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Die Gamnma Option

Titel: Die Gamnma Option Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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er war. Unwillkürlich hob er die Hände von dem Geländer in die Luft, eine Geste, die das Volk zum Schweigen bringen sollte. Es gehorchte augenblicklich dem Befehl eines seiner Helden.
    »Meine Freunde«, rief er den Menschen zu, »ein großer Tag ist hereingebrochen, ein heiliger Tag, denn sind wir nicht zum ersten Mal in unserer Geschichte, die so reich an Unterdrückung ist, völlig unabhängig von dem Haß und der Häßlichkeit, die uns schon immer umgeben haben?«
    »Ja!«
    »Und stehen wir, das Volk von Israel, nicht zum ersten Mal vereint zusammen und betrachten unsere Grenzen ohne Furcht? Können wir nicht zum ersten Mal über die Straße gehen, über jede Straße, ohne Angst um unser Leben und das unserer Kinder haben zu müssen? Und diese Angst werden wir nie wieder empfinden!«
    »Ja!«
    Der Applaus und Jubel nahm tumultartige Züge an. Er hallte geradezu in Rasins Ohren, war so laut, daß er in sein imaginäres Mikrofon brüllen mußte.
    »Die arabischen Völker sind endlich unterworfen worden! Die arabischen Völker sind so unbedeutend geworden wie der Sand, der ihre Wüsten bildet! Ihr gesamtes Dasein ist so unbedeutend wie eine Wüste geworden. Hatte ich das gewollt? Ist es mir leicht gefallen?«
    Stille nun, gespannt und erwartungsvoll.
    »Nein! Nein, sage ich euch! Ich habe diese Tat nicht leichten Herzens vollzogen. Aber ich übernehme die Verantwortung dafür. Ich akzeptiere sie, wie ich es akzeptiere, zum Führer dieses großen Landes bestimmt zu werden, das ich liebe und behüte. Schauen wir nicht in die Vergangenheit zurück. Man hat uns gezwungen, sie zu begraben. Schauen wir in die Zukunft, schauen wir auf das, was wir nun in Frieden aufbauen können.«
    Seine letzten Worte übertönte der Applaus, und Rasin hob triumphierend, mit feuchten Augen, die Hände. Die Erfüllung seines größten Traumes …
    »Yosef …«
     … lag vor ihm.
    »Yosef, es tut mir leid, aber ich muß Sie stören.«
    Die Stimme hinter ihm riß Rasin aus seiner Trance. Vor ihm waren die Orangen wieder Orangen. Seine Hände umfaßten wieder das Geländer. Er war enttäuscht.
    »Sie wissen, daß ich nicht gestört werden möchte, wenn ich nachdenke, Daniel.«
    »Wir müssen uns um einige dringende Angelegenheiten kümmern. Sie erfordern Ihre augenblickliche Aufmerksamkeit.«
    Rasin fuhr abrupt herum. »Israel erfordert meine Aufmerksamkeit, Daniel. Nicht mehr, und nicht weniger.«
    »Genau darüber müssen wir sprechen, Yosef. Drohungen. Komplikationen.«
    Rasins Augen zogen sich zu schmalen Schlitzen zusammen, aus denen unterdrückte Wut loderte. Daniel bemerkte, daß seine Stimme heiser war, als er wieder das Wort ergriff.
    »Sie haben meine Aufmerksamkeit.«
    Zuerst hatte Rasin versucht, der israelitischen Öffentlichkeit seinen Standpunkt auf friedliche Art und Weise zu verdeutlichen, innerhalb des Systems zu arbeiten, um die Veränderungen zu bewirken, die er für so dringend hielt. Militante Ansichten gewann er erst nach der Unterzeichnung des Abkommens von Camp David. Es war ein tragischer Fehler, den Sinai zurückzugeben, weniger aus strategischen Gründen als wegen des Präzedenzfalles, den dieses Vorgehen darstellte. Sobald man erst einmal ein besetztes Gebiet zurückgab, hörte es nicht mehr auf. Die Gründung eines Palästinenserstaates auf der West Bank, die Israel und nur Israel gehörte, war wahrscheinlicher denn je zuvor. Glaubte die derzeitige Regierung, daß sich der arabische Mob damit zufriedengeben würde? Rasin wußte es besser. Für ihn war die Sache klar: Entweder die arabische Welt würde überleben, oder Israel. Und er war mit der Möglichkeit gesegnet worden, das Letztere durchzusetzen. Nein, nicht gesegnet – auserwählt. Und von wem, wenn nicht von Gott? Alles war zu glatt und sauber verlaufen, als daß es nicht vorbestimmt sein konnte. Er konnte die Waffe einsetzen, wann und wie er es für richtig hielt.
    Der Wind fuhr durch seine Haare, und Rasin blinzelte mit zusammengekniffenen Augen in die Sonne. Auf einen beiläufigen Beobachter hätte er wie ein Lehrer oder ein weltlicher Beamter wirken können. Sein Gesicht war einfach und keineswegs besonders auffällig oder einprägsam, und Rasin war froh darüber. In der Einfachheit lag Stärke, und er benutzte sie, um den Kern der Wahrheit herauszufinden.
    Man mußte den arabischen Völkern des Mittleren Ostens zeigen, daß sie einen falschen Weg eingeschlagen hatten. Punkt. So einfach war das. Er hatte die Möglichkeit dazu, wenngleich der

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