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Die Gauklerin

Die Gauklerin

Titel: Die Gauklerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Klamauk auf den Marktplätzen. Eines Tages dann», er warf Agnes einen innigen Blick zu, «bin ich diesem schönen Mädchen begegnet und habe beschlossen, ein neues Leben zu beginnen. Wir wollen hier sesshaft werden und heiraten.»
    Melchert klatschte in die Hände. «Hört, hört!»
    «Sesshaft!» Mit verächtlichem Schnauben richtete sich Else auf. «Wohl hoffentlich nicht bei uns.»
    «Heilige Cäcilia, was denkst du? Ich werde mir mein Auskommen als Sänger oder Lautenist suchen und dann ein dreistöckiges Steinhaus beziehen, oben in der Vorstadt der Reichen. Also lass dir nicht noch mehr graue Haare wachsen, Else. In ein paar Tagen seid ihr uns los. Außerdem werde ich meinen Teil zum Unterhalt beitragen.»
    «Pah! Du magst das Kätzlein schmücken, wie du willst – wir haben keinen Platz mehr für Gäste. Oder», fauchte sie ihren Mann an, «hast du die Scherereien mit der Stadtwache schon vergessen?»
    Agnes sprang auf. «Es reicht, Kaspar. Ich will gehen.»
    Sie hatte die Nase gestrichen voll. Lieber würde sie ihren letzten Heller für eine Herberge ausgeben, als sich von dieser Vettel weiterhin ein dummes Maul anhängen zu lassen.
    «Ein wenig zartbesaitet, die Kleine, was?» Melchert nickte Kaspar zu und wandte sich dann an Agnes. «Setz dich wieder auf deinen Hintern und trink endlich einen Schluck mit uns. Die gute Else meint das nicht so. Und außerdem bin immer noch ich der Herr im Haus. Bleibt, solange ihr wollt. Ihr könnt oben auf der Bühne schlafen, Lienhard muss halt in die Stube ausweichen.»
    «Wo steckt der Bursche eigentlich?»
    Melchert zuckte die Schultern. «Was weiß ich. Er schneit herein, wie es ihm passt, kennst ihn doch.» Die Worte gingen ihm inzwischen schwer von der Zunge. «Aber er ist nie länger als ein, zwei Tage fort.»
    «Und wie ist es ihm ergangen in den letzten Jahren? Hat er endlich eine Frau gefunden?»
    «Eine?» Melchert lachte schallend. «Er schleppt jede Woche eine andere an, manchmal auch zwei, und zwar nicht die schlechtesten.» Er zwinkerte Kaspar zu und senkte die Stimme. «Ich lass mir diese Besuche ja gern gefallen, so richtig was fürs Auge – und für was anderes auch.» Sein Lachen ging in bellenden Husten über.
    Agnes verzog angewidert das Gesicht.
    «Verzeiht, Gnädigste.» Melchert grinste schief. «Hatte ganz vergessen, dass wir eine vornehme Dame bei Tisch haben.»
    Er beugte sich zu Kaspar. «Ist die eine Katholische?»
    «Ihr dürft mich ruhig selbst fragen, ich bin ja nicht taubstumm», versetzte Agnes schnippisch. «Im Übrigen bin ich lutherisch erzogen.»
    «Sehr gut, sehr gut. Den Katholiken darf man nicht trauen, die sind boshaft und schadenfroh.»
    «Vorsicht, alter Freund.» Kaspar nahm ihm den Branntwein aus der Hand. «Ich bin selbst katholisch getauft.»
    «Schwätz nix daher. Ihr Gaukler und Fahrende seid doch weder petrisch noch paulisch.»
    «Gib nur acht, Kaspar», mischte sich Else ein. «Falls du dichmit deinen Gesangskünsten drüben im Schloss vorstellen willst, halt lieber den Mund von deiner papistischen Vergangenheit. In der Hofkapelle werden seit der Schlacht bei Prag keine Katholischen mehr geduldet.»
    Zu Agnes’ Überraschung stellte sie ihr und sich selbst einen Krug Bier hin. «Hier, Gauklerin. Ich seh doch, du magst keinen Branntwein.»
    Ihr verknittertes Gesicht wirkte mit einem Mal freundlicher. Dankbar nahm Agnes einen kräftigen Schluck.
    «Und das ist auch recht und billig so.» Melchert donnerte die Faust auf den Tisch. «Man muss diese Ablassprediger hauen und stechen, wo man sie trifft.»
    «Du faselst daher wie der neue Pfarrer von Sankt Leonhard.» Else nahm ihm den Branntwein aus der Hand. «Hör lieber auf zu saufen, ich kann dieses Mönchsgezänk nimmer hören.»
    «Dann halt dir die Ohren zu, Weiber verstehen davon ohnehin nix. Anstelle des Herzogs hätte ich längst die württembergischen Truppen nach Böhmen und in die Pfalz geschickt und den Kaiserlichen ordentlich eins über die Mütze gegeben. Stattdessen lässt er im Norden Wälle und Landgräben ausheben wie ein ängstliches Waschweib, wegen einer Handvoll Spanier in der Pfalz. Hätte er die lieber rechtzeitig niedermetzeln lassen.»
    «Würdest wohl selbst gern Krieg spielen?» Kaspar schlug ihm gegen die Schulter. «Aber so einen Schlappsack wie dich tät eh keiner anwerben, glaub mir.»
    «Jetzt hört doch auf.» Agnes brach ihr Schweigen. «Wir können froh sein, dass der Krieg so fern ist.»
    «So fern ist er gar nicht», entgegnete Else

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