Die Galerie der Lügen
war trotzdem nicht zufrieden.
»Es ist immer noch zu leise. Am besten du drehst dich um und sagst es ihr selbst. Laut und deutlich.«
Der Mann, der zwei Jahrzehnte lang seinen Namen verleugnet hatte, wandte sich den Kameras zu, doch seine verschiedenfarbigen Augen waren direkt auf Alex gerichtet.
»Nachdem unsere Testlinien endlich Erfolg versprechend verliefen, haben wir mit meiner DNA eine Serie von Eizellen geklont und sie mit einem Cocktail aus mutagenen Substanzen behandelt. Bald fanden wir eine Zygote mit einem doppelten Paar von Geschlechtschromosomen: einen Hermaphroditen. Nachdem wir ihr mittels Viren einige andere Gensequenzen eingebaut hatten, regten wir sie durch elektrische Stimulation zur Teilung an. Bevor der Embryo das Achtzellstadium erreichte, haben wir ihn gesplittet, genauer gesagt, ihm drei Zellen entnommen und sie mit einer künstlichen Schutzhülle versehen. Wir wollten drei verschiedene Linien von Hermaphroditen herstellen, jede mit leicht divergierenden Eigenschaften. Nun stellten wir aber fest, dass der ursprüngliche Embryo sich munter weiter teilte. Also pflanzten wir auch ihn einer Leihmutter ein. Daraus entstandest du, mein Kind.«
Alex kam sich vor wie durch Eiswasser gezogen, an den scharfkantigen Schollen in Einzelteile zerschnitten und nachher wieder zusammengesetzt. »Ich?«, war alles, was sie herausbrachte.
Cadwell nickte. »Wenn ich für Theo und deine Geschwister der Vater bin«, sein Brustkorb blähte sich, »dann bist du ihre Mutter.«
Alex wankte. Ein Schwindel schüttelte ihren ohnehin geschwächten Körper. Vielleicht wäre sie in diesem Moment sogar umgekippt, aber Darwins Hand ruhte immer noch auf ihrer Schulter und gab ihr Halt.
»Bist du jetzt zufrieden?«, hörte sie Cadwell sagen.
Theo nickte. »Mein Vater sagte mir, dass einer von uns von besonderer Art gewesen sei. Ich ahnte, dass es Alex war, aber nun weiß ich auch den Grund.«
»Dann lass uns das Drama jetzt beenden, mein Sohn. Gehen wir hinaus und reden wir miteinander.«
Nach kurzem Zögern nickte Theo. »Ja, lass es uns zu Ende bringen.«
Colonel McCauley sprach leise in sein Mikrofon. »Gleich kommen Dr. Cadwell und Kevin T. Kendish heraus. Schießen Sie nicht auf die Personen. Ich wiederhole: nicht schießen!«
Cadwell legte seinem Klonsohn die Hand auf die Schulter, gerade so wie auch Darwin es die ganze Zeit bei Alex getan hatte. Theos Rechte hielt immer noch den Zündknebel der Sprengstoffweste. Niemand hielt die beiden auf. Im Gegenteil, die Menge aus Medienleuten und Anti-Terror-Spezialisten teilte sich vor dem Ausgang. Bevor sie auf den Flur hinausgingen, blieb Theo neben Alex stehen.
»Ich hätte dir nie etwas zuleide getan, Schwester.«
Mit einem Mal konnte Alex nachvollziehen, wie es war, diesen violetten Augen ausgesetzt zu sein, mit denen sie so oft die anderen bezwungen hatte. Unbehaglich erwiderte sie: »Du hast mich unter Drogen gesetzt, Theo, mich in einen dunklen Raum gesperrt, mir die Freiheit genommen…«
Er lächelte voller Bedauern. »Nimm es als wertvolle Erfahrung. Wie sagte schon Seneca? › Mit dem Leben ist es wie mit einem Theaterstück: es kommt nicht darauf an, wie lang es ist, sondern wie bunt. ‹ «
Von Cadwell geführt, verließ er das Schreckenskabinett.
Nur allmählich wich die Benommenheit aus der »Mutter der Hermaphroditen«. Alex wusste nicht mehr, was sie denken sollte. Sosehr sie Theos Vorgehen verurteilte, konnte sie seine Verzweiflung doch auch nachempfinden. Allerdings…
Sie drehte sich um. »Darwin?«
»Ja?«
»Als Detective Longfellow dir die Unterlagen von den vier getöteten Klonen zugespielt hat, da sagtest du, alle hätten eine Gemeinsamkeit.«
Er runzelte die Stirn. »Ach ja! Richtig. Sie hatten ausnahmslos eine Geschlechtsumwandlung hinter sich. Ich weiß nicht, ob dieses Wort bei einem Hermaphroditen überhaupt passend…«
»Er hat uns alle belogen!«, stieß Alex hervor. Am Rande ihres Blickfeldes nahm sie wahr, wie sich ihr mehrere Gesichter zuwandten.
»Was?«
»Mich, dich, uns alle…« Plötzlich sprudelten die Worte nur so aus ihr heraus. »Als Theo mich hierher verschleppt hatte, zeterte er über diejenigen Klone, die ihr Wesen verloren hatten, weil sie chirurgisch einem der beiden Geschlechter angepasst worden waren. Sogar sich selbst klagte er an. Er sagte, manchmal komme er sich vor wie die Verkörperung des Missbrauchs der Natur. Dafür hasse er sich.«
»Ich erinnere mich. Du hast mir davon erzählt.«
Alex drehte
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