Die Gärten des Mondes
flossen, um auf Mondbrut einzuhämmern, und magische Energie wahllos und vernichtend herunterregnete. Erde erhob sich auf donnernden Säulen himmelwärts. Felsstücke bahnten sich ihren Weg durch die Reihen der Soldaten, als würden heiße Steine sich durch eine Schneewächte bohren. Asche regnete herab und bedeckte Lebende und Tote gleichermaßen. Der Himmel verfärbte sich zu einem blassen Rosa, und die Sonne war nur noch eine kupferne Scheibe hinter den Dunst und Staubschleiern.
Sie sah, wie eine Woge Lockes Verteidigung durchbrach und ihn in zwei Teile schnitt. Sein Schrei verriet mehr Wut als Schmerz und wurde auch sofort erstickt, als eine bösartige Macht über Flickenseel hinwegwogte und sie sich plötzlich dem kalten, kreischenden Willen der Magie gegenübersah, die ihre Verteidigung bestürmte und sie zu zerstören versuchte. Sie wich zurück, wurde von Calot gestützt, der seine Mockra-Macht einsetzte, um ihre kurz vor dem Zusammenbruch stehende Abwehr zu stärken. Dann war der Angriff vorbei, wogte weiter und links von ihnen den Hügel hinunter.
Flickenseel war auf die Knie gesunken. Calot stand über ihr, wob Worte der Macht um sie herum; sein Gesicht war nicht auf Mondbrut gerichtet, sondern auf irgendetwas oder irgend jemanden unten in der Ebene. Seine Augen waren vor Entsetzen weit aufgerissen.
Viel zu spät begriff Flickenseel, was geschah. Calot verteidigte sie auf Kosten seines eigenen Schildes. Eine letzte Tat, selbst dann noch, als er seinen eigenen Tod um sich herum auflodern sah. Ein blendender Feuerstrahl hüllte ihn ein. Schlagartig verschwand das schützende Netz, das Calot über Flickenseel gewoben hatte. Ein Schwall unglaublicher Hitze von der Stelle, an der Calot noch kurz zuvor gestanden hatte, schleuderte Flickenseel zur Seite. Sie spürte ihren Schrei mehr, als dass sie ihn hörte, und auch das letzte bisschen schützende Distanz, das sie sich bisher bewahrt hatte, schrumpfte zusammen, wurde ausgelöscht.
Dreck und Asche spuckend, mühte Flickenseel sich auf die Beine und kämpfte weiter. Sie gab sich keine Mühe mehr, selbst einen Angriffszauber zu wirken, sondern kämpfte nur noch darum, am Leben zu bleiben. Irgendwo in ihrem Hinterkopf schrie pausenlos eine drängende, panikerfüllte Stimme. Calot hatte auf die Ebene geblickt,
nicht auf Mondbrut. Er hatte in die richtige Richtung gesehen - Locke wurde von der Ebene aus angegriffen!
Sie sah, wie ein Kenryllah-Dämon neben Nachtfrost auftauchte. Mit schrillem Lachen riss die riesige, ausgemergelte Kreatur die Magierin in Stücke. Sie hatte schon zu fressen begonnen, als Bellurdan sie erreichte. Der Thelomen brüllte auf, als der Dämon ihm die messerscharfen, langen Krallen über die Brust zog. Doch er achtete nicht auf die heftig blutenden Wunden, legte seine Hände um den Kopf des Dämons und zermalmte ihn.
A'Karonys schleuderte Flammenkugeln aus dem Stab in seinen Händen nach oben, bis Mondbrut in einem einzigen Feuerball zu verschwinden schien. Dann schlossen sich ätherische Schwingen aus Eis um den kleinwüchsigen, fetten Magier, ließen ihn dort, wo er stand, gefrieren. Einen Augenblick später zerfiel er zu Staub.
Ohne Unterlass regnete ein Sturm magischer Energien auf Tayschrenn herab, der immer noch auf der verwüsteten, geschwärzten Hügelkuppe kniete. Doch er lenkte jede Woge, die auf ihn zukam, zur Seite, zur Ebene, wo sie entsetzliche Verwüstungen unter den Soldaten anrichtete. Trotz des Lärms, der die Luft erfüllte, trotz der Asche und der schrillen Schreie der Raben, der herabregnenden Felsen und des Gebrülls der Sterbenden und Verwundeten, des schaurigen Gekreischs der Dämonen, die sich auf die Reihen der Soldaten warfen - trotz dieser Kakophonie des Entsetzens war das stetige Donnern zu hören, mit dem die Magie des Hohemagiers auf Mondbrut einhämmerte. Riesige, von der Festung abgeschlagene Felsbrocken stürzten brennend in die Stadt, zogen schwarze Rauchsäulen hinter sich her und verwandelten Fahl in einen Hexenkessel aus Chaos und Tod.
Flickenseel dröhnten die Ohren, und sie zitterte, als versuche ihr Fleisch, nach Luft zu schnappen. Daher dauerte es einige Zeit, bis sie bemerkte, dass die magischen Energien verschwunden waren. Selbst die schrille Stimme in ihrem Hinterkopf verstummte schließlich. Sie hob trübe Augen und blickte zu Mondbrut hinüber. Die fliegende Festung war in Rauchschwaden gehüllt und brannte an einem guten Dutzend verschiedener Stellen - und sie bewegte sich, zog sich
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