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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Lichter in den Räumen hinter den anderen Fenstern des Hauses angegangen. Es war nichts geschehen, was darauf hingedeutet hätte, dass etwas schief gegangen wäre. Was machte Crokus also noch da drin?
    Leida erstarrte. In einem anderen Teil Darujhistans war gerade Zauberei aufgeblüht, und ihr Geschmack war ihr bekannt. Sie zögerte, wusste nicht, wie sie sich entscheiden sollte. Den jungen Burschen verlassen und diese neue, tödliche Emanation untersuchen? Oder hier bleiben, bis Crokus entweder wieder auftauchte oder entdeckt wurde?
    Dann sah sie etwas hinter den Schiebetüren, das ihre Unentschlossenheit beendete.
     
    Der Schweiß rann Crokus übers Gesicht, so dass er ihn sich immer wieder aus den Augen wischen musste. Er hatte die neuen Alarmeinrichtungen überwunden - die auf dem Balkon sowie einen Zugdraht am Riegel - und schlich jetzt zum Schminktischchen. Als er dort angekommen war, erstarrte er, war einen Augenblick vollkommen unfähig, sich zu bewegen. Ich Idiot! Was tue ich eigentlich hier?
    Er lauschte auf ihre leisen, gleichmäßigen Atemzüge - wie der Atem eines Drachen - und war sicher, dass er den Lufthauch im Nacken spüren konnte. Crokus blickte auf und starrte sein Spiegelbild im Schminkspiegel finster an. Was geschah mit ihm? Wenn er hier nicht bald wieder verschwand ... Er begann, den Inhalt des Beutels auszupacken. Als er damit fertig war, blickte er wieder sein Gesicht im Spiegel an - und entdeckte dahinter ein anderes, ein rundes, blasses Antlitz, das ihn vom Bett her beobachtete.
    Das Mädchen sprach ihn an. »Wenn du sowieso schon alles zurücklegst, könntest du es eigentlich auch ordentlich tun«, flüsterte sie. »Mein Schminkdöschen gehört auf die linke Seite des Spiegels, die Bürste kommt nach rechts. Hast du auch meine Ohrringe dabei? Lass sie einfach auf dem Nachttisch liegen.«
    Crokus stöhnte. Er hatte sogar vergessen, sein Gesicht zu tarnen.
    »Verhaltet Euch ruhig«, knurrte er. »Ich habe alles zurückgebracht, und jetzt werde ich verschwinden. Verstanden?«
    Das Mädchen wickelte sich in ihre Decken und rutschte zum Ende des Bettes. »Drohungen sind hier nutzlos, Dieb«, sagte sie. »Ich brauche nur zu schreien, und Sekunden später wird der Wachhauptmann meines Vaters hier auftauchen. Willst du mit ihm die Klinge kreuzen - dein Dolch gegen sein Kurzschwert?«
    »Nein«, sagte Crokus. »Ich würde ihn stattdessen Euch an die Kehle halten. Mit Euch als Geisel, mit Euch zwischen mir und dem Wachposten - wird er da noch seine Klinge schwingen? Das erscheint mir wenig wahrscheinlich.«
    Das Mädchen erbleichte. »Als Dieb würdest du deine Hand verlieren. Doch wenn du eine Hochgeborene entführst, bedeutet das für dich den Hochgalgen.«
    Crokus versuchte sich an einem gleichgültigen Schulterzucken. Er blickte zum Balkon, schätzte ab, wie lange er brauchen würde, um hinaus und dann aufs Dach zu kommen. Der neue Stolperdraht war eine Plage.
    »Bleib, wo du bist«, befahl das Mädchen. »Ich zünde eine Laterne an.«
    »Warum?«, wollte Crokus nervös wissen.
    »Um dich besser sehen zu können«, kam die Antwort, und dann durchflutete Licht von der Laterne in ihrem Schoß den Raum.
    Crokus blickte sie finster an. Er hatte nicht gesehen, dass sie die Laterne so nah bei der Hand gehabt hatte. Sie machte seine Pläne schneller zunichte, als er sie schmieden konnte. »Was habt Ihr davon, wenn Ihr mich besser sehen könnt?«, knurrte er. »Ruft einfach Eure verdammten Wachen und lasst mich gefangen nehmen. Bringen wir es hinter uns.« Er zog den seidenen Turban aus seinem Hemd und ließ ihn auf das Tischchen fallen. »Das ist jetzt alles«.
    Das Mädchen warf einen Blick auf den Turban und zuckte kaum merklich die Achseln. »Das sollte ein Teil meines Kostüms für das Gedderone-Fest sein«, sagte sie. »Ich habe inzwischen ein schöneres gefunden.«
    »Was«, zischte er, »habt Ihr mit mir vor?«
    Für einen kurzen Augenblick huschte angesichts seines verzweifelten Ausbruchs ein Ausdruck von Furcht über ihr Gesicht, doch dann lächelte sie wieder. »Ich will wissen, warum ein Dieb, dem es gelungen war, meine Juwelen zu stehlen, sie nun plötzlich wieder zurückbringt. Das ist nicht das, was Diebe normalerweise tun.«
    »Aus gutem Grund«, murmelte er. Die Worte galten mehr ihm selbst als ihr. Er trat einen Schritt vor und blieb stehen, als sie mit geweiteten Augen auf ihrem Bett zurückzuckte. Crokus hob eine Hand. »Entschuldigung; ich wollte Euch keine Angst machen, nur ...

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