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Die Gabe der Amazonen

Die Gabe der Amazonen

Titel: Die Gabe der Amazonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kiesow
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war ausgesprochen schlecht gelaunt. Er humpelte von einer Seite der Höhle zur anderen und knurrte: »Muß erst laufen lernen! Ja, bin ich denn ein Säugling? Was bildet die Dame sich ein? Soll ich durch den Wald tänzeln wie ein Höfling durch einen Ballsaal?« Larix versuchte einen Sprung, stolperte und schnitt eine Grimasse.
    »Diese Nörgelei ist nicht zum Aushalten«, seufzte Junivera und schlüpfte zum Höhleneingang hinaus.
    Elgor hatte sich heimlich Larix' Schwert geborgt und schlug gelangweilt auf einen langen, armdicken Stamm ein, den er zerteilen wollte, damit er besser auf die Feuerstelle paßte.
    »Kaladon!« brüllte Larix plötzlich und riß Elgor das Schwert aus der Hand. »Du bist einfältiger, als du lang bist, Elgor von Bethana! Was nützt mir das Schwert meiner Väter, wenn es stumpf ist wie ein Besenstiel?«
    Elgor hob enttäuscht die Schultern und sah sich nach einer anderen Beschäftigung um.
    Ich zog eine neue Saite auf meinen Bogen, weil ich zu der alten nicht mehr viel Zutrauen hatte. Dann warf ich den Darm ins Feuer und sah zu, wie er zischend verschmorte.
    Junivera sprang zu uns herein, warf sich herum und schob den Kopf wieder durch den Höhlenmund nach draußen. Sie winkte heftig mit der Hand. Elgor prallte mit Larix zusammen, darum war ich vor ihm am Höhleneingang. Ich sah nach Osten, in die Richtung, in die auch Junivera blickte. Einen guten Bogenschuß weit standen dort zehn Gestalten. Ein dicker nackter Mann und neun mißgestaltete Kinder. Erst nach und nach nahm mein Verstand auf, was ihm die Augen zeigten: Die Kinder waren so groß wie ich – oder kaum kleiner –, der nackte Mann aber (er trug ein Lendentuch, um genau zu sein) war fast doppelt so groß wie ich. Eben riß er einen mehr als armdicken jungen Baum aus dem Boden, brach über dem Knie erst den Wurzelstock und dann das schlanke Ende mit der Krone ab. Der Oger! Sie hatten uns gefunden!
    Jetzt erkannte ich auch den Goblinfreund. Er war ganz in grünes Tuch gekleidet und trug als einziger Lederstiefel.
    Der Oger schulterte seinen Knüppel, und die ganze Gruppe setzte sich langsam in Bewegung. Der Oger ging voran, die Goblins und ihr ›Freund‹ – anscheinend handelte es sich um einen Elf – hielten sich hinter ihm. Offenbar wollten sie den Koloß als lebende Deckung benutzen.
    Elgor schob mich unsanft zur Seite. Er hatte seinen Bogen in der Hand und einen Pfeil eingelegt.
    »Auf diese Entfernung hat es keinen Sinn«, sagte ich, aber Elgor schoß. Er traf tatsächlich den Oger in die Schulter. Das Ungeheuer brüllte, daß die Felswände widerhallten, und riß sich den Pfeil heraus.
    Elgor schoß noch einmal, diesmal weit daneben. Nun holte auch ich meinen Bogen. Etwas klirrte gegen die Höhlendecke und fiel zu Boden. Ein Pfeil! Kurz darauf sirrten zwei weitere zu uns herein. Ich spähte vorsichtig nach draußen. Der Goblinfreund war hinter einem Felsbrocken in Deckung gegangen und spannte eben wieder seinen Bogen. In seiner Nähe hantierten zwei Goblins mit ihren Kurzbögen. Der Oger hatte sich nicht vom Fleck gerührt. Die anderen sechs Goblins drängten sich dicht hinter ihm zusammen.
    Junivera und Larix hatten sich tiefer in die Höhle zurückgezogen. Elgor zielte eben auf einen Goblin, da schlug ein Pfeil in sein Kettenhemd, drang aber nicht durch. Immerhin ließ der Krieger vor Schreck die Sehne los. Wieder ein Pfeil verschenkt!
    »Tu doch etwas, Arve!« knurrte Larix. »Schieß zurück!«
    »Es hat keinen Sinn. Den Oger kann ich nur durch einen Glücksschuß ernsthaft verwunden, und die Goblins sind zu schwer zu treffen.«
    »Ich wundere mich darüber, daß sie uns treffen!«
    »Sie halten einfach blindlings auf den Höhleneingang, sie ...«
    »Ach was, hör nicht auf ihn!« fuhr Elgor dazwischen. »Wir sollten lieber einen Plan entwickeln ... Wir sitzen wie Mäuschen in der Falle!«
    »Aber sie können auch nicht zu uns hereinkommen, immerhin ...«
    Der Pfeilbeschuß hatte aufgehört. Elgor und ich spähten vorsichtig nach draußen.
    Der Goblinfreund besprach sich gerade mit dem Oger. Der Fremde war ein Elf, das konnte ich jetzt deutlich sehen. Er wandte sich um und ging ein paar Schritte in unsere Richtung. Dann hob er die Hände an den Mund und rief: »He, ihr da oben, kommt heraus, laßt uns nicht unnötig Zeit vergeuden!« Er wartete kurz ab, dann fuhr er fort: »Da ist eine Rondrageweihte unter euch, das weiß ich genau! Hör zu, mein Täubchen, mein großer Freund wird jetzt zu dir sprechen! Dann werden

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