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Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Titel: Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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zugebe, aber einen, der nötig war, wenn ich jemals von diesem öden Felsbrocken herunterkommen will, um die Religion Milcoms zu verbreiten …«
    »Seien Sie nicht so heuchlerisch!« Sie stieß seine Hand beiseite und wich mit der Geschmeidigkeit einer Tigerin ein paar Schritte zurück. Ihr Gewand glänzte im Schein des Feuers. »Sie scheren sich nicht mehr um Milcom als wir. Ihnen geht es nur um den Profit, uns hingegen um das Überleben der gamantischen Kultur. Und um das zu sicher, mußten wir uns bei dem Handel nach Ihren Wünschen richten.«
    »Oh, Vorsicht«, sagte er und drohte mit dem Finger. »Ihr seid nicht am Überleben der Gamanten interessiert. Es geht euch darum, eine Reihe nutzloser Rituale und lächerlicher Glaubenssätze zu bewahren. Das ist ein großer Unterschied. Eure Rettungsversuche könnten sich als kontraproduktiv erweisen, was das Überleben betrifft.«
    »Sie sind eine Bestie. Sie benutzen Hunger und Folter …«
    »Hunger und Folter sind machtvolle Werkzeuge, um eine Zivilisation zu formen. Man darf ihren Wert in den richtigen Händen niemals unterschätzen. Davon abgesehen habe ich meine Strafaktionen nur zögernd und ausschließlich auf den massiven Druck der Bevölkerungsmehrheit hin durchgeführt, die die Blasphemien der Rebellen verabscheut.« Er schenkte ihr ein entschuldigendes Lächeln. »Ich beuge mich lediglich dem Willen der Herde.«
    »Wie können Sie menschliches Leben nur so gering einschätzen? Haben Sie denn kein Gewissen?«
    »Nicht, wenn es sich vermeiden läßt. Es verdirbt einem nur den Profit.«
    Ihre Naseflügel weiteten sich vor Abscheu. »Söldner!«
    »Ich bin schon Schlimmeres genannt worden …«
    »Das glaube ich gern.«
    Ornias lachte brüllend und trat so dicht an sie heran, daß er den Blumenduft riechen konnte, der ihren Kleidern anhaftete. Zufrieden stellte er fest, daß ihre Hände plötzlich zitterten. Shassy wollte das Tablett aufnehmen, doch eines der Weingläser fiel zu Boden und landete mit einem dumpfen Schlag auf dem roten Bettvorleger. Sie setzte das Tablett wieder auf dem Nachttisch ab und kniete nieder, um das Glas aufzuheben.
    »Sei nicht so nervös. Du weißt doch, ich kann Schwäche nicht ausstehen. Habe ich dir je etwas angetan?«
    Sie schüttelte den Kopf, richtete sich mit dem Glas in der Hand auf und stellte es auf das Tablett zurück. Die ganze Zeit mied sie seinen Blick.
    »Und das werde ich auch nicht. Du bist eine wertvolle Frau.« Er strich sanft durch ihr Haar und beobachtete, wie die Locken den Feuerschein einfingen. »Shassy, ich habe dich zu meiner persönlichen Dienerin gemacht. Vergiß das nicht. Du hättest es auch sehr viel schlechter treffen können. Ich hätte dich ins Arbeitslager stecken können oder in eines der unterirdischen Gefängnisse für Mörder und Vergewaltiger. Dort würdest du genauso unter Aufsicht stehen wie hier.« Er schenkte ihr ein breites Lächeln. »Doch du würdest nicht annähernd so verwöhnt.«
    »Verwöhnt«, stieß sie hervor und ballte die Fäuste.
    »Ich behandle dich doch besser als die Rebellen, nicht wahr?«
    »Ich nehme an, ich sollte dankbar dafür sein.«
    »Das solltest du wirklich, zumal du und deine Familie zu den Rebellen gehören.«
    Shassy spürte, wie ihre Kehle eng wurde. »Ich sollte jetzt besser gehen, Ratsherr«, erklärte sie steif und wich vor seiner Berührung zurück.
    »Empfindest du noch immer Sympathie für die Rebellen?« erkundigte er sich mit spöttischer Neugier. Natürlich wußte er, daß es sich so verhielt, doch er wollte, daß sie es aussprach. »Bist du deshalb heute abend so empfindlich? Ich vermute, daß du entsprechend den politischen Vorstellungen deines Mannes …«
    »Ich sympathisiere nicht mit ihnen.«
    »Nein? Sehr gut. Es ist immer schön, wenn man unerwartete Züge an seinen Vertrauten entdeckt.« Wieder hob er die Hand, um ihr Haar zu streicheln. »Und du bist meine Vertraute, das weißt du doch, oder?«
    »Ich bin Ihre Gefangene!«
    »Ja, aber ich habe mir sehr viel Mühe gegeben, um dir den Aufenthalt hier möglichst angenehm zu machen. Du hast Privilegien wie niemand anderer, nicht wahr? Wer sonst im Palast sieht mich schon so verletzlich?« Natürlich war das eine Lüge. Niemand sah ihn jemals verletzlich. Tatsächlich konnte er sich nicht einmal mehr daran erinnern, wann er sich zuletzt so gefühlt hatte. Vermutlich vor vier oder fünf Jahren, bevor er diese angenehme Position als Herr über alle wichtigen Dinge auf Horeb eingenommen

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