Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition)
Eimer herzustellen. Ungeduldig an der einen funktionierenden – gerade noch funktionierenden! – Wasserquelle sitzen, die biegsame Scheibe an den Hahn halten und das übel riechende Getröpfel in den Säcken auffangen. Das Wasser zurückschleppen, die Hälfte in den Destillierapparat, die andere in die Verarbeitungstanks. Schlafen, wann er konnte. Essen, wenn er sich dazu zu zwingen vermochte. Sich um seine eigenen Bedürfnisse kümmern, wenn sie sich meldeten. Noch eine Nachricht aus Dortmund, diesmal von dreihundert Angestellten der Stadt – wie dumm Vera war, dass sie solchen Mist annahm! Eine verschlüsselte Mitteilung seines Rechtsanwalts, die eine halbe Stunde lang dechiffriert werden musste. Und dann stand da nur: »Versuche günstigere Bedingungen auszuhandeln. Kann nichts versprechen. Empfehle inzwischen, dass Sie sich an alle Anweisungen halten.« Was für ein Trottel! Peter setzte sich fluchend an die Konsole, hieb mit der Hand auf die Korrekturtaste und diktierte seine Antwort: »Wenn ich mich an alle Befehle halte, ist das mein Tod, und was dann?« Und er schickte das im Klartext; mochten Broadhead und die Gateway-Gesellschaft davon halten, was sie wollten.
Vielleicht war das auch gar nicht gelogen. Bei all der Belastung und Geschäftigkeit hatte Peter keine Zeit für Schmerzen und Unwohlsein. Er aß die CHON-Nahrung und, als neue Normalrationen aus dem Verarbeiter kamen, auch diese. Selbst wenn sie scheußlich schmeckten – manchmal nach Terpentin, manchmal nach Schimmel –, wurde er nicht krank. Ideal war das nicht. Peter wusste, dass er von Stress und Adrenalin lebte, und einmal würde das alles bezahlt werden müssen. Aber er sah keine Möglichkeit, das zu vermeiden.
Und als der Nahrungsverarbeiter endlich wieder halbwegs normal arbeitete und es ihm gelungen war, die offenbar dringlichsten Anweisungen auszuführen, saß er halb im Schlaf vor Veras Konsole und sah auf einmal das größte aller Wunder. Er zog verständnislos die Brauen zusammen. Was machte dieser schwachsinnige Junge mit einem Gebetsfächer? Warum steckte er ihn auf dem nächsten Bild in eines von diesen blöden Dingern, die wie Blumenvasen aussahen? Und dann entstand auf dem Schirm das nächste Bild, und Peter stieß einen lauten Schrei aus. Plötzlich war da ein Buch zu sehen – dem Anschein nach ein japanisches oder chinesisches.
Er war aus dem Schiff hinaus und schon halb zum Traumplatz gelaufen, bevor sein Bewusstsein ganz verarbeitet hatte, was ein anderer Teil von ihm sofort begriff. Die Gebetsfächer! Sie enthielten Informationen! Er stellte sich nicht die Frage, weshalb die Information in einer Erdensprache abgefasst war oder jedenfalls in einer, die danach aussah. Er hatte das Wesentliche begriffen. Er war entschlossen, sich das selbst anzusehen. Keuchend stürzte er in den Raum und scharrte wild unter den »Fächern«. Wie machte man das? Warum, in Dreiteufelsnamen, hatte er nicht abgewartet und sich mehr Bilder angesehen, um genau zu wissen, was er tat? Aber da waren die Kerzenhalter oder Blumenvasen oder wofür er sie sonst gehalten haben mochte; er rammte den ersten Gebetsfächer in die erstbeste Öffnung. Nichts rührte sich.
Er versuchte es mit sechs Fächern, schmales Ende zuerst, dickes Ende zuerst, alles, was ihm einfiel, bis er auf den Gedanken kam, dass vielleicht nicht alle Lesegeräte funktionierten. Und das zweite, bei dem er es versuchte, zog ihm den Fächer aus der Hand und erstrahlte auf der Stelle in hellem Licht. Er sah sechs Tänzer mit schwarzen Masken, in Trikots, und er hörte ein Lied, das er viele Jahre nicht gehört hatte.
Eine aufgezeichnete PV-Sendung! Nein. Nicht einmal das. Viel älter. Jahre älter, aus der Zeit kurz nach der Entdeckung des Gateway-Asteroiden; seine zweite Frau hatte noch gelebt, und Janine war noch nicht auf der Welt gewesen, als dieses Lied ein Hit war. Es handelte sich um schlichtes, altes Fernsehen, bevor man die piezoelektrischen Schaltungen der Hitschi in Kommunikationssystemen menschlicher Wesen verwendet hatte. Die Aufzeichnung gehörte vielleicht zur Bibliothek eines Gateway-Prospektors, ohne Zweifel eines der Toten Menschen, und war auf irgendeine Weise in dem Gebetsfächer gespeichert worden.
Was für ein Betrug!
Aber dann fiel ihm ein, dass es tausende von Gebetsfächern gab, auf der Erde, in den Tunnels der Venus, auch auf Gateway selbst. Wo die Hitschi auch gewesen waren, hatten sie die Fächer hinterlassen. Woher dieser auch stammen mochte, die
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