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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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den Blick auf den reglosen Körper gerichtet. Ein leuchtendes Schimmern hüllte ihn ein. Als der Körper verschwand, fluchte Ozelot. »Irgendeine Art von Rückruf-Zauber«, sagte er. Plötzlich erschien der Meister seines Clans vor Rallick. Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse, während er nach oben starrte. »Wir haben die Falle gestellt und sind am Ende selbst tot.«
    Rallick antwortete nicht. Er griff sich über die Schulter, zog den Bolzen heraus und warf ihn weg. Die Fallensteller saßen jetzt selbst in der Falle, das war richtig, doch er war sich sicher, dass der Mann, der ihm gefolgt war, nichts mit diesen Neuankömmlingen zu tun hatte. Er drehte sich um und blickte zu dem Dach hinüber, auf dem sein Verfolger gesteckt hatte. Noch während er hinübersah, gab es einen gelbroten Lichtblitz und einen doppelten Donnerschlag, und im gleichen Augenblick sah Rallick einen schattenhaften Umriss an der Dachkante, der sich gegen einen Angriff von vorn verteidigte. Der Lichtblitz erlosch, und es blieb nur Dunkelheit.
    »Magie«, flüsterte Ozelot. »Und zwar mächtig starke. Komm, wir machen, dass wir hier wegkommen.«
    Sie verzogen sich schleunigst, kletterten hinunter in den Hof des Warenhauses.
     
    Seit sie sie erkannt hatte, konnte Leida den fetten kleinen Mann und den Träger der Münze ohne Mühe ausfindig machen. Eigentlich hatte sie vorgehabt, Kruppe zu beschatten, nachdem sie Kalam und den Schnellen Ben verlassen hatte, doch stattdessen hatte sie irgendetwas zu dem Jungen hingezogen. Ein Verdacht, ein Gefühl, dass seine Taten - zumindest im Augenblick - wichtiger waren als Kruppes Umherstreifen.
    Der Träger der Münze war der letzte Einfluss, den Oponn in diesem Spiel hatte, und sein wichtigster Spieler. Bis jetzt hatte sie ihre Sache hervorragend gemacht und die anderen potentiellen Spieler eliminiert - Männer wie Hauptmann Paran, der der Adjutant der Mandata gewesen war und somit auch ein Diener der Imperatrix. Und da war der Anführer der Klaue in Fahl gewesen, der, den sie garottiert hatte. Auf ihrem Weg zu den Brückenverbrennern waren auch noch andere beseitigt worden, jedoch nur, soweit es notwendig gewesen war.
    Sie wusste, dass der Junge sterben musste, doch irgendetwas in ihr schien gegen diese Schlussfolgerung anzukämpfen, und das war ein Teil von ihr, den sie nicht erkannte. Sie war übernommen worden, hatte vor zwei Jahren auf einer Küstenstraße ihr Dasein als Mörderin begonnen. Der Körper, in dem sie sich befand, war brauchbar, angemessen unbeschädigt von den Ereignissen eines dramatischen Lebens - der Körper eines jungen Mädchens; eines jungen Mädchens, dessen Verstand keine Chance gegen die Macht gehabt hatte, die ihn überwältigt, ja, ausgelöscht hatte.
    Doch war er wirklich ausgelöscht? Was hatte die Münze in ihrem Innern berührt? Und wessen Stimme war es, die mit solcher Macht und Entschlossenheit in ihrem Kopf sprach? Das war ihr früher schon einmal geschehen, als Elster das Wort Seher ausgesprochen hatte.
    Sie versuchte sich verzweifelt daran zu erinnern, ob sie in den letzten zwei Jahren mit einem Seher zu tun gehabt hatte, doch es wollte ihr nicht das Geringste einfallen.
    Sie zog ihren Umhang enger um die Schultern. Den Jungen zu finden war leicht gewesen, doch was er vorhatte, war etwas ganz anderes. Oberflächlich betrachtet sah es aus wie ein ganz gewöhnlicher Diebstahl. Crokus hatte in einer Seitengasse gestanden und das beleuchtete Fenster im dritten Stock einer Stadtvilla beobachtet; er hatte gewartet, bis das Licht gelöscht worden war. Da sie in unnatürliche Schatten gehüllt war, hatte er sie nicht gesehen, als er die glatte Wand erklommen hatte, an der sie lehnte. Er kletterte beeindruckend gut, anmutig und gekonnt.
    Nachdem er weg war, fand sie einen neuen Aussichtspunkt, der ihr freie Sicht auf den Balkon des betreffenden Raums und die Schiebetüren gewährte. Dazu war es allerdings notwendig gewesen, den Garten des Hauses zu betreten. Aber es war nur eine einzige Wache dagewesen, die hier patrouilliert hatte. Sie hatte sie ohne Mühe getötet und stand nun unter einem Baum, den Blick auf den Balkon gerichtet.
    Crokus hatte ihn bereits erreicht, hatte das Schloss geöffnet und das dahinterliegende Zimmer betreten. Er war ziemlich gut, wie sie zugeben musste. Doch welcher Dieb würde dann fast eine halbe Stunde in dem Raum verbringen, den er ausraubte? Eine halbe Stunde, und er war immer noch dort. Sie hatte keinen Alarm gehört, und es waren auch keine

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