Die Gärten des Mondes
ihm. »Viel Glück, Nom.«
»Glück gibt's nicht umsonst«, murmelte Rallick, als er um die Ecke bog und die Stufen hinaufstieg.
Er blieb gleich hinter dem Eingang stehen und ließ den Blick über die Menge schweifen. Ein paar Fremde, allerdings nicht so viele, dass er sich Sorgen gemacht hätte. Sein Blick glitt über den Mann, der an Kruppes Tisch saß. Er musste fast zweimal hinschauen, so unauffällig sah der Bursche aus. Dann schritt Rallick direkt auf den Mann zu, und die Menge teilte sich vor ihm - etwas, das ihm nie zuvor aufgefallen war. Leicht amüsiert starrte er den Mann an, bis der Fremde ihn bemerkte. Sie wechselten einen Blick, obwohl der Mann nichts anderes tat, als einen Schluck aus seinem Bierkrug zu nehmen und ihn vorsichtig wieder auf den Tisch zu stellen.
Rallick nahm sich einen Stuhl und ließ sich gegenüber dem Mann nieder. »Ich bin Rallick Nom.«
Der Mann hatte etwas Gediegenes an sich, eine Art beruhigende Zuversicht. Rallick spürte, wie er sich ganz im Gegensatz zu seiner sonst üblichen Vorsicht entspannte. Die ersten Worte des Mannes sorgten allerdings dafür, dass sich das schnell wieder änderte.
»Der Aal hat eine Nachricht für Euch«, sagte der Fremde leise. »Direkt, und nur mündlich. Bevor ich sie Euch mitteile, muss ich Euch über die Hintergründe informieren - was nur ich allein kann.« Er machte ein Pause, um einen Schluck zu trinken, und fuhr dann fort. »Mittlerweile hat Turban Orr ein weiteres Dutzend Jäger angeheuert. Wen jagen sie? Nun, mich zum Beispiel. Euer Problem ist, dass es immer schwieriger wird, ihn zu erwischen. Der Aal billigt Eure Bemühungen hinsichtlich Lady Simtal. Alle im Stadtrat, denen Integrität und Ehre etwas bedeuten, wünschen sich, dass Coll wieder zurückkehrt. Wenn Ihr irgendetwas benötigt, sagt es jetzt, und Euer Wunsch wird Euch erfüllt.«
Rallicks Augen wurden hart. »Hab gar nicht gewusst, dass Murillio so eine große Klappe hat«, sagte er.
Der Mann schüttelte den Kopf. »Euer Kamerad hat nichts erzählt. Genauso wenig wie Ihr. Es ist das Geschäft des Aals, zu wissen, was los ist. Also, was braucht Ihr?«
»Nichts.«
»Gut.« Der Mann nickte zufrieden, als hätte er diese Antwort erwartet. »Nebenbei bemerkt sind Turban Orrs Bemühungen, Zustimmung für die Proklamation zu erhalten, etwas hmm ... behindert worden. Bis auf unbestimmte Zeit. Der Aal möchte Euch für Eure unwissentliche Rolle in dieser Angelegenheit danken. Ratsherr Orr denkt inzwischen über andere Optionen nach. Er ist intensiv beschattet worden. Daher unsere glückliche Entdeckung - das Herzstück jener Nachricht, die der Aal Euch schickt. Letzte Nacht hat Turban Orr beim Wachtturm des Despoten einen Repräsentanten der Assassinen-Gilde getroffen - dass er das überhaupt geschafft hat, war schon eine Leistung, wenn man bedenkt, wie schwer Eure Kameraden in letzter Zeit zu finden waren. Wie auch immer, Turban Orr hat einen Kontrakt angeboten.« Der Mann wartete, bis der Schock aus Rallicks Gesicht verschwunden war, und fuhr dann fort. »Der Kontrakt wurde von Turban Orr angeboten, wie ich gesagt habe, aber nicht in seinem Namen. Vielmehr hat Lady Simtal entschieden, dass Coll in der wirklichen Welt genauso tot sein sollte, wie er es auf dem Papier bereits ist.«
»Wer?« Rallick krächzte. »Wer war der Kontaktmann?«
»Darauf komme ich gleich. Zuvor will ich noch sagen, dass der Kontrakt angenommen wurde, denn die Bezahlung ist sehr gut. Sie wissen, dass Coll sich im Moment nicht in Darujhistan befindet. Sie warten einfach, bis er zurückkommt.«
»Der Name des Assassinen.«
»Ozelot.« Der Mann stand auf. »Der Aal wünscht Euch Erfolg bei all Euren Unternehmungen, Rallick Nom. So endet die Nachricht. Einen schönen Abend noch.« Er drehte sich um und wollte gehen.
»Wartet.«
»Ja?«
»Ich danke Euch«, sagte Rallick. Der Mann lächelte und ging.
Der Assassine setzte sich auf den Stuhl des Mannes und lehnte sich gegen die Wand. Er winkte Salli, die einen Krug mit Bier und ein Henkelglas bereitstehen hatte. Sie kam eilig herüber. Hinter ihr tauchten wesentlich gemächlicher Irilta und Mira auf. Beide hielten ein Glas in der Hand und setzten sich ohne große Umschweife an den Tisch.
»Es atmen noch alle«, sagte Irilta und hob ihr Glas. »Darauf wollen wir trinken.«
Auch Mira hob ihr Glas, und die beiden Frauen nahmen einen großen Schluck. Dann beugte Mira sich vor. »Irgendwas Neues von Kruppe und dem Jungen?«
Rallick schüttelte den Kopf.
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