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Die Gabe der Amazonen

Die Gabe der Amazonen

Titel: Die Gabe der Amazonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kiesow
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du? Das weißt du nicht. Aber ich will es dir sagen: Die Magenwände scheiden eine Säure aus, und diese Säure zersetzt alle Speisen, damit sie besser in den Darm passen.«
    »Das ist ja fesselnd.«
    »Und jetzt höre, wann es gefährlich wird!«
    »...?«
    »Wenn dein Magen ganz leer ist, so wie jetzt, dann fällt er in sich zusammen. Die eine Magenwand legt sich gegen die andere, und sie fangen an, sich gegenseitig mit dieser Säure zu übergießen, um einander zu verdauen. Aber kurz bevor es so weit ist, stößt der Magen diese Knurrlaute aus. Das ist seine letzte Warnung!«
    Mir wurde kalt. »Aber ... aber was kann ich dagegen tun?«
    »Du nimmst jetzt deinen Bogen und schießt uns ein anständiges Stück Wild. Vielleicht gibst du dir ein wenig mehr Mühe, jetzt, wo du weißt, daß es um dein Leben geht.«
    Und ob ich mir Mühe gab! Aber es war wie verhext. Ich bekam einfach nichts vor den Bogen. Als ich endgültig umkehren wollte, sah ich, daß gar nicht weit von mir der Wald aufhörte und ich auf grob gepflügtes Ackerland stieß. Ich schlich mich zum Waldrand und erspähte ein geräumiges Holzhaus mit einigen Nebengebäuden. Aus einem Kamin im Haupthaus stieg weißer Rauch auf.
    Bald darauf standen wir alle an dieser Stelle und beratschlagten, was zu tun sei. Mädchen beteiligte sich nicht am Gespräch. Sie starrte fassungslos zu dem Haus hinüber, auf ihrem Gesicht mischte sich Furcht mit Entzücken. »Das ist also ein Haus?«
    Larix winkte ungeduldig ab. »Wir gehen hinüber, klopfen an und fragen, ob sie uns etwas zu essen verkaufen können«, sagte er. »Wo liegt da die Schwierigkeit? Heikel wird's erst, wenn sie uns nichts verkaufen wollen. Dann wird die Begegnung in Unfrieden enden.«
    »Wir sollten allen Menschen aus dem Wege gehen«, widersprach Junivera. »Sie werden uns nur lästige Fragen stellen.«
    Ich schloß mich Larix' Meinung an. »Sollen sie uns doch Fragen stellen – uns werden schon die richtigen Antworten einfallen. Ich glaube kaum, daß unsere Feinde in einem Freibauernhof auf uns lauern.«
    Elgor schüttelte bedenklich den Kopf. »Man kann nie wissen. Du hast gesehen, wie weit sie ihre Fäden ziehen.«
    Unsere Beratung dauerte noch eine Weile. Larix und ich waren für einen Besuch, Elgor und Junivera dagegen. Die Sache stand unentschieden.
    »Seht doch nur!« rief Mädchen und deutete auf das Haus.
    Quer über die Felder rannte ein Mann in hastigen Sätzen dem Haus entgegen; zwanzig Mannslängen hinter ihm sprangen zehn Goblins über die Furchen. Der Mann schrie etwas Unverständliches. Die Haustür öffnete sich, ein zweiter Mann trat heraus, ein dritter kam aus dem Nebengebäude gelaufen. Die Goblins kamen dem Fliehenden langsam näher, aber er würde vor ihnen das Haus erreichen. Ein Goblin blieb stehen, um einen Pfeil auf den Mann abzuschießen, aber er verfehlte sein Ziel. Dann huschte der Verfolger durch die Tür, die beiden anderen Männer sprangen ihm nach, und die Haustür wurde zugeschlagen, worauf die Goblins ein gellendes Wutgeheul anstimmten. Aus einem der schmalen Fenster flog ein Pfeil und bohrte sich in ein Goblinbein. Die äffische Kreatur kippte um. Darauf rannte die ganze Meute außer Schußweite, der Getroffene kroch hinter ihnen her. Ein weiterer Pfeil fiel vor den Goblins auf die Erde, die Meute antwortete mit Hohngelächter.
    Ihr Verhalten kam uns seltsam vor. Sie unternahmen keinen Angriff auf das Haus, zogen sich aber auch nicht zurück. Hin und wieder rannte einer von ihnen mit Bogen und eingelegtem Pfeil ein Stück auf das Haus zu und gab einen hastigen Schuß ab. Die meiste Zeit aber begnügte sich der Haufen damit, Schimpfworte zu rufen und ihr Wasser in Richtung auf das Haus zu spritzen – oder zumindest so zu tun.
    Junivera entdeckte schließlich eine Bewegung an der Hausecke. Dort kroch – im toten Winkel unter den Fenstern – ein weiterer Goblin dicht an die Hauswand gepreßt und schichtete Stroh auf dem Boden auf. Immer wieder schlich er wie eine Schlange davon und tauchte mit neuen Strohbüscheln auf. Endlich zog er einen kleinen Beutel vom Hals und kramte darin herum. Aus der Entfernung konnten wir nicht erkennen, womit er hantierte, aber wir waren sicher, es konnten nur Feuerstein, Stahl und Zunder sein.
    »Wenn wir uns hier einmischen wollen, dann jetzt«, erklärte Elgor.
    »Also gut, wollen wir uns eine Mahlzeit verdienen!« Larix schwang Kaladon durch die Luft, brüllte sein »Für Ingerimm!« und sprang wie ein Hase über die Furchen dem

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