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Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Titel: Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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schafft das auch?«
    »Wovon redest du eigentlich?« fragte Zadok wütend. »Du treibst schon wieder deine Spielchen mit mir! Wenn Aktariel das Volk betrügt, muß ich zum Schleier gelangen, um herauszufinden, wie wir uns retten können! Laß mich jetzt durch das Tor gehen.« Er ruderte zornig mit den Armen.
    Sedriel schwebte empor und bewegte die Eiderdaunenflügel so heftig, daß Zadok von dem entstehenden Wind mehrere Schritte zurückgetrieben wurde. Er schützte das Gesicht mit den Händen.
    »Sei froh, daß mich deine Ausbrüche erheitern, Zadok, sonst würde ich dich vielleicht vor der Zeit ins Nichts zurückstoßen.«
    Zadok senkte die Arme. Welches hintergründige Vergnügen empfand der Engel? Es ärgerte ihn, daß er die verborgene Bedeutung nicht enträtseln konnte – und bei Sedriels Äußerungen war der Sinn stets verborgen. »Herr«, rief Zadok besorgt, »wenn ich eine weitere Frage beantworten muß als Beweis, daß ich es wert bin, das Tor zu durchschreiten, dann stell sie mir bitte schnell.«
    Sedriel gähnte und betrachtete angelegentlich die blauen und gelben Wildblumen, die auf der Wiese wuchsen. »Das möchte ich eigentlich nicht. Je länger ich dich hier aufhalte, desto interessanter werden die Verwicklungen in Aktariels Plan. Und um so besser werde ich unterhalten.«
    »Frag endlich!«
    »Oh, na gut. Hm … Rezitiere die siebenhundertundzweiundzwanzig geheimen Namen Gottes.«
    »Das dauert ja eine Ewigkeit!«
    »Je eher du damit anfängst, desto eher kannst du deinen Weg fortsetzen.« Sedriel schenkte ihm ein gespielt mitfühlendes Lächeln, das Zadok erst recht in Rage brachte. Der Engel beugte sich ein wenig vor, als hinge er atemlos an Zadoks Lippen.
    »Also schön, dann hör zu. Vielleicht lernst du ja noch etwas dabei.« Zadok holte tief Luft und fing an: »Iao, Louel, Sabaoth, Eheieh, Elohim Gibor, Eloah Vadaath, Hadirion, Meromiron, Beroradin…«
     
    »Rachel!« Jeremiels flüsternde Stimme drängte sich in ihren Schlummer. »Rachel, wach auf. Schnell!«
    Sie richtete sich benommen auf, tastete instinktiv nach Sybil und schlug sich die Hand auf den Mund, als sie Jeremiel erblickte. Er kauerte auf ein Knie gestützt vor dem Höhleneingang. Wann hatte er sich von ihrer Seite entfernt? Die grauen Strahlen der falschen Dämmerung drangen in ihre felsige Schutzhülle und berührten sein blondes Haar und den staubigen schwarzen Anzug. Seine Hand umklammerte die Pistole. Dann wandte er sich rasch um und zischte: »Schnell! Kriecht durch den Gang auf der anderen Seite!«
    Sie sprang auf und spähte durch den schmalen Spalt im Gestein. »Aber warum? Was …«
    »Verschwindet! Oder wollt ihr, daß der Mashiah uns findet?«
    Ein plötzlicher Adrenalinstoß brachte ihr Gehirn in Gang. Sie packte ihre Tochter wie einen Sack Kartoffeln, warf sie durch die Öffnung und krabbelte hinterher. Beide krochen so schnell, als säße ihnen Aktariel höchstpersönlich im Nacken. Jeremiel folgte ihnen augenblicklich. Während sie flüchteten, berührte Rachels Fuß ab und zu seine Schulter. Ein paar Minuten später traten sie in die schiefergraue Dämmerung hinaus.
    Rachel richtete sich schwankend auf und packte Sybils kleine Hand. Sie standen auf einer ebenen Fläche aus rotem Sandstein, auf der sich rings um sie Steinblöcke wie antike Säulen erhoben. Jeremiel schlüpfte aus dem Felsspalt und wischte sich das Blut von den aufgeschürften Armen. Seine Spannung war spürbar, als er zum langsam heller werdenden Himmel emporschaute und den Finger auf den Abzugshahn der Pistole legte.
    Der kühle Morgenwind trug ferne Rufe heran und die Geräusche von mindestens einem Dutzend Männern, die sich den gleichen schmalen Pfad hinaufarbeiteten, den sie und Sybil in der Nacht zuvor erklommen hatten.
    »Sie müssen unsere Spuren gefunden haben«, erklärte Rachel schuldbewußt. »Ich hatte nicht daran gedacht…«
    »Natürlich nicht. Vergessen Sie’s. Wir müssen weiter!« drängte Jeremiel. Der Sandstein wirkte in diesem schwachen Licht wie getrocknetes Blut. Wind und Wasser hatten den Fels so gründlich abgeschliffen, daß weder Sand noch Kies unter ihren Füßen knirschten.
    Ein aufgeregter Ruf erschallte über ihnen, und Jeremiel fuhr ruckartig herum. Rachel wurde übel bei dem Gedanken, daß man sie erwischt hatte. »Sie kommen«, flüsterte sie heiser. »Ornias wird uns…«
    »Nein, wird er nicht!« Jeremiel näherte sich ihr mit der Eleganz eines Tänzers, legte einen Arm um ihre Hüfte und zog sie rasch in

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