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Die Gang: Roman (German Edition)

Die Gang: Roman (German Edition)

Titel: Die Gang: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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sie.
    »Tut mir leid. Ich hatte Schwierigkeiten, von zu Hause wegzukommen.«
    »Das macht nichts. Ich bin selbst erst ein paar Minuten hier.« Sie zog einen Mundwinkel etwas hoch. »Es war nicht so einfach, wieder herzukommen, nach allem, was passiert ist.«
    »Ich weiß, was du meinst.«
    »Ist dir nicht schrecklich warm in dem Hemd?«, fragte sie.
    »Ja.« Er nahm die Sonnenbrille aus der Hemdtasche und setzte sie auf. Dann zog er das Hemd aus, rollte es vorsichtig zusammen, damit Brieftasche und Schlüssel nicht herausfielen, und legte es auf die Decke. »So ist es besser«, sagte er.
    Jetzt, wo er die Sonnenbrille trug, erlaubte er sich einen Blick auf Shiners Figur.
    »Macht es dir nichts aus?«, fragte sie.
    Sie trug einen einteiligen Badeanzug, keinen Bikini. »Was?«
    Er war nicht tief ausgeschnitten, sondern am Hals so hochgeschlossen wie ein T-Shirt, und hatte Schulterträger.
    »Das mit dem Mann.«
    Aber er war schwarz, und der dünne, glänzende Stoff lag eng an.
    »Ja«, meinte er. »Es macht mir ziemlich viel aus.«
    Der Stoff lag eng an ihren Brüsten an, die ein wenig kegelförmig und spitz vorstanden.
    »Mir geht es auch so. Ich sehe es immer wieder vor mir … alles.«
    Der Badeanzug lag eng am Brustkorb an und an ihrem flachen Bauch.
    »Es war ein Albtraum«, fuhr sie fort. »Aber es ist wirklich passiert.«
    Er ließ die Hüften frei und wurde sehr schmal, wo er sich zwischen ihren Beinen hindurchzog.
    »Nichts, was wir tun, wird etwas ändern können«, sagte Jeremy.
    Wie sie dasaß, konnte er die Stellen sehen, wo ihre nackten Beine in die Leiste übergingen. Er entdeckte kein Schamhaar.
    »Ich nehme an«, fügte er hinzu, »es wird mit der Zeit leichter.«
    Die Innenseiten ihrer Schenkel glänzten von Sonnenöl.
    »Das hoffe ich wirklich.«
    Jeremy hob den Blick zu ihrem Gesicht. »Es tut mir leid, dass der Kerl umgekommen ist«, sagte er, »aber ich bin schrecklich froh, dass ich dich getroffen habe.«
    Einer ihrer Mundwinkel zog sich nach oben. »Ich freue mich auch, dass wir uns kennengelernt haben.« Sie lehnte sich nach vorn und legte eine Hand auf sein Knie. Dort ließ sie sie einen Augenblick lang liegen, rieb und tätschelte dann sein Knie und zog die Hand wieder zurück auf ihr eigenes Bein. »Willst du etwas von meinem Sonnenöl?«, fragte sie.
    »Ja, gern.«
    Sie streckte die Beine wieder aus, schwang sie zur Seite und legte sich dann auf ihre Seite der Decke. Sie stützte sich auf einen Ellbogen, griff in die Seitentasche ihrer Badetasche, holte eine Flasche Sonnenöl heraus und reichte sie ihm.
    Den Kopf auf die Hand gestützt, beobachtete sie, wie er das Öl auf seiner Haut verteilte. Er war froh, schon ein paar Stunden in der Sonne verbracht zu haben; so war er nicht mehr völlig weiß. Er hatte zwar keine besonders großartige Figur, doch durch intensives Training hatten sich seine Muskeln entwickelt, und er sah jetzt nicht mehr wie ein dürrer Schwächling aus.
    Als er fertig war, gab er Shiner die Flasche zurück. Er rieb seine öligen Hände an der Badehose ab. Dann streckte er sich auf seiner Seite aus und sah sie an.
    »Brauchst du die Sonnenbrille?«, fragte sie. »Ich finde es besser, wenn ich deine Augen sehen kann.«
    Jeremy war ein wenig beunruhigt. War ihr aufgefallen, wie er sie angestarrt hatte?
    Er nahm die Sonnenbrille ab.
    Sie lächelte. »Du hast hübsche Augen.«
    »Danke. Du auch.«
    Lange Zeit starrten sie einander in die Augen. Ihre waren so blau, dass sogar das Weiße leicht bläulich schien. Ihr Gesicht war so nah an seinem, dass sie ihren Blick nur jeweils auf ein Auge richten konnte. Deshalb flatterte ihr Blick leicht von einer Seite zur anderen. Er nahm an, dass es bei ihm ebenso war. Es war sehr ungewohnt, sich gegenseitig auf diese Weise anzustarren. Es fühlte sich gut an, aber merkwürdig. So etwas war Jeremy noch nie passiert. Er war verunsichert. Es war, als würde sie in ihn hineinsehen.
    Und ich sehe in sie hinein, dachte er.
    Er konnte kaum glauben, dass sie dasselbe Mädchen war, das gestern Nacht den Troll getreten hatte. Die Härte schien jetzt nicht mehr vorhanden zu sein. Er sah nur Sanftheit und eine verwirrende Mischung aus Glück und Sorge, Wissen und Neugier und Hoffnung.
    Er hätte gern gewusst, was sie dachte.
    Vielleicht fragt sie sich gerade, was ich denke. Vielleicht wartet sie darauf, dass ich sie küsse. Er fragte sich, wie das sein würde – sie zu küssen. Er wusste, er würde es nicht tun, nicht jetzt, nicht hier am Strand.

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