Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition)
Plätzchen griff. »Nein«, fuhr er ernst fort. »Es gibt viel Wichtigeres. Ich will alles über Schwarze Löcher wissen.«
Sie versuchte ihn zu beschwichtigen und erklärte ausweichend: »Es ist alles so schnell gegangen. Ich kann Ihnen auch nicht viel sagen.«
»Sag, was du sagen kannst! Und hör zu – versuch ja nicht zu lügen!«
Mein Gott, dachte Klara, wie viel mehr muss ich mir davon noch gefallen lassen? Dies »Davon« bezog sich nicht nur auf den brutalen Wan. Es bezog sich auf ihr wieder aufgenommenes und völlig gestörtes Leben.
Die Antwort auf »wie viel« lautete elf Tage. Die Zeit reichte aus, um die schlimmsten blauen Flecken an ihren Armen und Beinen verschwinden zu lassen. Die Zeit reichte auch, Dolly Walthers näher kennen zu lernen und sie zu bedauern und Wan näher kennnen zu lernen und ihn zu verachten. Die Zeit reichte aber nicht aus, um sich darüber klar zu werden, was sie mit ihrem Leben anfangen sollte.
Aber das Leben wartete nicht, bis sie damit fertig war. Fertig oder nicht, Wans Schiff dockte auf Gateway an. Und da war sie nun.
Die Gerüche auf Gateway waren anders als früher. Der Geräuschpegel war ganz anders – viel lauter. Die Leute waren vollkommen anders. Es schien kein einziges Wesen mehr zu geben, an das Klara sich von ihrem letzten Aufenthalt hier erinnern konnte – dreißig Jahre, oder nicht viel mehr als dreißig Tage, waren vergangen, je nachdem, auf wessen Uhr man schaute. Und so viele Leute waren in Uniform.
Das war ganz neu für Klara und gefiel ihr gar nicht. In der »guten alten Zeit« – wie lange diese auch subjektiv gesehen zurücklag – sah man vielleicht ein oder zwei Uniformen pro Tag. Das waren meist Leute, die auf den Beobachtungsschiffen der Vier Mächte Dienst taten. Mit Sicherheit sah man keinen, der eine Waffe trug. Das war jetzt nicht mehr so. Uniformierte waren überall, und sie waren bewaffnet.
Auch das Anmelden hatte sich wie alles andere verändert. Es war schon immer eine schwachsinnige Prozedur gewesen. Man kam dreckig und erschöpft auf Gateway an, die Angst steckte einem immer noch in den Knochen, weil man bis zur letzten Minute nicht sicher war, ob man es schaffen würde. Dann musste man sich auf Anordnung der Gateway AG mit den Auswertern und den Datensammlern und den Buchhaltern zusammensetzen. Was haben Sie gefunden? Was war daran neu? Was war es wert? Die Prospektoren mussten Fragen wie diese beantworten. Von der Beurteilung des Fluges durch die Abmeldekommission hing es ab, ob dieser eine totale Pleite oder – was nur selten vorkam – nie erträumten Reichtum bedeutete. Ein Gateway-Prospektor brauchte gewisse Fähigkeiten, um lediglich zu überleben, wenn er sich einmal in einem dieser unberechenbaren Schiffe eingeschlossen hatte und zu seiner Fahrt auf der Geisterbahn aufgebrochen war. Um reich zu werden, brauchte er mehr als diese Fähigkeiten. Er brauchte einen günstigen Bericht der Kommission.
Anmelden war schon immer übel gewesen, aber jetzt war es noch schlimmer. Es gab keine einzelnen Beamten von der Gateway AG, sondern vier Teams, eines von jeder der vier Schutzmächte. Die Befragung erfolgte jetzt dort, wo früher der beliebteste Nachtclub des Asteroiden und das Spielcasino gewesen waren, die »Blaue Hölle«. Jetzt gab es dort vier getrennte Zimmer mit den entsprechenden Fahnen auf der Tür. Die Brasilianer bekamen Dolly. Die Volksrepublik China griff sich Wan. Der amerikanische MP nahm Klara am Arm. Als der Leutnant vor der sowjetischen Tür die Stirn runzelte und den Kolben seiner Kalaschnikoff streichelte, warf ihm der Amerikaner ebenfalls einen finsteren Blick zu und legte die Hand an den Colt.
Eigentlich war die Reihenfolge egal, denn sobald Klara bei den Amerikanern durch war, übernahmen sie die Brasilianer. Und wenn man von einem jungen Soldaten mit einer Waffe eingeladen wird mitzukommen, spielt es keine Rolle, ob Colt oder Paz.
Auf dem Weg von den Brasilianern zu den Chinesen kreuzten sich Klaras und Wans Wege. Er schwitzte und war wütend von den Chinesen zu den Russen unterwegs. Es wurde ihr klar, dass sie wirklich dankbar sein sollte. Die Vernehmungsbeamten waren grob, angeberisch und gemein zu ihr. Aber bei Wan schienen sie noch schlimmer zu sein. Sie kannte die Gründe nicht, warum seine Vernehmungen immer doppelt so lange wie ihre dauerten. Und die dauerten schon lange. Jede Kommission wies sie darauf hin, dass sie eigentlich tot sein müsste, dass ihr Bankkonto schon vor langer Zeit von
Weitere Kostenlose Bücher