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Die Gabe der Amazonen

Die Gabe der Amazonen

Titel: Die Gabe der Amazonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kiesow
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lang saßen wir um das Feuer, starrten in die Glut und warteten.
    Manchmal versuchte einer von uns, ein Gespräch zu beginnen, über das Leben in Havena oder das Turnier in Gareth, aber wir kamen nie über ein, zwei Sätze hinaus. Über Viburn und Mädchen redeten wir nicht, was hätten wir über sie sagen sollen?
    Irgendwann legten wir uns nieder. Auf Larix' lautes Schnarchen wartete ich vergeblich, keiner von uns schien Schlaf zu finden.
    Durch den Höhlenmund drang Regenrauschen zu uns herein, hin und wieder schrie ein Nachtvogel. Einmal ging irgendwo in der Ferne dumpf polternd ein neuer Erdrutsch nieder.
    Als es wieder dämmerte, stand ich auf, um nach draußen zu gehen. Da lag unten auf dem Talboden Mädchen, lang ins nasse Gras gestreckt. Auf ihrem Hinterkopf erkannte ich einen dunklen Fleck.
    Mit zwei, drei Sätzen war ich bei ihr.
    Sie lebte! Ihr Haar war blutverkrustet, aber die Wunde schien nicht gefährlich zu sein. Mädchen schlug die Augen auf, als ich mich über sie beugte.
    »Viburn«, sagte sie.
    »Was ist mit Viburn?«
    »Er ist bei den Männern, glaube ich.«
    Gemeinsam mit Elgor trug ich Mädchen hinauf zu unserem Feuer in die Höhle. Wir streiften ihr die nassen Felle ab, und während Junivera sie mit einer dicken Decke abrubbelte, erfuhren wir nach und nach, was geschehen war:
    Viburn und Mädchen waren zu einer anderen, nahegelegenen Höhle gewandert. »Zu der Höhle sind wir immer gegangen. Viburn hat mir dort seine Streunergeheimnisse gezeigt.« Dann waren sie in einem Bogen zu unserem Lager zurückgelaufen. Kurz bevor sie das untere Ende unseres Tals erreichten, hatte die Erde gebebt, und ein gewaltiges Poltern war zu hören gewesen. Viburn war sehr aufgeregt, denn der Lärm kam aus der Richtung, in der sich unser Lager befand.
    »Er fing an zu rennen und zog mich hinter sich her. Wir waren noch gar nicht weit gekommen, da sah ich fünf Männer, die uns entgegenliefen. Ich habe sie Viburn gezeigt, da zog er mich in ein Gebüsch. Ich habe mir gedacht, wahrscheinlich hat er sie nicht richtig gesehen und angenommen, es seien wilde Tiere.
    Aber als sie näher kamen, konnte ich genau sehen, daß es Männer waren, kleine Männer, die überall rote Haare hatten. Sie hatten auch eigenartige Münder und sahen sehr aufgeregt aus. Mir schien, daß ihnen etwas Schlimmes zugestoßen sein müßte. Darum habe ich mich von Viburn losgerissen, ich meine, weil ich mit den Männern reden wollte und sie fragen, was passiert sei. Ich lief zu ihnen hin, aber sie wollten nicht mit mir sprechen. Einer schlug mit einer Keule nach mir. Ich drehte mich dann um und wollte weglaufen, aber jetzt weiß ich nicht mehr ... Viburn habe ich noch gesehen. Er hatte ein Rapier in der Hand und lief auf die Männer los ...«
    »Wo ist das alles geschehen?« fragte Junivera.
    »Unten, am Ende des Tals. Ich kann euch hinführen.« Sie sprang auf, taumelte aber benommen zur Seite.
    »Du bleibst hier und rührst dich nicht vom Fleck!« entschied Elgor. »Larix, du bleibst bei ihr! Kommt, wir werden den Platz schon finden!«
    Wir rannten ins Tal hinab, kletterten über die Steinhalden und hasteten weiter. Am Ende des Tals fanden wir zwei tote Goblins. Im Brustkorb des einen stak das abgebrochene Ende von Viburns Rapier. Der andere lag in einer riesigen Blutlache.
    Sein Hals war genau an der Kehle durchbohrt. Er hielt seine Waffe, einen breiten Säbel, noch in der haarigen Faust. Neben dem anderen Goblin lag eine kurze Keule im Gras. Eine Schleifspur führte vom Kampfplatz weg und verschwand im Wald. Mit gezogenen Waffen folgten wir der Spur.
    »Bei Rondra, vielleicht lebt der Streuner noch!« rief Junivera. »Sonst hätten sie sich nicht die Mühe gemacht, ihn mitzuschleppen!«
    »Sie können nicht schnell vorwärtsgekommen sein, Viburn ist keine leichte Last.«
    Die Spur war deutlich zu sehen. Ich rannte vorwärts und spürte kaum die nassen Zweige, die mir ins Gesicht schlugen. Während wir der Fährte folgten, stieg der Boden unter unseren Füßen beständig an. Offenbar wollten sich die Goblins mit ihrem Gefangenen in den Bergen verkriechen. Je höher wir kamen, desto lichter wurde der Wald – jetzt kamen wir noch besser voran. »Wir kriegen euch! Wir kriegen euch!« keuchte ich bei jedem Schritt.
    Aber wir erwischten sie nicht.
    Wir folgten der Spur bis hinauf in das nackte Felsgestein, und dort haben wir sie verloren. Sie hörte einfach auf, an einer Stelle, wo sich drei schmale Schluchten ineinanderfügen. Natürlich

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