächtig wurde, gab ich meine Versuche

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