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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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liegt an Euch, ob Ihr lügen wollt oder nicht.«
    »Ich nehme an, das beruht auf Gegenseitigkeit, nicht wahr?«, erwiderte Paran. »Ihr wollt meine Geschichte hören, Coll? Schön, hier ist sie: Ich bin aus der malazanischen Armee desertiert, in der ich den Rang eines Hauptmanns innehatte. Ich habe auch etliche Male mit der Klaue zusammengearbeitet, und wenn ich so zurückschaue, dann hat genau da auch der ganze Ärger angefangen. Sei's drum, es ist vorbei.« Oh, da ist noch eine Kleinigkeit: Menschen, die mir nahe kommen, bleiben normalerweise irgendwann auf der Strecke.
    Coll schwieg. Seine Augen waren unverwandt auf den Mann ihm gegenüber gerichtet und glitzerten im Schein des Feuers. Dann blies er die Backen auf und atmete deutlich hörbar aus. »So viel Offenheit ist fast schon eine Herausforderung...« Er starrte ins Feuer, ließ sich dann auf die Ellbogen zurücksinken und hob sein Gesicht den Sternen entgegen, die jetzt über ihnen erschienen. »Ich war früher ein Adliger in Darujhistan, der letzte Sohn einer alteingesessenen, mächtigen Familie. Ich stand kurz vor einer arrangierten Heirat, verliebte mich dann aber in eine andere Frau - eine ehrgeizige Frau mit Ambitionen, was ich jedoch damals nicht erkannt habe.« Er lächelte gequält. »In Wirklichkeit war sie eine Hure, nur waren die meisten Huren, die ich getroffen habe, ziemlich bodenständig, wohingegen sie die verderbteste Seele war, die man sich nur vorstellen kann.«
    Er wischte sich mit einer Hand über die Augen. »Sei's drum, ich habe mich meinen Verpflichtungen verweigert und die arrangierte Hochzeit platzen lassen. Ich glaube, es hat meinen Vater umgebracht, dass ich stattdessen Aystal geheiratet habe - das war der Name der Hure, den sie allerdings bald darauf geändert hat.« Er lachte rau zum Nachthimmel hinauf. »Sie hat nicht lange gefackelt. Ich weiß immer noch nicht genau, wie sie es im Einzelnen gemacht hat, wie viele Männer sie in ihr Bett geholt hat, um sich ihren Einfluss zu kaufen, oder wie sie es sonst angestellt haben. Ich weiß nur, dass ich eines Morgens aufwachte und meinen Titel, ja, sogar meinen Familiennamen los war. Der Familiensitz gehörte ihr, das Geld gehörte ihr, alles gehörte ihr - und mich, mich brauchte sie nicht mehr.«
    Die Flammen leckten über das trockene Holz zwischen ihnen. Paran sagte nichts. Er spürte, dass von dem Mann gegenüber noch mehr kommen würde, und dass Coll damit rang.
    »Aber das war nicht der schlimmste Verrat, Paran«, sagte er endlich und sah dem Hauptmann in die Augen. »Oh, nein. Der kam, als ich davongelaufen bin. Ich hätte gegen sie kämpfen können, und vielleicht hätte ich sogar gewonnen.« Seine Kiefermuskeln spannten sich - der einzige Hinweis auf seine innere Qual, den er nicht unter Kontrolle hatte -, dann sprach er mit flacher, tonloser Stimme weiter. »Bekannte, die ich seit Jahrzehnten kannte, haben einfach durch mich hindurchgeschaut. Für alle war ich tot. Sie haben beschlossen, mich nicht zu hören. Sie sind einfach an mir vorbeigegangen, sie sind noch nicht einmal ans Tor ihres Familiensitzes gekommen, wenn ich sie aufgesucht habe. Ich war tot, Paran, selbst die Urkunden der Stadt haben das behauptet. Und daher habe ich ihnen zugestimmt. Ich bin weggegangen. Verschwunden. Es ist eine Sache, Freunden gegenü- berzustehen, die dein Dahinscheiden betrauern. Aber es ist eine ganz andere, dein eigenes Leben zu verraten. Doch wie Ihr schon gesagt habt, Paran, es ist vorbei.«
    Der Hauptmann schaute zur Seite, blinzelte in die Finsternis. Was ist das nur für ein menschlicher Trieb, fragte er sich, der uns zu solchen Verwüstungen führt? »Die Spiele der Adligen«, sagte er leise, »umspannen die Welt. Ich wurde genau wie Ihr als Adliger geboren. Doch in Malaz hatten wir im alten Imperator unseren Meister gefunden. Er hat uns auf Schritt und Tritt unterdrückt, bis wir uns wie geprügelte Hunde geduckt haben, viele Jahre lang. Aber es war nur eine Frage der Macht, nicht?«, sagte er, eigentlich mehr zu sich selbst als zu dem Mann, mit dem er das Lagerfeuer teilte. »Es gibt keine Lektionen, die es einem Adligen wert gewesen wären, auf sie Acht zu geben. Wenn ich auf meine Jahre in jener verschrobenen, hungrigen Gesellschaft zurückblicke - wenn ich jetzt auf jenes Leben zurückblicke, Coll, dann sehe ich, dass es überhaupt kein Leben war.« Er schwieg eine Weile, dann erschien ein kleines Lächeln in seinen Mundwinkeln, und er blickte Coll an. »Seit ich dem

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