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Die Gang: Roman (German Edition)

Die Gang: Roman (German Edition)

Titel: Die Gang: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Trillerpfeife gab. Und später am Strand mit Shiner. Sie im Arm zu halten.
    Es ist genau so, wie du vorher gedacht hast, erinnerte er sich. Du musst eben durch alles durch. Die guten Dinge sind ein Teil von den schlechten. Es ist alles miteinander vermischt, und eines führt zum anderen, und du würdest dich heute vielleicht nicht mit Shiner treffen können, wenn der alte Knacker nicht heruntergefallen wäre. Das hat euch zusammengebracht. Das war es wert.
    Es musste einfach so sein.
    Als hätten ihn diese Gedanken von dem Zwang zu weiterer Bestrafung erlöst, war er jetzt imstande, vom Riesenrad wegzusehen.
    Er war nun viel näher an der Rettungsschwimmerstation. Jetzt konnte er jemanden auf der Plattform sehen. Nicht Tanya. Ein Mann in einer roten Badehose.
    Enttäuschung packte ihn.
    Ich bin nicht hierhergekommen, um Tanya zu sehen, sagte er sich.
    Aber er wusste, dass er sich selbst belog. Er war zwar hier, um sich mit Shiner zu treffen, aber er hatte erwartet, dass Tanya auf ihrem Posten war. Selbst wenn er nicht zu ihr hingegangen wäre, hätte er sie doch sehen können. Wie sie dort im goldenen Sonnenlicht stand, das lange Haar, das T-Shirt und die Shorts im Seewind flatternd, ihre Beine lang und kräftig und nackt. Er erinnerte sich, wie er vorgestern seine Eiswaffel nach ihr geworfen hatte.
    Wie dumm hatte er sich doch benommen! Und wie großartig! Das hat ihr gezeigt, dass ich kein Angsthase bin. Sonst hätte sie mich vielleicht nicht zur Trolljagd zugelassen.
    Er dachte daran, wie sie ihn gezwungen hatte, das Eis von ihrem Bein abzuwischen. Er genoss noch einmal die Erinnerung daran, wie sie ihn veranlasst hatte, seine Hand auch in den Beinausschnitt ihrer Shorts zu schieben.
    Shiner mochte ja nett und vielleicht auch hübsch sein, sagte er sich, aber sie ist keine Tanya. Sie ist ein Mädchen, Tanya ist ein … ein was? Mehr als das. Eine Macht? Ein …
    »Jeremy?« Der Ruf kam von einem Mädchen, das auf einer Decke kniete. Sie winkte mit dem Arm. Ihre Decke war ein paar Meter vor der Rettungsschwimmerstation ausgebreitet.
    Von da aus hätte ich einen guten Blick auf Tanya gehabt, dachte er, hob eine Hand zum Gruß und ging auf das Mädchen zu. Er war überrascht, dass er plötzlich nicht mehr als ein sanftes Bedauern über Tanyas Abwesenheit verspürte.
    Shiner hatte nur eine vage Ähnlichkeit mit dem Mädchen der Nacht zuvor. Im Dunkeln hatte man den Glanz ihres blonden Haares nicht sehen können. Vielleicht hat sie den Spitznamen daher, dachte er. Die Dunkelheit hatte auch die tiefblaue Farbe ihrer Augen verborgen und ihre sanfte, gebräunte Haut. Ihre Zähne hatten grau ausgesehen, jetzt waren sie blendend weiß. Ihre Gesichtszüge waren von Schatten verdeckt gewesen, jetzt konnte er die Form ihrer Augen und der Nase genau sehen, ihre Lippen, ihr zartes Kinn.
    Sie war schön. Aber auch liebenswert. Das lag an ihrem Lächeln. Dieses breite Lächeln war fast zu groß für ihr Gesicht, es dehnte sich bis auf die Haut ihrer Wangen aus und bewirkte Lachfältchen um ihre Augen. Es füllte ihre Augen mit Glück und vielleicht auch mit einem Hauch von Übermut.
    Es liegt am Lächeln. Wegen ihres Lächelns heißt sie Shiner!
    Das Lächeln verrutschte ein wenig. »Stimmt was nicht?«, fragte sie.
    Er merkte, dass er stehen geblieben war. Er stand da und glotzte sie aus etwa zwei Meter Entfernung an. Beschämt schüttelte er den Kopf und kam näher.
    »Setz dich und bleib ein Weilchen«, sagte sie.
    Er ließ sich auf die Knie nieder. Sein Herz klopfte laut. Er konnte kaum glauben, dass dies das Mädchen von letzter Nacht war – dasselbe Mädchen, das mit ihm zusammen den Plunder des Trolls unter die Promenade geworfen hatte, das sich an ihn gelehnt hatte, als sie am Strand entlanggingen, das ihn fest im Arm gehalten hatte, als die Leiche aufs Meer hinausgebracht wurde. Hätte er gewusst, dass sie so aussah … Gut, dass du es nicht gewusst hast, dachte er. Du wärst ein Nervenbündel gewesen.
    »Was ist denn los?«, fragte sie. Ihr Lächeln war verschwunden, und sie sah besorgt aus.
    »Du bist so … schön.«
    Das Lächeln kam wieder, diesmal ein wenig schüchtern, und sie wurde rot.
    »Ich bin nicht so toll«, sagte sie, »aber vielen Dank.« Sie deutete auf die Decke vor sich. »Setz dich doch.« Sie bewegte sich auf den Knien rückwärts, um Platz für ihn zu machen, und setzte sich dann im Schneidersitz hin.
    Jeremy ließ sich ihr gegenüber nieder.
    »Ich dachte schon, du würdest nicht kommen«, sagte

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