Die Gang: Roman (German Edition)
seine Schulter gelegt und folgte ihm.
Wenn wir noch eine Kerze hätten, wären wir längst hier raus.
Wir hätten uns mit der Axt geradeaus durch diesen Scheißirrgarten schlagen können.
Aber ohne Licht wäre das zu gefährlich gewesen.
Sie hatten darüber gesprochen und waren beide der Meinung gewesen, dass sie vermutlich in Einzelteile zerschnitten würden, wenn sie es wagten.
Das hier dauerte ewig, aber jedenfalls würde ihre Haut dabei heil bleiben. Wenn nicht noch mehr Trolle kamen. Jeremy drehte sich um und bog um eine weitere Ecke. Und sah in der Ferne Licht schimmern.
»Aha«, flüsterte Tanya.
Das matte Leuchten vor ihnen erwies sich als Reflexion im Spiegel. Die Axt stieß gegen das Glas. Cowboy drehte sich zur Seite, und dort war das Licht stärker.
Hier befand sich kein Spiegel mehr, sondern ein Gang, mit Kerzen an den Wänden. Er taumelte aus dem Irrgarten und holte tief Luft.
»Geschafft«, flüsterte Tanya. Sie umarmte ihn von hinten und trat dann neben ihn.
An der linken Seite des Flures gab es vergitterte Fenster, wie in dem Flur oben. Jeremy konnte keine Trolle hinter den Gittern sehen.
»Wo zum Teufel ist unser Publikum abgeblieben?«
»Vielleicht sind sie alle abgehauen. Vielleicht hat das Feuer sie erschreckt.«
»Darauf würde ich nicht wetten.«
Auf halber Länge des Flures, an der rechten Wand, war eine Tür. Eine andere Tür befand sich am Ende. »Was sollen wir tun?«, fragte Jeremy.
Tanya schwieg. Sie blickte von einer Tür zur anderen und runzelte die Stirn.
»Die am Ende«, sagte Jeremy. »Es könnte die an der Treppe sein.«
»Wenn das der Fall ist, haben sie da bestimmt noch eine unangenehme Überraschung für uns bereit.«
»Ja. Sie werden uns nicht einfach hier rausspazieren lassen.«
»Vergiss die Türen«, sagte Tanya. »Wir hacken uns den Weg frei.«
»Ja!«
»Wir spielen nicht mehr nach ihren Regeln. Wir haben die Axt und können unsere eigenen Spielregeln festlegen.« Sie ging ein paar Schritte weiter und klopfte mit der Messerspitze an die Wand. »Wahrscheinlich ist hier ein Raum auf der anderen Seite. Wir müssen da nur rein, und dann schlagen wir ein Loch in die Außenwand und kommen vielleicht direkt auf die Promenade.«
»Das will ich hoffen.«
Tanya trat zur Seite. Jeremy hob die Axt über seinen Kopf und schlug mit aller Kraft zu. Die schwere Klinge biss sich in die Wand. Als er sie zurückzog, brach ein großes Stück Holz heraus und fiel auf den Boden. Er blickte durch den schmalen Spalt.
Dunkelheit auf der anderen Seite.
Er trat zurück und hackte weiter. Der Kopf der Axt brach ganz durch die Wand.
»Es wird klappen!«, rief er.
»Ja, verdammt!«
Als er den Kopf der Axt befreien wollte, zog ein plötzlicher Ruck den Stiel aus seiner Hand.
Er brauchte einen Augenblick, um zu durchschauen, was geschah, und dann verschwand die Axt völlig in dem Loch.
»O Gott«, keuchte er.
»Wir sollten besser …«
Sie sprangen beide zurück, als ein Stück der Wand auf sie herunterfiel. Jeremy konnte das Schimmern des Axtkopfes sehen, bevor er zurückgezogen wurde.
Jetzt haben sie die Axt. Und sie werden uns holen.
Jeremy hörte wahnsinniges Gelächter.
Es war er selbst, der da lachte.
Tanya zog ihn am Arm, und sie liefen den Flur entlang. Rannten, bis der Boden unter ihren Füßen verschwand. Dann fielen sie nebeneinander in den schwarzen Keller des Funhouse.
46
Debbie wandte sich von den Leichen im Spiegelkabinett ab und übergab sich. Sie würgte, und Joan rieb ihr den Rücken.
Das arme Mädchen war wirklich durch die Hölle gegangen. Und es war immer noch nicht vorbei.
Am schlimmsten musste es in dem Schrank oben gewesen sein, in dem sie allein um ihr Leben hatte kämpfen müssen. Sie hatte verdammtes Glück gehabt, dass sie überlebte. Und noch dazu bei Verstand geblieben war. Viele hätten durchgedreht bei einem solchen Erlebnis.
Sie hielt sich sehr gut.
Das Essen wieder von sich zu geben ist vielleicht sogar ein gutes Zeichen. Zeigt, dass sie immer noch Kontakt zur Wirklichkeit hat.
»Der da muss von einem anderen Planeten gekommen sein«, sagte Dave. Seine Stimme zitterte und hatte einen erstaunten und angewiderten Unterton.
Debbie richtete sich schluchzend auf und wischte sich den Mund mit ihrem Sweatshirt ab.
»Zwei von ihnen sind Kids«, sagte Dave. »Ein Mädchen und der Junge von dem Kampf neulich.«
»Unserem Kampf?«, fragte Joan.
»Der ohne Ohr.«
»O nein.«
Dafür hatte sie ihm also sein Ohr gerettet. Damit er sich in
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