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Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Titel: Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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Magistraten gehandelt hatte, der ausgeschickt worden war, um ihn zu ermorden – auch wenn dieser Bursche natürlich die besten Referenzen hatte vorweisen können.
    Zadok nahm die letzte Abzweigung, »hundertzweiundzwanzig«, und marschierte die Wendeltreppe hinab, die aus dem Gestein herausgehauen worden war.
    In diesem tief gelegenen Teil der Höhlen roch der Fels trocken, und in der Luft hing ein Hauch von Gewürz. Jeder Schritt hallte von den Wänden wieder. Selbst seine Atemzüge wurden in dem engen Korridor vervielfacht, bis sie aus jeder Pore des Steins zu dringen schienen. Kein Fremder konnte sich dem Sanctum nähern, ohne gehört zu werden.
    Zadok betrat die innere Höhle und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Er hatte ihn seit Jahren nicht mehr benutzt. Die runde Höhle durchmaß etwa zehn Fuß und die Decke war so niedrig, daß große Besucher gebückt stehen mußten. Kerzenlicht tanzte auf den glatten Wänden und auf Rathanials faltigem Gesicht.
    »Du hast gesagt, du willst einen abgeschiedenen Raum haben. Ich hoffe, der hier genügt deinen Bedürfnissen.«
    »Das hoffe ich auch«, murmelte Rathanial unsicher.
    Zadok betrachtete seinen Freund forschend. Was konnte er hier in dieser einsamen und von Milliarden Tonnen Fels geschützten Kammer noch fürchten? »Es tut mir leid, daß ich zu spät komme. Ich mußte noch …«
    »Keine Entschuldigungen«, sagte Rathanial rasch und erhob sich. Seine mit goldenen Stickereien verzierte Robe schimmerte im Licht.
    »Beerdigungen brauchen ihre Vorbereitungszeit«, erklärte Zadok nichtsdestotrotz. »Alle Verwandten müssen unterrichtet werden. Mein Bruder Yosef und sein Freund Ari Funk kommen her.«
    »Von Tikkun?«
    »Ja. Es ist zwar eine große Entfernung, aber er hat versprochen, eine schnelle Transportmöglichkeit zu suchen, damit er schon übermorgen hier sein kann.«
    »Ich bin dir dankbar, daß du bereit warst, dich in dieser Zeit der Trauer mit mir zu treffen.«
    Zadok zwang sich zu einem Lächeln, das so warm ausfiel, wie es ihm eben möglich war. »Ich besorge uns Wein. Du hast einen weiten Weg hinter dir und bist, wie ich weiß, schon viel länger als geplant geblieben.«
    Rathanial nickte respektvoll und nahm wieder Platz. Zadok holte Zinnbecher und eine Flasche cassopianischen Rotwein aus einer Nische in der Felswand und blies den Staub ohne große Umstände einfach aus den Trinkgefäßen heraus.
    Als er sich umdrehte, um zu dem kleinen Tisch zu gehen, fiel ihm die spärliche Ausstattung des Raums auf. Nur ein Tisch und zwei Stühle, die auf einem alten, handgewebten braunen Teppich standen, befanden sich in der Höhle. Er erinnerte sich daran, wie orange- und lohfarbene Muster den Stoff geschmückt hatten, doch sie waren schon längst verblichen. War alles auf der Welt zu Braun verblaßt? Hatte das ganze Universum beschlossen, sich in sich selbst zurückzufalten? Obwohl er gebadet und die Kleidung gewechselt hatte, drang ihm immer noch der Geruch von Blut in die Nase. Ezarin … ein scharfer Schmerz durchfuhr seine Brust.
    Er stellte die Becher auf den Tisch, füllte sie, ließ sich dann auf den harten Stuhl fallen und schaute seinen Besucher müde an. Rathanials weißes Haupt- und Barthaar leuchtete in dem sanften Licht. Ängstlich erwiderte er Zadoks Blick.
    »Erzähl mir von deinem neuen Mashiah. Du wärest nicht zu mir gekommen, wenn du es nicht zumindest für möglich hieltest, daß er …«
    »Ich bin nicht sicher, Abba. Wir brauchen dich, um ihn zu prüfen.«
    »Ihn zu prüfen«, wiederholte Zadok und lehnte sich zurück. Das bedeutete, Kayan und seine Familie zu verlassen. Allerdings war jetzt kaum die richtige Zeit, sich auf anderen Welten herumzutreiben. Außerdem war er nicht nur diese Parade der Scharlatane leid – er bezweifelte auch, daß er eine weitere Prüfung durchstehen konnte.
    »Ich werde nicht …«
    »Du bist der einzige, der den geheimen Pfad zum Schleier Gottes kennt!«
    Zadok stieß einen ungehaltenen Seufzer aus. »Natürlich.« Der Weg durch die sieben Himmel zum Schleier, wo die Taten aller Generationen und auch der wahre Mashiah verzeichnet waren, war ein Geheimnis, das er erst bei seinem Tod weitergeben konnte – der, wie er befürchtete, nicht mehr allzu fern sein mochte.
    »Abba, ich sorge mich, daß wir ohne deine Hilfe nicht überleben werden. Wir brauchen …« Er hielt plötzlich inne und schaute sich mit weit aufgerissenen Augen im Raum um. Dann beugte er sich so weit über den Tisch, daß Zadok den

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