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Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Titel: Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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Hände in die Taschen ihrer Robe und schaute zu Boden.
    Talo ballte die Hand zu einer Faust. »Aber du kannst doch nicht absolut sicher sein …«
    »Nichts ist jemals sicher.«
    Er bemerkte ihre gespannte Ruhe. Der Augenblick zog sich unangenehm in die Länge und Rachel mußte ihre ganze Kraft aufbieten, um das Gefühl einer bösen Vorahnung zu unterdrücken, das in ihr nagte.
    »Bist du fertig, Sybil?«
    »Ich glaube schon, Mom.« Sie stieß den angehaltenen Atem aus und drückte ihre kleinen Schultern in Erwartung des Kommenden durch.
    »Du bist ein tapferes Mädchen.« Rachel drückte ihre Hand und schaute ein letztes Mal zu Colin hinüber. »Du weißt, was du zu tun hast?«
    Seine Augen leuchteten wild auf. »Ja. Talo und ich, wir schaffen das.«
    »Gut. Wenn alles vorbei ist, treffe ich euch an der alten ausgebrannten Bäckerei.«
    Beide Männer nickten. Talo leckte sich über die Lippen und warf einen besorgten Blick auf Sybil. Sein grauer Bart zitterte, als er mit seinen Händen das heilige Dreieck formte. »Möge Epagael dich schützen.«
    »Und dich auch«, erwiderte Rachel mechanisch.
    Sie führte Sybil auf die Straße hinaus und suchte sich sorgfältig einen Platz unter jenen Gottesdienstbesuchern aus, die ihr völlig unbekannt waren. Wie beiläufig reihten sie sich ein und Rachel zog ihre Tochter enger an sich. Roben in fuchsrot und kastanienbraun, in safrangelb und smaragdgrün sorgten für Farbtupfer in der langen Reihe der Gläubigen. Wenn der Wind die Richtung wechselte, wurde der Duft exotischer Parfüms beinahe überwältigend. Die reichliche Benutzung solcher Wohlgerüche deutete auf immensen Reichtum hin und kennzeichnete ihre Benutzer als Angehörige des inneren Kreises um den Mashiah. Haß stieg so plötzlich in Rachel auf, daß ihre Augen sich mit Tränen füllten. Sie ballte die Hände zu Fäusten, um die aufbrandende Flut ihrer Gefühle einzudämmen. Ihr scharfer, forschender Blick suchte die Menge nach den Parfumbenutzern ab.
    Während Mutter und Tochter sich langsam auf die großen hölzernen Tore zubewegten, drangen Musikfetzen aus dem Innern des Gebäudes. Die süß und hell klingenden Töne berührten irgendeine Saite tief in Rachels gequälter Seele, beruhigten und streichelten sie wie die sanfte Hand eines Liebhabers.
    Sybils junger Körper versteifte sich, als das Innere des Tempels sichtbar wurde. Sie blieb abrupt stehen, warf ihrer Mutter einen flehenden Blick zu und versuchte sie wegzuzerren. Rachel packte Sybils Hand fester und zog sie in die Reihe zurück.
    »Hör auf damit!« flüsterte sie. »Hör auf. Sofort!«
    »Mom … ich … ich kann dort nicht reingehen! Was ist, wenn er …«
    Rachel zog ihre Tochter aus der Schlange heraus, kniete sich neben sie und brachte ihren Mund dicht an das Ohr des Mädchens. »Ich weiß, daß es schwer ist«, flüsterte sie. »Willst du lieber draußen auf mich warten?«
    »Nein! Nein, ich will bei dir bleiben, aber …«
    »Dann beeil dich, bevor die Leute mißtrauisch werden.«
    »Mom, hältst du mich fest? Nur einen Moment? Ich habe Angst.«
    Rachel drückte sie an sich und streichelte ihr beruhigend über den Rücken. »Es ist alles in Ordnung. Wir gehen nur für zehn Minuten hinein. Dann laufen wir weg und kommen nie wieder hierher zurück. Hast du verstanden?« Sybil nickte. »Geht’s jetzt wieder?«
    Einige Leute schauten sie neugierig an. Sybil erwiderte ihre Blicke. Sie schluckte schwer und flüsterte: »Ja. Tut mir leid. Komm, beeilen wir uns.«
    Rachel erhob sich, legte Sybil eine Hand auf die Schulter, und dann schlossen beide sich wieder dem Strom der Gläubigen an. Sobald sie im Tempel waren, zog Rachel ihre Tochter zur Seite und an der Rückwand entlang, während die anderen Besucher geradeaus weitergingen und sich vorn ihre Plätze suchten. Obwohl der Tempel dreihundert Fuß durchmaß, drängten so viele Menschen hinein, daß es nur noch wenige freie Sitze gab, so daß die Gläubigen sich längs der Wände aufreihen mußten.
    Mit staunender Ehrfurcht betrachtete Rachel die Ausstattung des Tempels. Die letzten Sonnenstrahlen strömten durch die Glaskuppel und warfen ihren feurigen Schein auf die goldenen Einlegearbeiten in Wänden und Altar. Ineinander verschlungene, umgedrehte Dreiecke schimmerten, wo sie auch hinschaute. Die versetzt angeordneten Kirchenstühle fügten sich nahtlos in jede der hexagonalen Nischen ein.
    Unbehagen beschlich sie wie ein kalter Winternebel. Wenn sie nur die Position des Altars gekannt hätte,

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