Die Gärten des Mondes
und wenn er bricht, sollte sich das Imperium in Acht nehmen. Soldaten aus dem Reich der Sieben Städte, die eingeschlossenen Geister der unbesiegbaren Besiegten...
Tayschrenn winkte ihr und den anderen Magiern. Flickenseel stand auf, gefolgt von Calot. Locke blieb sitzen, die Augen geschlossen, als schliefe er.
»Was meine Versetzung betrifft...«, sagte Calot zu Dujek.
»Später«, brummte die Hohefaust. »Wenn man nur noch einen Arm hat, ist Papierkram der reinste Albtraum.« Er blickte seine Kader-Magier an und wollte noch etwas hinzufügen, doch Calot kam ihm zuvor.
» Anomandaris.«
Locke riss die Augen auf, sah Tayschrenn mit offensichtlichem Vergnügen an.
»Ahh«, sagte er in die Stille hinein, die auf dieses eine Wort folgte. »Natürlich. Drei weitere Hohemagier? Nur drei?«
Flickenseel starrte in Dujeks bleiches, unbewegtes Gesicht. »Das Gedicht... jetzt erinnere ich mich«, sagte sie ruhig.
»Caladan Bruth, stark wie ein Menhir,
der den Winter bringt, begraben und bar allen Leids ...‹«
Calot steuerte die nächsten Zeilen bei.
»›... in einem Grab, der Worte beraubt,
und in seinen Händen, die Ambosse zerschmettert haben —‹«
Flickenseel fuhr fort:
»›ruht der Hammer seines Liedes - er schläft, so gebt denn allen stumme Warnung -
weckt ihn nicht.
Weckt ihn nicht.‹«
Als die letzten Worte verklungen waren, starrten alle Flickenseel an. »Er scheint aufgewacht zu sein«, sagte sie. Ihr Mund war plötzlich trocken. »›Anomandaris‹, das Epos von Fisher Keltath.«
»Das Epos handelt nicht von Caladan Bruth«, sagte Dujek mit gefurchter Stirn.
»Nein«, gab sie zu. »Es handelt vor allem von seinem Gefährten.«
Locke stand langsam auf. Er trat ganz nah an Tayschrenn heran. »Anomander Rake, der Lord der Tiste Andii, die die Seelen der Sternenlosen Nacht sind. Rake, die Mähne des Chaos. Er ist es, der über Mondbrut herrscht, und Ihr wollt ihm vier Hohemagier und einen einzigen Kader entgegenstellen.«
Tayschrenns glattes Gesicht war nun von einem dünnen, kaum wahrnehmbaren Schweißfilm überzogen. »Die Tiste Andii«, sagte er mit kühler Stimme, »sind nicht wie wir. Euch mögen sie unberechenbar erscheinen, aber das sind sie nicht. Sie sind anders. Sie verfolgen kein eigenes Ziel. Sie ziehen einfach von einem menschlichen Drama zum nächsten. Glaubt Ihr wirklich, Anomander Rake wird bleiben und kämpfen?«
»Ist Caladan Bruth etwa zurückgewichen?«, schnappte Locke.
»Er ist kein Tiste Andii, Locke. Er ist ein Mensch - einige sagen auch, dass Barghast-Blut in seinen Adern fließt. Auf alle Fälle ist es nicht das Blut der Älteren, und er besitzt auch keine ihrer Eigenschaften.«
»Ihr verlasst Euch darauf, dass Rake die Magier von Fahl im Stich lässt - dass er den Pakt mit ihnen bricht«, sagte Flickenseel.
»Das Risiko ist nicht so groß, wie es vielleicht scheinen mag«, erwiderte der Hohemagier. »Bellurdan hat Nachforschungen in Genabaris angestellt, Zauberin. In einer Bergfeste jenseits des Schwarzhundwaldes sind ein paar neue Schriftrollen von Gothos' Narretei entdeckt worden. Von diesen Schriftstücken befassen einige sich auch mit den Tiste Andii - und anderen Völkern der älteren Zeit. Und außerdem, erinnert Euch: Mondbrut hat sich schon einmal einer direkten Konfrontation mit dem Imperium entzogen.«
Flickenseel bekam weiche Knie, als eine Woge der Furcht sie durchströmte. Sie ließ sich wieder auf den Stuhl fallen, so schwer, dass er protestierend quietschte. »Wenn Euer Plan nicht aufgeht, habt Ihr uns zum Tode verurteilt«, sagte sie. »Und nicht nur uns, Hohemagier, sondern Einarms ganzes Heer.«
Tayschrenn wandte sich langsam um, kehrte Locke und allen anderen den Rücken. »Es ist ein Befehl von Imperatrix Laseen«, sagte er, ohne sich umzudrehen. »Unsere Kollegen kommen mittels der Gewirre hierher. Sobald sie eingetroffen sind, werde ich Euch unsere genaue Aufstellung mitteilen. Das ist alles.« Er ging zurück ins Kartenzimmer und nahm wieder die frühere Haltung ein.
Dujek schien vor Flickenseels Augen gealtert zu sein. Rasch schaute sie wieder weg; sie fürchtete zu sehr, dem Ausdruck von Verlassenheit zu begegnen, der sich in seinen Augen spiegelte - und dem Argwohn, der unter der Oberfläche lauerte. Feigling. Das ist es, was du bist, Weib - ein Feigling.
Schließlich räusperte sich die Hohefaust. »Macht euch bereit, Kader. Wie immer, ein Geschäft auf Gegenseitigkeit.«
Eines musste man dem
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