Die Gärten des Mondes
malazanischen Imperium den Rücken gekehrt habe und mich ein für alle Mal von den zweifelhaften Privilegien meines adligen Blutes getrennt habe, fühle ich mich so lebendig wie nie zuvor. Früher - das war überhaupt kein richtiges Leben, nur der blasse Schatten dessen, was ich jetzt gefunden habe. Fürchten die meisten von uns vielleicht nur, sich dieser Wahrheit zu stellen?«
Coll grunzte. »Ich bin nicht der scharfsinnigste Mann, dem Ihr je begegnen werdet, Paran, und Eure Gedanken gehen mir etwas zu tief. Aber wenn ich Euch richtig verstehe, dann sitzt Ihr da, seht einen in Stücke gehauenen alten Narren an und erzählt ihm, er wäre am Leben. Ausgerechnet jetzt. So lebendig, wie er nur sein kann. Und was immer er damals verraten hat, wäre gar nicht das richtige Leben gewesen. Ist das so richtig?«
»Sagt Ihr es mir, Coll.«
Der Mann grinste und fuhr sich mit der Hand durch sein schütter werdendes Haar. »Die Sache ist nur, ich will es zurückhaben. Ich will alles zurückhaben.«
Paran brach in schallendes Gelächter aus; er lachte und lachte, bis er Seitenstechen bekam.
Coll saß da und starrte ihn an, und dann stieg tief aus seiner Brust ein leises, rumpelndes Glucksen auf. Er griff hinter sich, packte eine Hand voll Stöcke und warf sie einen nach dem anderen ins Feuer. »Ach, verdammt, Paran«, sagte er, während Lachfältchen um seine Augen erschienen, »Ihr seid wie ein von den Göttern gesandter Lichtblitz aus heiterem Himmel zu mir gekommen. Ich weiß das zu würdigen. Ich weiß das mehr zu würdigen, als Ihr jemals wissen werdet.«
Paran wischte sich die Tränen aus den Augen. »Beim Atem des Vermummten«, sagte er. »Zwei alte Schlachtmulis, die zusammenhocken und miteinander plaudern, was?«
»Ich schätze, so ist es, Paran. Also wenn Ihr in meinen Packen schaut, werdet Ihr einen Krug mit Wein aus Sorgenstadt finden. Er ist gerade mal eine Woche alt.«
Der Hauptmann stand auf. »Und das bedeutet?«
»Das bedeutet, es wird höchste Zeit für ihn.«
Sechstes Buch - Die Stadt des blauen Feuers
Gerüchte wie zerfetzte Fahnen
im Wind knatternd und widerhallend
in den Straßen dort unten
erzählten die Geschichte von den Tagen ... ,
's wurde gesagt, dass ein Aal ans Ufer geschlüpft sei,
oder nicht einer sondern tausend,
unter einem zerklüfteten Mond, der tot sein mochte,
's wurde gesagt, dass eine Klaue langsam
über die Pflastersteine der Stadt kratzte, selbst als
ein Drache gesehen wurde,
wie er silbern und schwarz hoch am Nachthimmel dahinglitt.
's wurde, sagen sie, auf den Dächern
der Todesschrei eines Dämons gehört,
in einer Nacht des Blutes,
als des Meisters hundert Hände
einhundert Dolche ins Dunkel entließen,
und 's ward erzählt, dass eine Dame
in der Maske einer Hochgeborenen ungebetenen Gästen
ein Fest geboten, an das sie sich erinnern sollten ...
Gerüchteweise
Fisher (geb. ?)
Kapitel Siebzehn
Nur wenige können
die dunkle Hand sehen,
die den Splitter
in die Höhe hält, oder
die gekerbten Ketten,
denen es bestimmt war,
vor dem Todesröcheln gehört zu werden,
doch höre auf das Rad
der Günstlinge und Gefangenen,
die den Namen des Herrn
im dunklen Herzen
von Mondbrut
stöhnen ...
Silberfuchs
Vorreiter Hurlochel
A ls Rallick Nom die Gasse verließ, um zum Phoenix hinüberzugehen, trat eine große, stämmige Frau aus einer im Schatten liegenden Nische und stellte sich ihm in den Weg. Er zog eine Augenbraue hoch. »Was willst du, Mira?« »Was ich will, ist nicht weiter wichtig.« Sie grinste einladend. »Außerdem weißt du das schon seit Jahren. Wie auch immer, ich bin gekommen, um dir was zu sagen, Nom. Also reg dich ab.« Er verschränkte die Arme und wartete.
Mira warf einen misstrauischen Blick in die Gasse und beugte sich dann ganz nah zu dem Assassinen. »Da ist einer in der Kneipe, der nach dir gefragt hat. Er hat deinen Namen genannt.«
Überrascht richtete sich Rallick auf. »Wie sieht er denn aus?«, fragte er ungerührt.
»Wie ein Soldat ohne Uniform«, erwiderte Mira. »Ich hab ihn noch nie gesehen. Also, was denkst du, Nom?«
Er sah beiseite. »Gar nichts. Wo sitzt er?«
Mira grinste schon wieder. »An Kruppes Tisch. Vertrautes Gelände. Ist das nicht schön?«
Rallick ging an der Frau vorbei auf das Gasthaus zu. Als sie ihm folgen wollte, hob er abwehrend die Hand. »Warte noch eine Minute, bevor du reinkommst, Mira«, sagte er, ohne sich umzudrehen. »Wo ist Irilta?«
»Drinnen«, erklang es hinter
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