Die Gamnma Option
mittlerweile war der Fahrer schon hindurch. Das erste Tor glitt wieder zurück, und kaum war es ins Schloß gefallen, als sich das zweite vor ihnen öffnete. Die beiden Tore sollten die Möglichkeit verhindern, daß ein Löwe hinausspazierte, wenn jemand ihr Gehege betrat. Plötzlich verspürte Traymir Angst. Die dicke Flüssigkeit hüllte sein Gesicht und seine Bekleidung ein. Er wischte sie vom Mund ab, und an seinen Fingern klebte etwas, das sich wie Blut anfühlte und auch so roch.
»He!« sagte er, schon lauter.
Der Fahrer passierte das zweite Tor, und Traymir hörte, wie es hinter ihnen zuschlug. Da der Jeep manchmal benutzt wurde, um Tiere zu transportieren, trennte ein Stahlrohrgitter das hintere Abteil von den Vordersitzen. Auch die Türschlösser ließen sich nur von vorn bedienen.
»Wer sind Sie? Was wollen Sie?« fragte er und bemühte sich, unerschrocken zu klingen.
»Ich glaube, ich stelle hier die Fragen, Traymir«, antwortete der Fahrer und ließ den Jeep ausrollen. »Sie verschwenden nur Ihre Zeit. Ich bin wegen Yosef Rasin hier. Ich will wissen, wo ich ihn finden kann.«
Traymir versteifte sich und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Noch konnte er keinen Löwen sehen, doch in der Dunkelheit bewegte sich etwas, und er glaubte, ein leises, tiefes Knurren hören zu können.
»Sie sind von der Regierung. Ich hätte es wissen müssen. Na los, erschießen Sie mich. Von mir erfahren Sie nichts.«
McCracken zeigte ihm keine Pistole. »Tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen, Traymir. Es wäre wirklich einfacher für Sie, mir zu sagen, wo ich Rasin finden kann.«
Die Löwen tauchten aus dem Nichts auf, zuerst ein halbes Dutzend, doch mindestens genausoviele lauerten noch dahinter. Sie umkreisten den Jeep, als wäre er ein Tier, das sie sich als Opfer ausgewählt hatten. Traymirs furchtsamer Blick löste sich von ihnen und fiel auf den bärtigen Mann mit dem steinernen Gesicht auf dem Vordersitz.
»Womit haben Sie mich …«
»Beschmiert? Tierblut, Traymir. Ich habe mir sagen lassen, daß sein Geruch die Löwen wahnsinnig macht. Ihnen buchstäblich das Wasser im Mund zusammenfließen läßt.«
Blaine hob die Hand an den Knopf für den elektrischen Fensterheber und ließ die hintere rechte Fensterscheibe ein Stück hinabgleiten. Augenblicklich verwandelte sich das Knurren der Löwen in ein lautes Brüllen. Zwei Löwinnen trabten heran, erhoben sich und tasteten mit den Vorderpfoten nach dem Spalt.
»Sie haben hier eine wirklich gut ausgestattete Tierklinik, Traymir. Nachdem ich Ihre fünf Kollegen ausgeschaltet hatte, fand ich dort das Blut. Wollen Sie jetzt reden?«
Traymir rutschte von dem Fenster zurück und biß sich auf die Lippe.
McCracken ließ die Scheibe noch ein Stück hinabgleiten, und einer der Löwinnen gelang es, die Pfote ganz durch den Spalt zu schieben.
»Nein!« bat Traymir und drückte die Schultern gegen das gegenüberliegende Fenster des Jeeps.
»Komisch«, fuhr Blaine fort. »Sie wurden heute noch nicht gefüttert und scheinen nicht in bester Stimmung zu sein. Ich frage mich, was sie mit einem Menschen machen werden, der nach dem Blut eines Rehs riecht.«
»Bitte nicht!« Traymir krümmte sich in seinem Sitz und rutschte das letzte Stück von dem teilweise geöffneten Fenster zurück. »Stellen Sie Ihre Fragen!«
»Sie arbeiten für Rasin. Ja oder nein?«
»Ja! Seit meinem Prozeß vor dem Kriegsgericht.«
»Als was?«
»Als Leibwächter, sonst nichts! Hauptsächlich, wenn er auf Reisen ist.«
»Auf Reisen wohin?«
Traymir zögerte.
McCracken ließ das Fenster weit genug aufgleiten, daß die zweite Löwin beide Pfoten hindurchstecken konnte. Mit der einen stützte sie sich ab, mit der anderen fuhr sie durch das Abteil des Jeeps. Dabei schnaubte sie laut. Mittlerweile war ein männlicher Löwe auf das Dach gesprungen und scharrte mit einer Tatze an dem anderen Fenster. Nun von beiden Seiten belagert, wich Traymir in die Mitte des Abteils zurück.
»Nach Japan!« kreischte er schließlich. »Aber das war vor einem Jahr …«
»Warum flog er nach Japan?«
»Um sich mit einem Mann zu treffen, der als der Bujin bekannt ist!« übertönte Traymir das Brüllen der Löwen, die Arme an die Brust gedrückt, um sich so klein wie möglich zu machen.
Bujin war das japanische Wort für Krieger, und Blaine hatte schon von dem Mann gehört. Ein Nachrichtenhändler und Waffenschieber, der kein profitables Geschäft ausließ. Ein Hans Dampf in allen Gassen, der zu
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