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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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blinzelte abrupt. Die Augen der Frau waren offen, und sie musterte ihn.
    Er machte einen halben Schritt auf sie zu, blieb jedoch bei ihren ersten Worten wie erstarrt stehen.
    »Ich habe die Münze fallen gehört, Hauptmann.«
    Alles Blut wich aus Parans Gesicht. Ein Echo flirrte plötzlich durch seine Erinnerungen. »Eine Münze?«, fragte er. Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Eine sich drehende Münze?« Die Stimmen von Göttern, von toten Männern und Frauen. Das Geheul von Hunden. Vage, unzusammenhängende Erinnerungsfetzen.
    »Sie dreht sich nicht mehr«, erwiderte die Frau. Sie setzte sich auf. »Woran könnt Ihr Euch erinnern?«
    »An wenig genug«, gab der Hauptmann zu, überrascht, dass er die Wahrheit sagte. »Die Puppe wollte mir noch nicht einmal Euren Namen sagen.«
    » Flickenseel. Ich war... hm ... bei Elster und seinem Trupp.« Ein Schleier der Vorsicht schien sich über ihr müdes Gesicht zu legen. Ich sollte auf Euch aufpassen, bis Ihr wieder gesund sein würdet.«
    »Ich glaube, das habt Ihr auch getan«, sagte Paran. »Und ich habe Euch den gleichen Gefallen erwiesen. Somit sind wir quitt, Zauberin.«
    »Das sind wir. Also gut, was nun?«
    Parans Augen weiteten sich. »Ihr wisst es nicht?«
    Flickenseel zuckte die Achseln.
    »Aber das ist doch lächerlich«, rief Paran. »Ich habe überhaupt keine Ahnung, was hier vorgeht. Ich wache auf und finde mich in der Gesellschaft einer halb toten Hexe und einer sprechenden Puppe wieder, und weit und breit gibt es nicht die geringste Spur von meinem neuen Kommando. Sind Elster und seine Leute schon nach Darujhistan aufgebrochen?«
    »Mit allzu vielen Antworten kann ich Euch leider nicht dienen«, murmelte Flickenseel. »Alles, was ich Euch sagen kann, ist dies: Der Sergeant wollte, dass Ihr lebt, weil er wissen will, wer versucht hat, Euch zu ermorden. Wir alle wollen es wissen, um ehrlich zu sein.« Sie verstummte, sah ihn erwartungsvoll an.
    Paran musterte ihr rundes, geisterhaft blasses Gesicht. Es war etwas an ihr, das ihre physische Weltlichkeit außer Acht zu lassen schien, ja, sie geradezu überwältigte, und der Hauptmann stellte überrascht fest, dass er in ungewohnter Weise auf sie reagierte. Sie hatte ein freundliches Gesicht, und er konnte sich nicht erinnern, wann er so etwas zum letzten Mal gesehen hatte. Es brachte ihn aus dem Gleichgewicht, und nur Flickenseel war da, um ihn zu stützen. Das gab ihm das Gefühl, als würde er eine Spirale hinuntersteigen, in deren Mitte sich die Zauberin befand. Aber stieg er sie wirklich hinunter? Vielleicht war es auch ein Aufstieg. Er war sich nicht sicher, und diese Unsicherheit machte ihn argwöhnisch.
    »Ich kann mich an gar nichts erinnern«, sagte er. Und das war noch nicht einmal eine richtige Lüge, obwohl es ihm in diesem Moment, als sie ihn unter schweren Lidern unverwandt anstarrte, so vorkam.
    »Ich glaube, sie waren zu zweit«, fügte Paran trotz seiner Zweifel hinzu. »Ich kann mich an ein Gespräch erinnern, obwohl ich tot war. Glaube ich zumindest.«
    »Aber Ihr habt eine sich drehende Münze gehört«, sagte Flickenseel.
    »Ja«, antwortete er, einigermaßen verwundert. Und noch mehr... Ich bin an einen Ort gekommen - gelbes, höllisches Licht, ein vielstimmiges Stöhnen, ein Totenkopf...
    Flickenseel nickte gedankenverloren, als hätte sich ein Verdacht bestätigt. »Ein Gott hat sich eingemischt, Hauptmann Paran. Er hat Euch das Leben zurückgegeben. Ihr glaubt vielleicht, das wäre zu Euren Gunsten geschehen, doch ich fürchte, es hatte ganz und gar nichts mit Selbstlosigkeit zu tun. Könnt Ihr mir folgen?«
    »Ich werde benutzt«, stellte Paran sachlich fest.
    Sie hob eine Augenbraue. »Und das stört Euch nicht?«
    Paran zuckte die Schultern und drehte sich zur Seite. »Das ist nichts Neues«, murmelte er.
    »Ich verstehe«, sagte sie ruhig. »Dann hat Elster also Recht gehabt. Ihr seid nicht einfach nur irgendein neuer Hauptmann, Ihr seid sehr viel mehr.«
    »Das ist meine Sache«, schnappte Paran. Noch immer sah er sie nicht an. Schließlich drehte er sich um; sein Gesichtsausdruck war düster. »Und welche Rolle spielt Ihr in dieser Sache? Ihr habt für mich gesorgt. Warum? Um Eurem Gott zu dienen?«
    Flickenseel lachte, doch es klang mehr wie ein Bellen. »Schwerlich. Und ich habe auch nicht besonders viel für Euch getan. Oponn hat sich darum gekümmert.«
    Paran versteifte sich. »Oponn?« Die Zwillinge, Bruder und Schwester, die Zwillinge des Zufalls. Er, der

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