Die Gang: Roman (German Edition)
schlagen, dass er glaubte, sein Kopf würde explodieren. Er kniff die Augen zusammen, spürte, wie das Rad seitwärts rutschte. Er riss die Augen auf und stellte fest, dass er zur Straßenmitte gefahren war. Eine Hupe ertönte. Ohne nach hinten zu sehen, lenkte er nach rechts. Das Auto fuhr vorbei. Jemand schrie: »Arschloch!« Jeremys Vorderreifen rieb an der Bordsteinkante entlang, und er rutschte mit einem Fuß auf dem Bürgersteig entlang, um nicht umzufallen.
Er schloss die Augen. Die Bilder von Tanya flatterten noch immer durch seine Gedanken, durcheinander und verdreht. Sie waren nicht erotisch, sondern eher wie Albträume, übelkeiterregend. Aber er konnte sie nicht loswerden. Lange Zeit dachte er, er müsse sich gleich übergeben oder würde das Bewusstsein verlieren.
Der Strand, dachte er. Ich muss zum Strand.
Er sah sich, wie er im heißen Sand lag.
Das wäre gut. Einfach nur daliegen und sich nicht bewegen und nicht denken. Er dachte an die beruhigenden Geräusche der Brandung und der Möwen.
Schließlich nahm er eine Packung Aspirin aus seiner Hemdtasche. Er öffnete die Packung und schluckte drei Tabletten trocken hinunter.
Sie schienen irgendwo in der Mitte seiner Brust stecken zu bleiben.
Trinken. Er brauchte etwas zu trinken.
Er schaute sich um und entdeckte einen Getränkeautomaten neben dem Büro des Motels direkt vor ihm. Langsam stieg er vom Rad. Er hob es auf den Bürgersteig und schob es zum Büro hin.
Eine Bewegung auf dem Balkon des ersten Stockwerks weckte seine Aufmerksamkeit.
Nur ein Typ, der sein Zimmer verließ.
Etwas kam ihm vertraut vor …
Der Typ drehte ihm den Rücken zu. Er stand noch in der Tür, sprach offenbar mit jemandem im Zimmer. Dann hob er eine Hand zum Abschied, zog die Tür hinter sich zu und ging über den Balkon.
Von der Seite konnte Jeremy ihn erkennen.
Nate.
Jeremy vergaß sein Bedürfnis nach einem Getränk, drehte sein Rad herum und schob es um die Ecke und über die Straße. Von der anderen Seite aus blickte er zurück und sah, wie Nate sich in einen roten Sportwagen setzte. Er ging ein wenig weiter und horchte. Der Motor wurde angelassen. Als das Geräusch leiser wurde, drehte Jeremy sich wieder um und sah, wie das Auto davonfuhr.
Er schob sein Fahrrad zur Ecke.
Er spähte zur geschlossenen Tür des Motelzimmers hinauf.
Was zum Teufel hatte Nate dort gemacht?
Ein Motelzimmer. Zehn Uhr früh an einem Samstag.
Er musste mit einem Mädchen zusammen gewesen sein. Jeremy konnte sich keine andere Erklärung vorstellen.
Tanya? War Tanya da drin?
Das ergab keinen Sinn.
Er sah einen Coffeeshop direkt gegenüber dem Motel. Von einem Platz am Fenster aus konnte er die Tür im Auge behalten und sehen, wer rauskam.
Und er konnte dort etwas trinken, um das Aspirin runterzuspülen, das offensichtlich dabei war, ein Loch in seine Brust zu brennen.
Er ließ die Tür nicht aus den Augen und schob sein Rad zum Coffeeshop.
32
Die Pepsi machte den Schmerz erträglicher, den das Aspirin verursacht hatte, obwohl er nicht völlig verschwand.
Niemand verließ das Motelzimmer, bis Jeremy ausgetrunken hatte.
Es ging ihm jetzt erheblich besser. Die Kohlensäure tat seinem Magen gut, und er nahm an, dass das Aspirin den Kopfschmerzen entgegenwirkte. Es tat auch gut, einfach hier zu sitzen.
Eine Zeit lang schlürfte er das Wasser der schmelzenden Eiswürfel durch den Strohhalm.
Im Coffeeshop waren eine Menge Tische und Hocker an der Theke frei, aber er fühlte sich unbehaglich, weil er mit einem leeren Glas dort saß. Also winkte er der Kellnerin und bestellte einen Eisbecher.
Eigentlich hatte er ja in Funland eine Waffeltüte essen wollen. Aber das konnte er vielleicht später noch tun, wenn er dann noch Lust darauf hatte. Jetzt musste er etwas auf dem Tisch stehen haben, damit es nicht so aussah, als würde er nur herumlungern.
Der Eisbecher wurde gebracht, und er aß so langsam, dass das Eis geschmolzen war, bevor er den letzten Rest aufgelöffelt hatte. Und es war immer noch niemand aus dem Motelzimmer gekommen.
Nate konnte doch nicht allein dort gewesen sein. Er war an der Tür für einen Augenblick stehen geblieben und hatte ganz offensichtlich mit jemandem gesprochen. Es musste ein Mädchen sein.
Ein Mädchen, aber nicht Tanya. Es konnte nicht Tanya sein. Sie waren beide gestern Abend ungeheuer wütend aufeinander gewesen, als Nate die Party verließ. Was, wenn alles nur Theater gewesen war?
Jeremy war es müde, sich solche Fragen zu stellen.
Das
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