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Die Gärten des Mondes

Die Gärten des Mondes

Titel: Die Gärten des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Dunkelheit, die den Stuhl einhüllte. »Du bist genauso schlimm wie Tayschrenn, Locke. Sei bloß froh, dass ich mich nicht für deinen Stuhl entschieden habe.«
    Eine Reihe gelber Zähne erschien aus dem Nichts, dann nahm auch der Rest des Magiers Gestalt an, als Locke den Zauber aufhob. Schweißperlen glänzten auf seiner flachen, narbigen Stirn und dem kahl rasierten Schädel. Doch das war nichts Ungewöhnliches; Locke würde selbst in einem Eisloch schwitzen. Er hielt den Kopf ein wenig schräg; der Ausdruck auf seinem Gesicht war eine Mischung aus blasierter Gleichgültigkeit und Verachtung. Er starrte Flickenseel aus seinen kleinen, dunklen Augen an. »Du erinnerst dich doch daran, was das heißt, arbeiten, oder?« Sein Lächeln wurde breiter, was seine zerquetschte, schiefe Nase noch platter aussehen ließ. »Das ist das, was du getan hast, bevor du angefangen hast, dich mit dem lieben Calot auf den Laken zu wälzen. Bevor du weich geworden bist.«
    Flickenseel holte Luft, um etwas zu erwidern, wurde jedoch von Calots schleppender, gelassener Stimme unterbrochen. »Einsam, Locke? Soll ich dir erzählen, dass die Lagerhuren von dir den doppelten Preis verlangen?« Er wedelte mit der Hand, als wolle er unangenehme Gedanken verscheuchen. »Dujek hat nach Nedurians verfrühtem Ableben beim Mottwald nun mal entschieden, dass Flickenseel den Kader kommandieren soll. Das mag dir vielleicht nicht gefallen, aber das ist dann einfach Pech. Es ist der Preis, den du für deine Unentschiedenheit bezahlen musst.«
    Locke beugte sich vor und wischte einen Schmutzfleck von seinen Satinpantoffeln, die - so unglaublich es auch schien - die schlammigen Wege draußen unbeschadet überstanden hatten. »Blindes Vertrauen, mein lieber Kamerad, ist etwas für Narren -«.
    Er verstummte, als die Zeltklappe aufschwang. Hohefaust Dujek Einarm betrat das Zelt. In den Härchen in seinen Ohren klebten noch Reste von Rasierschaum, und der Duft von Zimtwasser wehte hinter ihm her.
    Im Laufe der Jahre hatte Flickenseel begonnen, viel mit diesem Geruch zu verbinden. Sicherheit, Stabilität, einen klaren Verstand. All diese Dinge repräsentierte Dujek Einarm, und das nicht nur für sie, sondern für die ganze Armee, die für ihn kämpfte. Als er jetzt mitten im Raum stehen blieb und die beiden Magier und die Magierin ansah, lehnte sie sich ein wenig zurück und musterte ihn ihrerseits unter halb geschlossenen Lidern. Drei Jahre erzwungener Untätigkeit während der Belagerung schienen wie ein Lebenselixier auf den alternden Mann gewirkt zu haben. Er sah aus, als wäre er fünfzig und nicht neunundsiebzig. Seine grauen Augen waren noch immer scharf und unnachgiebig, sein Gesicht schmal und sonnengebräunt. Er hielt sich sehr aufrecht, was ihn größer erscheinen ließ als seine fünfeinhalb Fuß, und trug schmucklose Lederkleidung, die ebenso vom Schweiß gezeichnet war wie von dem imperialen roten Färbemittel. Der Stumpf seines linken Arms war knapp unterhalb der Schulter mit Lederstreifen umwickelt. Zwischen den Haifischhautriemen seiner napanesischen Sandalen schimmerten seine haarigen, kalkweißen Waden hindurch.
    Calot zog ein Taschentuch aus dem Ärmel und warf es der Hohefaust zu.
    Dujek fing es auf. »Schon wieder? Dieser verdammte Barbier«, brummte er, während er sich die Reste des Rasierschaums abwischte. »Ich könnte wetten, dass er das absichtlich macht.« Er knüllte das Taschentuch zusammen und warf es Calot in den Schoß. »Nun, jetzt sind wir ja alle da. Gut. Zuerst das Übliche. Locke, habt Ihr inzwischen mit den Jungs da unten geredet?«
    Locke unterdrückte ein Gähnen. »Ein Sappeur namens Fiedler hat mich mit reingenommen und rumgeführt.« Er machte eine kurze Pause, um einen Fussel von seinem Brokatärmel zu zupfen, sah Dujek dann fest in die Augen. »Gebt ihnen sechs oder sieben Jahre, dann haben sie die Stadtwälle vielleicht erreicht.«
    »Es ist sinnlos«, sagte Flickenseel, »das habe ich auch in meinem Bericht geschrieben.« Sie warf Dujek einen schiefen Blick zu. »Ich nehme doch wohl an, dass er am Hof der Imperatrix angekommen ist ...«
    »Das Kamel schwimmt noch«, sagte Calot.
    Dujek grunzte, was bei ihm fast gleichbedeutend mit einem Lachen war. »Also gut, Kader, jetzt hört mir mal zu. Zweierlei.« Ein düsterer Ausdruck huschte kurz über seine narbigen Züge. »Erstens: die Imperatrix hat ein Kommando der Klaue geschickt. Die Agenten sind in der Stadt und machen Jagd auf Fahls Magier.«
    Ein Frösteln

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