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Die Gang: Roman (German Edition)

Die Gang: Roman (German Edition)

Titel: Die Gang: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Sand versanken. Der Boden fühlte sich jetzt fester an. Es war ein wenig abschüssig. Hier und da lagen Algenklumpen, die weniger wie Tang aussahen als wie fremdartige Wesen mit Tentakeln, die tot am Strand lagen.
    Weiße Gischt spritzte ihnen entgegen. Shiner blieb stehen. Ein paar Meter vor ihren Füßen strömte das Wasser zurück. Jeremy hörte die Brandung, und eine neue Welle rauschte an Land.
    »Die anderen müssen da drüben sein«, sagte er und nickte nach links.
    Shiner drehte sich in die Richtung. Dann blickte sie wieder nach vorne. Ihre Hand presste sich an seine Seite, und Jeremy zog sie ein wenig näher an sich.
    »Ich denke, wir sollten rübergehen«, sagte sie.
    »Ja.
    Aber sie rührte sich nicht, und so blieb auch Jeremy stehen. Er merkte, dass sein Herz schneller schlug als zuvor.
    Er fragte sich, wie sie wohl reagieren würde, wenn er sie küsste.
    Das ließ sein Herz derart rasen, dass ihm ein wenig schwindlig wurde. Er stellte sich ihre weichen warmen Lippen auf seinen vor, ihre Arme, die sich um ihn legten, ihren Körper, der sich an ihn pressen würde. Aber dann dachte er: Was soll das, du traust dich ja doch nicht.
    Nachdem er die Idee aufgegeben hatte, beruhigte sich sein Herz wieder.
    Es ist schon genug, hier zusammenzustehen.
    Woran sie jetzt wohl denkt?
    Vielleicht wollte sie ja, dass er sie küsste.
    O ja, ganz bestimmt.
    Aber was, wenn sie es will, und ich tue es nicht, und sie denkt, ich hätte kein Interesse an ihr?
    Ich bin so verdammt feige.
    Dann wurde Jeremy klar, dass das alles ziemlich verdreht war – sich hier Gedanken darüber zu machen, ob man ein Mädchen küssen sollte, obwohl er gerade erst vor ein paar Minuten gesehen hatte, wie der Troll in den Tod fiel. Er hätte sich vor lauter Schuld ganz elend fühlen müssen. Aber ich habe ihn nicht umgebracht!
    Es war alles Tanyas Idee, sie hat ihn an das Riesenrad gebunden und ihn hochgezogen. Es hatte überhaupt nichts mit mir zu tun. Ich bin nur dort gewesen.
    »Wir sollten sie eigentlich hören können«, sagte Shiner.
    »Wollen wir versuchen, sie zu finden?«
    »Willst du das?«, fragte sie.
    Er zuckte die Schultern. Er wollte hierbleiben. Und das war auch seltsam. Er könnte in diesem Moment bei Tanya sein – sie ansehen, ihre Stimme hören.
    Aber ich würde sie nicht so im Arm halten, dachte er. Sie ist Nates Mädchen. Ich habe keine Chance bei ihr. Wie kommst du darauf, dass du eine Chance bei Shiner hast?
    Sie mag mich. Ich weiß das.
    Vielleicht hat sie einen Freund. Vielleicht lehnt sie sich nur an mich, weil sie friert, und es hat nichts weiter zu bedeuten.
    »Vielleicht höre ich mit dem Trolljagen auf«, sagte sie.
    »Wirklich?«
    »Ich weiß nicht. Einen Kerl so umzubringen. Ich hasse die Trolle, aber sie umbringen …«
    »Wenn du aufhörst, wie werde ich dich dann treffen können?« Er hatte gesprochen, ohne über seine Worte nachzudenken.
    Sie drehte sich zu Jeremy hin.
    »Warum gibst du mir nicht deine Telefonnummer?«, fragte sie.
    Sein Herz fühlte sich an wie eine Faust, die gegen seinen Brustkorb trommelte.
    »Ich … wir haben den Anschluss gerade erst bekommen. Ich weiß die Nummer noch nicht. Wenn du mir deine gibst …«
    »Ich kann nicht«, sagte sie. »Ich würde gern, aber ich darf keine Anrufe von Jungs bekommen.«
    »Wie das?«
    »Meine Mutter. Sie ist … ein bisschen komisch. Sie denkt, ich wäre zu jung, um einen Freund haben.«
    »Wie alt bist du?«
    »Sechzehn.«
    »Ich auch.«
    »Vielleicht können wir uns irgendwo treffen«, schlug sie vor.
    »Klar.« Er konnte vor Aufregung kaum atmen. »Ja. Das wäre toll.«
    »Wie wär’s mit dem Strand, morgen Mittag? Der Nebel ist wahrscheinlich bis mittags weg. Wie wär’s mit ein Uhr? Wir könnten uns an der Rettungsschwimmerstation treffen.«
    »Prima.«
    Shiner schmiegte sich wieder an ihn, und er dachte: Los! Küss sie jetzt! Er fühlte sich, als würde er explodieren, wenn er sie nicht auf der Stelle in den Arm nahm und seinen Mund auf ihren presste – aber er blieb bewegungslos stehen. Er konnte es einfach nicht tun. Sie will, dass du sie küsst!
    Aber er konnte nur dastehen und sich nicht rühren.
    Dann kam jemand am Strand entlang, und sie zuckten beide zusammen.
    Nate. Barfuß und mit einem Surfanzug bekleidet. Er trug ein Surfboard unter dem Arm.
    Er drehte sich um und kam auf sie zu. Ein paar Schritte von ihnen entfernt blieb er stehen. Er sah von einer Seite zur anderen. »Wo sind die anderen?«, fragte er.
    »Irgendwo da drüben«, sagte

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