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Die Gabe der Amazonen

Die Gabe der Amazonen

Titel: Die Gabe der Amazonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kiesow
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fünften Tag in der Höhle war Larix' Leib deutlich schlanker geworden – sein Bauchnabel hatte schon beinahe wieder die alte Form. Vorgestern hätte man noch fast einen Dukaten hineinlegen können. Larix ballte die Fäuste. »Es juckt höllisch!« jammerte er. Elgor untersuchte die Wunde.
    »Du weißt, daß du nicht daran kratzen darfst!«
    »Ja, ja, ja!« knurrte der Zwerg.
    Auch Junivera betrachtete den Bauch. Sie sah sehr zufrieden aus. »Wenn die Schwellung einmal abklingt, dann geht es schnell voran. Morgen kannst du versuchen aufzustehen.«
     
    Am späten Nachmittag entdeckte ich eine Ogerspur. Diesmal hatte mich das gewohnte Jagdglück im Stich gelassen, und auf der Suche nach einer Beute entfernte ich mich weiter vom Lager als an den anderen Tagen. Endlich sah ich ein Reh, und folgte ihm vorsichtig in ein schmales Tal hinab. Aber – wie ich schon sagte – es war nicht mein Tag: Als ich einen letzten, behutsamen Schritt tat, um in eine bessere Schußposition zu kommen, trat ich auf einen Zweig. Ein leises Knacken war zu hören. Das Reh warf den Kopf hoch, streifte mich mit einem raschen Blick und verschwand dann mit weiten Sprüngen.
    Ich zuckte die Schultern, stieß den Pfeil zurück in den Köcher und machte mich daran, dem Reh nachzusteigen, auch wenn ich mir kaum Hoffnung auf eine zweite Begegnung machte. Auf der Talsohle, an einem kleinen Bachlauf, war der Schnee seltsam aufgewühlt, und ich beschloß, mir die Stelle näher anzusehen. Zuerst fand ich nur ein paar verwischte Abdrücke. Irgendwelche Wesen waren den Hang hinaufgeklettert und wieder hinabgestiegen. Ich schaute mir die Spuren genauer an. Es waren die Abdrücke von Fellschuhen. Der Anblick gefiel mir überhaupt nicht. Kluge Kreaturen, vermutlich Goblins, waren durch das Tal gezogen und dabei immer wieder ausgeschwärmt, offenbar hatten sie nach etwas gesucht.
    Und nahe beim Bachbett prangte die kolossale Spur eines Ogers. Um eine Ogerspur zu erkennen, muß man keine Ahnung vom Fährtenlesen haben, und man muß kein Feigling sein, um bei ihrem Anblick blaß zu werden. Die nackten Ogerfüße waren tief in den Schnee eingesunken, jede Vertiefung schien doppelt so lang wie mein Fuß und mehr als doppelt so breit. Der Abstand von Abdruck zu Abdruck betrug jedoch kaum mehr als eine halbe Mannslänge. Das menschenfressende Ungeheuer schien es nicht sehr eilig gehabt zu haben. Neben den Gruben, die der Oger im Schnee zurückgelassen hatte, sahen die Abdrücke der Goblinfüße geradezu zierlich aus.
    Bis zum Mittag hatte es geschneit, aber auf die Spuren im Tal war kein Schnee gefallen. Das bedeutete, die Goblinmeute und der Oger waren erst vor wenigen Stunden hier entlang gegangen. Ich sog prüfend die Luft ein. Es schien mir fast, als ob der üble Ogergestank noch um mich schwebte.
    Endlich fand ich auch eine Stiefelspur. »Ein Goblinfreund«, dachte ich. Das paßte ja alles gut zusammen!
    So schnell mich meine Füße trugen, rannte ich zum Lager zurück. Ich versuchte gar nicht erst, meine verräterische Spur zu verwischen. Ein hungriger Oger verläßt sich sowieso mehr auf seine Nase als auf seine Augen. Viburn und Larix brauchte ich nicht lange zu erklären, was diese besondere Ansammlung von Spuren zu bedeuten hatte, aber Elgor und Junivera hatten es offenbar kaum begriffen.
    »Goblins und Oger kommen nicht gut miteinander aus«, sagte Viburn zu ihnen. »Oger haben keine Bedenken, einen Goblin über ihrem Feuer zu rösten. Darum geht das kleine Gesindel den stinkigen Ogern meistens aus dem Weg. Wenn sie sich zusammentun, haben sie es oft auf Menschen abgesehen. Und fast immer steckt ein übler Schurke dahinter, wenn sich eine Schar Goblins und ein oder zwei Oger zusammenfinden.«
    »Solche Kerle nennen wir Goblinfreunde «, warf ich ein. »Meistens sind es minderbegabte Magier, manchmal aber auch Elfen.«
    »Im Osten Aventuriens kannst du fast in jeder Stadt einen solchen Goblinfreund finden«, fuhr Viburn fort. »Wenn du Jagd auf ein paar Menschen machen willst, gehst du zu einem Goblinfreund und handelst einen Preis mit ihm aus. Er stellt dann die Meute zusammen und erledigt die Angelegenheit für dich.«
    »Und ihr meint, diese Meute hat es auf uns abgesehen?« fragte Junivera.
    Viburn nickte. »Es müßte schon ein großer Zufall sein, wenn es nicht so wäre ... Und sie sind uns bedenklich nahe gekommen.«
    Mädchen hatte am Höhleneingang Stellung bezogen und beobachtete die Umgebung. »Es schneit wieder«, meldete sie.
    »Dann wird

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